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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals
Autoren: Marie Bostwick
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außer er spekuliert darauf, dass ihr beide wieder zusammenkommt? Schließlich gibt es im Leben nichts umsonst.« Er warf mir einen wissenden Blick zu, als wäre diese Binsenweisheit schlagkräftiger als alle Tatsachen.
    »Wer hat das gesagt? Deine Mutter, nehme ich an.«
    »Nein«, erwiderte er mit ausdrucksloser Miene. »José Luis Garza. Oberkellner im Hampton House, wo ich ein Jahr lang die Tische abräumen musste, nachdem ich mit dem Schiff aus Irland gekommen war. Er hat mir alles beigebracht, was ich weiß. Ein raffgieriger Typ.« Charlie lächelte ein wenig, doch ich ging nicht darauf ein. »Rob steckt also nicht sein Geld in den Cobbled Court?«, fragte er schließlich leise.
    »Nein. Er hat es mir angeboten, was sehr freundlich von ihm war, aber ich habe abgelehnt … aus genau dem Grund, den dein Freund, der Oberkellner, genannt hat. Weil es im Leben nichts umsonst gibt. Ich glaube, Rob wollte mir wirklich helfen und etwas wiedergutmachen, aber um Komplikationen zu vermeiden, habe ich sein Angebot ausgeschlagen und mich entschlossen, stattdessen einen weiteren Kredit bei der Bank zu beantragen. Garrett und ich waren heute Morgen dort. Mit Abigails Hilfe und weil sie meine Miete gesenkt hat, sieht es so aus, als würde ich das Darlehen bekommen.«
    »Gut für dich.«
    Er nickte. Dann warteten wir in unbehaglichem Schweigen darauf, dass der andere etwas sagte. Schließlich ergriff ich das Wort.
    »Charlie Donnelly, du bist der größte Idiot auf Gottes grüner Erde. Hat dir das schon mal jemand gesagt?«
    »Des Öfteren.«
    »Ich weiß gar nicht, wieso du dachtest, da wäre etwas zwischen Rob und mir. Ich bin doch nicht käuflich«, murmelte ich. »Man könnte ja beinahe meinen, du wärst eifersüchtig. Die Leute werden glauben, dass du und ich … Du weißt doch, was ich hinter mir habe. Die Operationen und alles. Ich meine, da ist es doch nicht sehr wahrscheinlich, dass … Na ja, du weißt schon, was ich sagen will.«
    Er blickte mich fragend an. »Nein, weiß ich nicht.«
    Ich seufzte ärgerlich. »Muss ich es denn wirklich aussprechen, Charlie? Nach der Mastektomie habe ich in Herzensdingen ja wohl nicht mehr viel zu erwarten. Mich wird kein Mann mehr attraktiv finden. Zumindest nicht auf die Art und Weise.«
    »Wovon redest du da? Warum denn nicht? Ich finde dich unbedingt attraktiv.«
    Seine Worte und die darauf folgende Stille lasteten so schwer auf mir, als befände ich mich unter Wasser. Ich wusste nicht, was ich von seiner Bemerkung halten sollte, doch da sprach Charlie schon weiter.
    »Evelyn …«
    »Nein«, sagte ich und wich vor ihm zurück. »Du brauchst nicht gönnerhaft zu sein, Charlie. Deine Freundschaft bedeutet mir so viel, mehr verlange ich gar nicht. Du musst dich nicht verstellen.«
    »Verstellen? Glaubst du, das hätte ich in den vergangenen Monaten getan – dir vorgespielt, wir wären Freunde und ich hätte mich schließlich in dich verliebt?«
    Ich biss mir auf die Lippe und brachte kein Wort heraus. Das konnte doch unmöglich sein Ernst sein.
    »Ich wünschte weiß Gott, ich hätte nur so getan«, schnaubte er. »Das wäre viel weniger schmerzhaft gewesen, als dich erst zu bewundern, dann zu mögen und dich schließlich zu lieben. Dabei musste ich mit ansehen, wie du in den vergangenen Monaten gelitten hast, ohne dir helfen zu können. Ich stürzte mich in meine Arbeit, in der Hoffnung, dich für eine Weile vergessen zu können. Aber es war vergeblich. Ich musste dir einfach nahe sein. Doch es ging dir so schlecht, und das Letzte, was du gebrauchen konntest, war ein liebeskranker Ire, der sich nach dir verzehrte. Außerdem hätte ich gar nicht gewusst, was ich dir sagen sollte. Also ging ich jeden Morgen um die Zeit, wenn wir uns sonst im Bean zum Kaffee trafen, in die Frühmesse und betete für dich. Danach kehrte ich zurück in meine Küche und kochte etwas, das ich dir später ins Krankenhaus brachte. Ich hoffte, du würdest verstehen, was ich damit ausdrücken wollte. Wir Iren mögen ja ein Volk von Dichtern sein, aber ich bin nun mal kein Yeats. Meine Gedichte entstehen in der Küche: die Hühnerpastete, die wie bei deiner Mutter schmeckt, das perfekt abgeschmeckte Gericht, bei dem dir die Tränen kommen, die Mousse au Chocolat – köstlich und sündhaft wie die erste Liebe.« Er trat näher und schloss seine Finger wie ein Armband um mein Handgelenk.
    »Oder zumindest wie die erste Lust.« Er lächelte mild. »Wenn man jung ist, erkennt man nicht immer den Unterschied,
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