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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm
Autoren: John Grisham
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bis sie außer Sichtweite waren.
    Er hätte ihnen mehr Geld anbieten können, als Mr Crenshaw ihnen versprochen hatte. Leute aus dem Hochland waren dafür berüchtigt, um ihren Lohn zu feilschen. Im Jahr zuvor, als wir gerade mit dem Pflücken angefangen hatten, verschwanden die Fulbrights aus Calico Rock eines Sonntagabends und arbeiteten anschließend bei einem Farmer zehn Meilen weit weg.
    Aber Pappy war ein Ehrenmann und wollte außerdem keinen Preiskrieg anzetteln.
    Wir warfen am Rand eines Baumwollfelds einen Baseball und hörten auf, sobald sich ein Fahrzeug näherte.
    Mein Handschuh war ein Rawlings, den der Weihnachtsmann im Jahr zuvor gebracht hatte. Jeden Abend nahm ich ihn mit ins Bett, jede Woche fettete ich ihn ein, nichts war meinem Herzen näher.
    Mein Großvater, der mir beigebracht hatte, den Ball zu werfen, zu fangen und zu schlagen, brauchte keinen Handschuh. Seine großen schwieligen Hände fingen meine Bälle schmerzlos auf.
    Einerseits war er ein stiller Mann, der niemals prahlte, andererseits war Eli Chandler ein legendärer Baseballspieler gewesen. Im Alter von siebzehn Jahren hatte er bei den Cardinais einen Vertrag als professioneller Spieler unterschrieben. Aber dann musste er in den Ersten Weltkrieg ziehen, und kurz nachdem er nach Hause zurückgekehrt war, starb sein Vater. Pappy blieb nichts anderes übrig, als Farmer zu werden.
    Pop Watson liebte es, mir Geschichten zu erzählen, wie großartig Eli Chandler gewesen war - wie weit er den Baseball hatte schlagen, wie hart er hatte werfen können.
    »Wahrscheinlich der beste Spieler aus ganz Arkansas«, lautete sein Urteil.
    »Besser als Dizzy Dean?«, fragte ich ihn dann.
    »Der war nicht annähernd so gut«, sagte Pop und seufzte.
    Wenn ich die Geschichten meiner Mutter erzählte, lächelte sie stets und sagte: »Sei vorsichtig. Pop ist ein Märchenonkel.«
    Pappy, der den Baseball in seinen riesigen Händen drehte, legte den Kopf schief, weil er ein Motorengeräusch hörte. Aus Westen näherte sich ein Pick-up mit Anhänger. Als er noch eine Viertelmeile entfernt war, wussten wir, dass es sich um Leute aus den Bergen handelte. Wir traten auf den Seitenstreifen und warteten, während der Fahrer herunterschaltete, das Getriebe krachte und kreischte, als er den Wagen anhielt.
    Ich zählte sieben Personen, fünf im Pick-up, zwei auf dem Anhänger.
    »Hallo«, sagte der Fahrer langsam, musterte meinen Großvater, während wir unsererseits sie taxierten.
    »Guten Tag«, sagte Pappy und trat einen Schritt näher, hielt aber immer noch Distanz.
    Tabaksaft umrandete die Unterlippe des Fahrers. Das war kein gutes Zeichen. Meine Mutter glaubte, dass die meisten Leute aus dem Hochland nicht viel Wert auf Hygiene legten und zu schlechten Angewohnheiten neigten. Bei uns zu Hause waren Alkohol und Tabak verboten. Wir waren Baptisten.
    »Heiße Spruill«, sagte er.
    »Eli Chandler. Freut mich, Sie kennen zu lernen. Suchen Sie Arbeit?«
    »Ja.«
    »Woher kommen Sie?«
    »Eureka Springs.«
    Der Wagen war fast so alt wie der von Pappy, die Reifen waren abgefahren, die Windschutzscheibe hatte einen Sprung, die Schutzbleche waren verrostet, die Lackreste unter der Staubschicht schienen blau zu sein. Über der Ladefläche war eine Ablage konstruiert worden, die voll gestellt war mit Pappschachteln und Jutesäcken mit Vorräten. Darunter, auf der Ladefläche, lag neben der Fahrerkabine eine Matratze.
    Darauf saßen zwei große Jungen und starrten mich ausdruckslos an. Am Ende der Ladefläche saß ein massiger junger Mann, barfuß und ohne Hemd, mit breiten Schultern und einem Hals so dick wie ein Baumstamm. Er spuckte Tabaksaft zwischen Pick-up und Anhänger und schien Pappy und mich nicht wahrzunehmen. Er schwang gemächlich seine Beine hin und her, dann spuckte er wieder aus und blickte weiter unverwandt auf den Asphalt zu seinen Füßen.
    »Ich suche nach Erntearbeitern«, sagte Pappy.
    »Was zahlen Sie?«, fragte Mr Spruill.
    »Eins sechzig für hundert«, sagte Pappy.
    Mr Spruill runzelte die Stirn und sah zu der Frau neben ihm.
    Sie murmelten etwas.
    An dieser Stelle des Rituals mussten schnell Entscheidungen getroffen werden. Wir mussten entscheiden, ob wir wollten, dass diese Leute bei uns lebten. Und sie mussten unser Angebot annehmen oder zurückweisen.
    »Was für Baumwolle?«, fragte Mr Spruill.
    »Stoneville«, sagte mein Großvater. »Die Samenkapseln sind so weit. Leicht zu pflücken.« Mr Spruill konnte sich umschauen und die berstenden
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