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Die Farbe Des Zaubers

Die Farbe Des Zaubers

Titel: Die Farbe Des Zaubers
Autoren: Robert Asprin
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ihnen.
    Als sie vorbei waren, setzte sie ihren Weg fort. Das Ufer des Flusses hatte sie bald erreicht. Unwillkürlich fiel ihr Blick auf das Wasser. Sternenlicht glitzerte auf den Wellen. Ihr sanftes Plätschern schlug sie in ihren Bann. Ein eigenartiges Gefühl bemächtigte sich ihrer, eine Mischung aus Furcht und Faszination; das gleiche Gefühl, als sie mit dem Boot zur Geierinsel gefahren war. Wieder besann sie sich der Stimme Savankalas und des Versprechens, das ihr Schicksal besiegelte. Nicht durch das Schwert oder die Hand eines Menschen , hatte der Donnerer ihr vor vielen Jahren prophezeit. Sondern durch Wasser ...
    Sie fröstelte und riß sich von diesem Bann los. So war es auch auf der Fahrt zur Insel gewesen. Auf dem Rückweg hatte sie zuviel zu tun, zuviel zu überlegen gehabt. Sie fühlte, wie das Wasser sie rief. Aber sie folgte dem Ruf nicht.
    Ein anderer Gestank verpestete hier die Luft. Er war fast so übel wie der des Fasses. Sie hatte genug Zeit mit den in Rankan üblichen Tieren verbracht und deshalb keine Schwierigkeiten, den Kamelgeruch zu erkennen. Sie huschte weiter und gelangte schließlich zu den Pferchen.
    Daxus — das war der erste Name, den Enas Yorl ihr ins Ohr geflüstert hatte. Mehrere Jahre hatte dieser Mann seinen Lebensunterhalt als Nachtwächter Corlas verdient und so manche Goldstücke zusätzlich, wie der Zauberer wußte, indem er verschiedenen Räuberbanden verriet, welche Fracht die einzelnen Karawanen beförderten. Er war es laut Enas Yorl gewesen, der den Überfall auf Daphnes Karawane arrangiert hatte.
    Chenaya tastete nach einer goldenen Kette, die von ihrem Gürtel hing, und benetzte die Lippen. Nun würde Daxus dafür bezahlen, wie sie es Daphne versprochen hatte.
    Die Pferche waren von einer Palisadenwand umgeben, um möglichen Dieben schon von vornherein den Mut zu nehmen. Um sie zu erklimmen, wären Enterhaken nötig. Es gab nur ein Tor, das zweifellos von innen gut verriegelt war. Die Unruhen auf den Straßen hatten Daxus dazu veranlaßt, sich bei den Kamelen zu verschanzen.
    Lautlos schlich sie um die Palisade und spähte da und dort durch die dünnen Spalten. Das Innere war in kleinere Pferche aufgeteilt. Sie lauschte, doch selbst die Kamele schienen zu schlafen. Aber — sah sie das Glühen eines kleinen Feuers?
    Chenaya huschte zum Tor und legte eine Hand auf das unbehauene Holz. Nur eine List würde es öffnen, ohne die Straßenbanden herbeizulocken — nicht gerade ihre stärkste Seite. Doch Daxus war ein Mann, sie konnte daher mit seinen niedrigsten Instinkten rechnen.
    Sie nahm ihren Umhang ab, dann zog sie ihren Kittel aus, ganz vorsichtig, damit die dünne Sonde nicht herausfiel, die sie im rechten Ärmel versteckt hatte. Sie drückte die verschränkten Arme an die Brust und überlegte, wie sie es mit der Hose und den Stiefeln halten sollte. Es war verdammt kalt. Sie bekam bereits eine Gänsehaut. Doch, falls Daxus mißtrauisch war, würde er sie sich vielleicht genauer ansehen wollen. Stumm fluchend blickte sie auf die Straße hinaus, dann legte sie die restlichen Kleidungsstücke ab. Zuletzt lehnte sie ihr Schwert an die Palisade.
    Dann hämmerte sie heftig ans Tor. »Hilfe!« rief sie angespannt. »Bitte, laßt mich ein! Mein Mann will mich umbringen! Hilfe!« Sie schlug mit den Handflächen aufs Holz und schaute sich um. Sie konnte nur hoffen, daß niemand anderes auf sie aufmerksam wurde.
    Ein kleines Fenster im Tor öffnete sich einen Spalt. Kein Gesicht war zu sehen, doch eine Stimme fragte leise: »Wer ist da? Ich will keine Schwierigkeiten. Verschwindet!«
    Die Tür begann sich wieder zu schließen, doch Chenaya schob einen Finger durch den Fensterspalt.
    »Wartet!« flehte sie. »Ihr seid Daxus. Ich habe Euch schon ein paarmal gesehen. Bitte, laßt mich hinein, ehe mein Mann mich findet. Er schlägt mich, doch diesmal bin ich davongelaufen. Er hat mich über den Karawanenplatz gejagt, aber dann hat er mich verloren. Er wird mich jedoch bald finden. Bitte, es ist so kalt!«
    Das Fensterchen öffnete sich ein Stück, ein Auge spähte hindurch. »Ist das ein Trick?« brummte Daxus. »Tretet ein wenig zurück, damit ich Euch ganz sehen kann. He! Ihr seid ja splitternackt!«
    Sie dankte den Göttern für ihre weise Voraussicht. Aber es war eisig kalt! Vielleicht beschleunigte es die Dinge, wenn sie auf die Knie fiel? »Ich trug ein Kleid, aber er hat es mir vom Leib gerissen. Versuchte mir Gewalt anzutun, der besoffene Hundesohn!« Sie hoffte, sie
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