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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau
Autoren: Wolfgang Burger
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Streit. Immer. Nach fünf Minuten.«
    Â»Und dabei ging es um Politik?«
    Â»Politik, Umweltzerstörung, soziale Gerechtigkeit. Letzteres vor
     allem. Sie machen sich keine Vorstellung, was bei uns los war, als weltweit die
     Banken zusammenbrachen und die leitenden Herren für ihr Versagen und
     Missmanagement auch noch fürstlich belohnt wurden.«
    Unser Essen kam. Frau Hagenow schien es nicht einmal zu bemerken,
     dass die pummelige Bedienung einen appetitlich angerichteten Teller vor sie hinstellte.
    Â»Ich fürchte, Peter hat sich irgendwelchen Gruppen angeschlossen«,
     sagte sie leise.
    Ich ergriff die Gabel und begann zu essen. Schließlich hatte ich
     nicht ewig Mittagspause.
    Â»Politischen Gruppen?«, fragte ich zwischen zwei Bissen.
    Â»Sehr radikal denkenden Gruppen. Vielleicht sogar terroristischen
     Gruppierungen, wenn es so etwas zurzeit überhaupt gibt bei uns in Deutschland.
     Sie sehen, ich halte alles für möglich. Sie haben selbst Kinder, oder? Dann
     können Sie sich vorstellen, wie verzweifelt ich bin.«
    Â»Seit die RAF Ende der Neunziger offiziell ihre Auflösung verkündet
     hat, ist es an dieser Front eigentlich ruhig geworden.«
    Â»Jede Zeit scheint ihre eigene Form von Terrorismus hervorzubringen,
     nicht wahr? Jetzt sind offensichtlich die Muslime an der Reihe.«
    Â»Ihr Sohn ist aber nicht etwa zum Islam konvertiert?«
    Â»Aber nein.« Energisch schüttelte sie den Kopf. »Zum Thema Religion
     hat Peter immer gerne Marx zitiert: Opium fürs Volk. Auch so ein Thema, bei dem
     er sich regelmäßig mit seinem Stiefvater in die Haare gekriegt hat.«
    Endlich ergriff sie doch ihre Gabel und begann, in ihrem Risotto
     herumzustochern. Sie verschlang einige Happen, legte ebenso plötzlich die Gabel
     auf die Serviette zurück. Ihr Gesicht war in ständiger Bewegung, die Augen
     kamen nicht zur Ruhe, der schön geschwungene Mund machte seltsame Zuckungen.
     Die Frau war am Ende ihrer Kräfte.
    Â»Könnte es nicht sein, dass Ihr Sohn einfach nur ein bisschen Urlaub
     macht, ohne Ihnen etwas davon zu sagen?«
    Â»Natürlich könnte das sein. Peter hat etwas Geld. Er hat einen Teil
     des nicht besonders großen Vermögens meines ehemaligen Mannes geerbt. Aber
     sonst hat er mich immer informiert, wenn er vorhatte zu verreisen.«
    Â»Es gibt da leider ein Problem, Frau Hagenow«, sagte ich, als ich
     meine Pasta bis auf die letzte Erbse aufgegessen hatte. »So gerne ich würde,
     ich kann Ihnen nicht helfen.«
    Â»Aber das weiß ich doch«, murmelte sie mit gesenktem Kopf. »Mir ist
     bewusst, dass Sie von Amts wegen nichts unternehmen können. Nichts unternehmen
     dürfen.«
    Â»Es sei denn, ich hätte einen begründeten Verdacht, dass Ihr Sohn in
     Gefahr ist oder tatsächlich eine kriminelle Aktion plant. Gibt es denn Hinweise
     darauf, dass er etwas Derartiges vorhat?«
    Â»Es gibt überhaupt keine Hinweise.« Mutlos schüttelte sie den Kopf.
     »Ich dachte, dass Sie vielleicht privat … Sie haben die Erfahrung. Sie haben
     die Möglichkeiten. Geld wird keine Rolle spielen. Nennen Sie mir Ihren Preis,
     und ich werde Ihnen hier und jetzt die Hälfte als Anzahlung übergeben.«
    Â»Ich mache Ihnen einen anderen Vorschlag. Ich kenne einen guten
     Privatdetektiv. Er wird Ihren Sohn hundertmal schneller finden, als ich es
     könnte. Privatdetektive sind nicht an Dienstvorschriften gebunden. Sie müssen
     nicht jedes Mal die Staatsanwaltschaft um Erlaubnis bitten, bevor sie einen
     Finger krumm machen.«
    Â»Es wäre mir aber wichtig, dass nichts davon an die Öffentlichkeit
     dringt. Stellen Sie sich vor … bei Burkhards Position …«
    Â»Da kann ich Sie beruhigen. Ein Privatdetektiv, der nicht absolut
     diskret ist, wird bald keiner mehr sein. Der Mann, den ich Ihnen empfehle, ist
     wirklich seriös und vertrauenswürdig.«
    Â»Wie heißt er?«
    Â»René Pretorius. Seine Nummer finden Sie im Telefonbuch.«
    Zu meiner Verblüffung zückte sie ein modernes Handy, zog einen Stift
     heraus und begann, die Zunge spitz im Mundwinkel, auf dem Display
     herumzupiksen. Sekunden später hatte sie ihn schon gefunden. Einmal mehr fühlte
     ich mich alt und von gestern.
    Auf dem Schild neben meiner Tür stand ein zweiter Name:
     Unter »A. Gerlach, Kriminaloberrat« stand in derselben Schriftgröße:
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