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Die Feuertaufe

Die Feuertaufe

Titel: Die Feuertaufe
Autoren: Alexander Kent
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Handgelenk und zog den Knoten mit den Zähnen fest. »Die Gorgo n ist da«, sagte er, mehr nicht.
    Eine Breitseite nach der anderen feuerte das Linienschiff in die Festungsmauern. Die Verteidiger merkten wenig von diesem Bombardement; aber sie wurden in der Festung von den brüllenden Seesoldaten zusammengehauen, und draußen warteten zwei intakte Kriegsschiffe – das reichte ihnen.
    Oben auf den Stufen erschien Major Dewar. Sein Hut war weg, und er hatte einen tiefen Hieb über dem einen Auge. Aber er meldete freudig grinsend, die Verteidigung sei zusammengebrochen.
    Zum Beweis seiner Worte sank die schwarze Fahne flatternd am Turm herab wie eine sterbende Krähe, und unter wildem Hurrageschrei stieg dafür ein Schiffswimpel der Gorgo n auf.
    Noch halb von Sinnen nach dem wilden Kampf, stiegen sie die Stufen zur hohen Brustwehr empor, wo sich die unbemannten Kanonen ohnmächtig und ziellos auf das blaue Wasser richteten. Überall lagen Tote und Sterbende, aber es war auch mancher Rotrock dabei.
    Bolitho und Dancer standen an der Mauer und blickten auf die Schiffe hinunter. Die Kontur der kleineren Brigg verschwamm bereits im Frühdunst, aber die Gorgo n stand klar und prachtvoll vor dem blauen Himmel und näherte sich gravitätisch der Insel; die erschöpften Toppgasten refften die Segel, aber sie fanden Zeit, ihren Kameraden auf der Mauer zuzuwinken und Hurra zu rufen, wenn ihre Stimmen auch nicht zu hören waren.
    Es war sehr still, und Bolitho sah, daß Dancer weinte – die Tränen suchten sich ihren Weg durch Schweiß und Schmutz auf seinen Wangen.
    »Ist ja alles gut, Martyn«, sagte er.
    »Ich denke an George Pearce«, entgegnete Dancer, »ebenso hätte es mich erwischen können. Oder dich.«
    Bolitho wandte sich ab. Der mächtige Anker der Gorgon fiel eben klatschend in das spiegelglatte Wasser.
    »Ich weiß«, sagte er leise, »aber wir leben noch, und dafür müssen wir dankbar sein.«
    Verlings Schatten vereinte sich mit dem ihren. »Verdammt faule Bande!« Er sah in die Gesichter der beiden. »Denkt ihr, ich kann alles allein machen?« Mit einem müden Lächeln blickte er an ihnen vorbei auf das Schiff. »Aber ich weiß schon, wie euch zumute ist.« Wie ein Schatten fiel der angespannte Ausdruck von seinen scharfen Zügen ab. »Hätte selbst nicht gedacht, daß ich die alte Dame noch einmal wiedersehen würde.«
    Unvermittelt wandte er sich ab; und schon brüllte er seine Befehle in die Gegend. Nachdenklich blickte Bolitho ihm nach. »Da kannst du's mal wieder sehen. Man kennt einen Menschen doch niemals ganz genau.«
    Sie stießen sich von der Mauer ab. Müde, aber gehorsam sammelten sich Matrosen und Seesoldaten unter der Flagge.
    Als Verling die Männer anredete, klang seine Stimme nicht anders als sonst.
    »Bringt euch in Ordnung. Und merkt euch eins, aber merkt es euch gut: Ihr seid von der Gorgon . Das ist eine Verpflichtung, für deren Erfüllung ihr lebt, was schwer ist.« Ein ganz kurzer Blick auf Bolitho. »Oft genug passiert es, daß man sogar dafür stirbt. Jetzt legt die Gefangenen in Eisen und kümmert euch um unsere Verwundeten. Und anschließend . . .« Er schaute zu der ruhig wehenden Flagge auf und über sie hinaus in den blauen Himmel, schien sich zu wundern, daß er beides noch sehen konnte . . ., »werden wir uns denen widmen, die nicht so viel Glück hatten wie wir.«
    Gegen Abend waren die meisten Verwundeten auf die vor Anker liegende Gorgo n überführt. Die Gefallenen waren an der Mauer begraben; und Bolitho hatte gehört, wie ein alter Seemann, auf seinen Spaten gelehnt, sagte: »Um diesen Ort wird noch oft und oft gekämpft werden, schätze ich – deshalb werden die armen Kerls nächstes Mal von hier die beste Aussicht haben.«
    Abendliche Schatten verdeckten die Spuren, welche die Kanonenkugeln der Gorgo n gerissen hatten. Bolitho und Dancer standen Seite an Seite an der Backbordreling und blickten in die letzten Sonnenstrahlen, die um die tief hängende Flagge über der Mauerkrone spielten. Man hatte überall sorgfältig gesucht, aber keine Spur von Rais Haddam gefunden. Vielleicht hatte er entkommen können, oder er war überhaupt nicht in der Festung gewesen. Die gefangenen Piraten wollten über ihn nichts aussagen, und schon gar nichts über seinen Aufenthalt. Sie hatten mehr Angst vor Haddam als vor den Siegern. Von denen konnte ihnen nichts Schlimmeres passieren, als daß sie gehängt wurden.
    Das alles muß Kapitän Conway nun auseinandersortieren, dachte Bolitho,
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