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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm
Autoren: John Grisham
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Ernährung, sondern auch wegen ihrer Erziehung und geistigen Entwicklung.
    Pappys Vorhersage eines schnellen Aufbruchs wurde am Tisch auseinander genommen und niedergestimmt. Drei gegen eins.
    Vier, wenn man mich mitzählte.
    »Wir werden überleben«, sagte Gran. »Wir haben genug zu essen, damit wir und sie den Winter über satt werden. Sie sind hier, sie können nirgendwo anders hin, und wir werden uns um sie kümmern.« Niemand wollte sich deswegen mit ihr anlegen.
    »Gott hat uns nicht ohne Grund einen prächtigen Ge-müsegarten gegeben«, fügte sie hinzu und nickte meiner Mutter zu. »Bei Lukas steht, dass Jesus gesagt hat: >So lade Arme, Verkrüppelte, Lahme und Blinde ein, dann wirst du selig sein.<«
    »Wir werden zwei Schweine schlachten statt einem«, sagte Pappy. »Dann haben wir genug Fleisch für den Winter.«
    Geschlachtet wurde immer Anfang Dezember, wenn die Kälte alle Bakterien abgetötet hatte. Jedes Jahr wurde ein Schwein in den Kopf geschossen, dann wurde es in kochendes Wasser getaucht und an einem Baum neben dem Geräteschuppen aufgehängt, anschließend ausgenommen und in tausend Stücke zerlegt. Wir hatten Schinken, Speck, Lendenstücke, Würste und Koteletts. Alles wurde gegessen - die Zunge, das Hirn, die Füße. »Alles außer dem Quieken«, lautete ein Satz, den ich immer wieder hörte. Mr Jeter von der anderen Straßenseite war ein fairer Schlachter. Er überwachte das Ausweiden und übernahm das heikle Zerlegen. Für die Zeit, die er bei uns verbrachte, nahm er ein Viertel der besten Stücke.
    Meine früheste Erinnerung an das Schlachten war, dass ich hinters Haus lief und mich übergab. Im Lauf der Zeit begann ich mich darauf zu freuen. Wenn man Speck und Schinken essen wollte, musste man ein Schwein schlachten. Um die Latchers bis zum Frühjahr zu ernähren, würden zwei Schweine nicht reichen. Sie waren zu elft, einschließlich des Babys, das im Augenblick von Vanilleeis lebte.
    Als wir über sie sprachen, begann ich davon zu träumen, nach Norden zu gehen.
    Das Vorhaben erschien mir jetzt erstrebenswerter. Die Latchers taten mir Leid, und ich war stolz darauf, dass wir sie gerettet hatten. Ich wusste, dass von uns als Christen erwartet wurde, den Armen zu helfen. Das alles begriff ich, aber ich konnte mir nicht vorstellen, den ganzen Winter über mit den vielen kleinen Kindern zu leben, die über unsere Farm rannten.

    Bald müsste ich wieder in die Schule. Würden die Latcher-Kinder mit mir kommen? Da sie bislang noch nicht in die Schule gegangen waren, wurde von mir erwartet, dass ich ihnen alles zeigte? Was würden meine Freunde denken? Mir stünden schwere Demütigungen bevor.
    Und da sie jetzt bei uns wohnten, war es nur eine Frage der Zeit, bis das große Geheimnis herauskam. Ricky würde als Vater identifiziert. Pearl würde herausfinden, für wen das viele Vanilleeis bestimmt war. Irgendetwas sickerte bestimmt durch und wir wären ruiniert.
    »Luke, bist du fertig?«, fragte mein Vater und riss mich aus meinen Gedanken.
    Mein Teller war sauber. Alle blickten darauf. Die Erwachsenen hatten etwas zu besprechen. Es war die übliche Aufforderung, mir eine Beschäftigung zu suchen.
    »Das Essen war gut. Darf ich aufstehen?«, sagte ich meine Standardsätze für diesen Fall auf.
    Gran nickte, und ich stieß die Fliegengittertür weit auf, damit sie laut zuschlug. Im Dunkeln schlüpfte ich zurück auf die Bank neben der Küchentür. Von hier konnte ich alles hören.
    Sie machten sich Sorgen um das Geld. Das Erntedarlehen würde bis zum nächsten Frühjahr verlängert, sie müssten sich erst dann darum kümmern. Auch andere Rechnungen konnten angeschrieben werden, obwohl Pappy es hasste, seine Kreditgeber zu strapazieren.

    Den Winter zu überstehen war das drängendste Problem.
    Lebensmittel waren kein Anlass zur Sorge. Aber wir brauchten Geld für Dinge wie Strom, Benzin und Öl für den Pick-up und für Nahrungsmittel wie Kaffee, Mehl und Zucker. Was, wenn jemand krank wurde und einen Arzt oder Medikamente benötigte? Was, wenn der Wagen zusammenbrach und wir Ersatzteile kaufen mussten?
    »Der Kirche haben wir dieses Jahr auch noch nichts ge-spendet«, sagte Gran.
    Pappy schätzte, dass noch dreißig Prozent der Ernte auf den überschwemmten Feldern standen. Wenn das Wetter besser wurde und alles trocknete, könnten wir einen Teil davon retten. Das wäre ein kleines Einkommen, von dem jedoch die Entkörnungsanlage das meiste einbehalten würde. Aber weder er noch mein Vater
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