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Die Feuertaufe

Die Feuertaufe

Titel: Die Feuertaufe
Autoren: Alexander Kent
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die Augen nieder. »Ich bezahle.«
    Bolitho blickte ihn an. Er war ebenso betroffen. Und ebenso beschämt.
    »Gut gesprochen, Martyn«, sage er und legte ihm freundschaftlich die Hand auf den Ar m. »Ich freue mich, daß wir Bordkameraden sind.«
    Ein Schatten fiel zwischen sie und die qualmende Lampe. Der Einarmige sah sie lange an, sein Gesicht war sehr düster.
    »Danke, junge Herren.« Er streckte die Hand aus. »Viel Glück! Sie beide werden bestimmt mal Kapitäne.«
    Er trat beiseite, als eine Kellnerin zwei dampfende Schüsseln mit Essen auf einen Nebentisch stellte, und fügte zu Nutz und Frommen aller Anwesenden noch hinzu: »Der eine oder andere sollte sich diesen Tag merken. Eine gute Lehre für euch.«
    Der Wirt, ein großer, kräftiger Mann, trat auf die beiden Midshipmen zu. Langsam setzte die allgemeine Unterhaltung wieder ein.
    »Jetzt will ich Ihr verdammtes Geld sehen. Und zwar gleich!« Wütend stierte er Dancer an. »Und anschließend . . .«
    »Anschließend«, sage Bolitho ruhig, »werden Sie uns zwei Brandy bringen, Wirt.« Er beobachtete gelassen, wie in dem Mann die Wut hochstieg, und paßte den richtigen Moment ab, wie beim Abfeuern eines Neunpfünders. »Sie sollten lieber etwas auf Ihr Benehmen achten. Mein Freund hier ist glücklicherweise guter Laune. Aber seinem Vater gehört das meiste Land hier in der Gegend.«
    Der Wirt schluckte. »Um Gottes willen, Sir! Ich habe doch nur Spaß gemacht! Ich bringe Ihnen den Brandy sofort. Den besten, den ich habe, und Sie werden hoffentlich nichts dagegen haben, daß er auf meine Kosten geht.« Mit plötzlich besorgtem Gesicht eilte er davon.
    Verwirrt sagte Dancer: »Aber mein Vater ist doch Teehändler in der Londoner City! Ich bezweifle, daß er Portsmouth Point je im Leben gesehen hat.« Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich muß meinen Geist ordentlich schärfen, wenn ich mit Ihnen Schritt halten will, Richard!«
    Bolitho lächelte bedeutsam. »Nenn mich Dick, wenn du nichts dagegen hast.«
    Als sie eben ihren Brandy nippten, wurde die Tür zur Straße weit aufgerissen. Diesmal fiel sie nicht gleich wieder zu. Die Öffnung wurde von einem Leutnant in triefendem Ölzeug ausgefüllt. Sein Dreispitz war von Gischt und Regen völlig durchweicht.
    »Alle Midshipmen der Gorgo n sofort zum Bootshafen!« brüllte er heiser. »Draußen wartet eine Gang Matrosen, um eure Seekisten an Bord zu bringen.«
    Mit wiegenden Schritten ging er zum Kamin und riß dem Wirt einen Becher Brandy aus der Hand. »Draußen bläst es wie verrückt.« Er hielt seine roten Hände über die wärmenden Flammen. »Helf uns Gott!«
    Dann fiel ihm plötzlich etwas ein: »Wer ist hier der Dienstälteste?«
    Bolitho sah, wie die jungen Leute im Raum ängstliche Blicke wechselten. Die Gemütlichkeit hatte sich in Panik verwandelt.
    »Ich glaube, das bin ich, Sir«, sagte er. »Richard Bolitho.« Der Leutnant musterte ihn mißtrauisch. »Na schön. Führen Sie sie zum Hafen, und melden Sie sich beim Bootsmannsmaat. Ich komme gleich nach.« Er hob die Stimme.
    »Und wenn ich da bin, ist gefälligst jeder einzelne Muttersohn abfahrbereit, verstanden?«
    Der kleinste Midshipman sagte verzweifelt: »Mir wird schlecht, glaube ich.«
    Jemand lachte, aber der Leutnant brüllte ihn an: »Ihnen wird schlecht, Sir ! Sagen Sie gefälligst › Sir ‹ , wenn Sie einen Offizier anreden, verdammt noch mal!«
    Die Frau des Wirts sah zu, wie die Midshipmen Hals über Kopf in den Regen hinausstürzten.
    »Sie nehmen sie ja 'n bißchen hart 'ran, Mr. Hope, Sir.«
    Der Leutnant grinste. »Das haben wir alle durchmachen müssen, meine Liebe. Der Kapitän ist sowieso schwi erig genug, wie die Dinge liegen. Wenn ich mit den neuen Midshipmen zu schlapp bin, dann verpaßt er mi r 'ne Breitseite, das kann ich Ihnen garantieren!«
    Draußen auf dem nassen Kopfsteinpflaster sah Bolitho zu, wie ein paar Matrosen die schwarzen Kisten auf Karren luden. Kräftig, wettergebräunt, sie sahen wie befahrene Seeleute aus; der Kapitän hatte vermutlich nicht das Risiko eingehen wollen, weniger verläßliche Mannschaften, die vielleicht desertierten, an Land zu schicken.
    In ein paar Wochen, ja sogar ein paar Tagen, würde er diese Männer und noch viele andere genauer kennen. Er würde nicht, wie an Bord seines ersten Schiffes, in die alten Fehler verfallen. Inzwischen hatte er gelernt: Vertrauen war etwas, das man sich verdienen mußte, und nicht einfach eine Zugabe zur Uniform, die man trug.
    Er nickte einem der
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