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Die erste Mission

Die erste Mission

Titel: Die erste Mission
Autoren: Alfred Bekker
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gut in Erinnerung.
    Sie hallten dutzendfach in seinem Kopf wider und ergaben mit ungezählten weiteren Erinnerungen ein buntes Kaleidoskop. Einen chaotischen Chor von Stimmen, kombiniert mit Bildern, Szenen, Eindrücken …
    Nie zuvor hatte der Alleinige das Gefühl gehabt, derart intensiv zu leben und zu empfinden. Jede Nervenfaser seines Körpers schien extrem überreizt zu sein.
    Du wirst dich an diesen Zustand gewöhnen , war er überzeugt.
    Zumindest hoffte er es.
    Die Monde verschwanden am Himmel, als der Blaue Riese zur Hälfte aufgegangen war und den gesamten östlichen Horizont wie eine gewaltige leuchtende Kuppel überspannte. Für Stunden würde jetzt das Licht des Blauen Riesen jenes der Monde überstrahlen, sodass diese nicht zu sehen waren. Allenfalls an sehr diesigen, wolkenverhangenen Tagen konnte man die Umrisse der beiden Monde als grauweiße Konturen noch am Himmel ausmachen. Aber jetzt hellte sich das Wetter auf.
    Die Wetterwechsel an der Küste des großen Binnenmeeres waren sehr heftig.
    Der Alleinige hatte inzwischen die eigentliche Uferzone erreicht. Flüssiges Methan wurde durch den enormen Druck der gewaltigen Flüssigkeitsmasse durch die Spalten und Ritzen im Eis getrieben und quoll überall aus der Oberfläche heraus. Die Uferzone war oft ein Zwitter zwischen Land und Meer. Aber genau deswegen gab es hier so viel zu finden. Manchmal ließ die Flut sogar einen Riesenflosser zurück, der nicht schnell genug in tiefere Gewässer zurückgekehrt war, um sich in Sicherheit zu bringen.
    Die Tiere waren so groß, dass ihr eigenes Gewicht sie erdrückte, wenn sie nicht in einem Bad aus Methan schwimmen konnten. Sie verendeten elendig oder wurden von Whuuorr-Sammlergruppen getötet.
    Aber auch kleinere Lebensformen waren auf dem steinharten Eis zurückgeblieben, versuchten, in kleineren Pfützen zu überleben, bis die Flut zurückkehrte und sie wieder in das Meer holte.
    Aber die Whuuorr waren nicht die Einzigen, denen die Gezeiten der Binnenmeere als Nahrungslieferant dienten. Die Höhensegler – Organismen, die in der schweren, sehr dichten Atmosphäre ihre gewaltigen, bis zu drei oder vier Meter messenden Flügel entfalteten und auf ihnen so sanft dahinglitten, als würden sie sich nicht innerhalb einer Gas-, sondern einer Flüssigkeitsmasse bewegen, waren die schlimmsten Konkurrenten.
    Normalerweise gingen sie einer Gruppe von Whuuorr aus dem Weg. Aber bei einem einzelnen Exemplar dieser Spezies war das anders. Da rechneten sie sich Chancen aus und waren keineswegs bereit, auf ihre anvisierte Beute zu verzichten. Vor allem dann nicht, wenn es um größere Brocken ging.
    Eine Gruppe von ihnen kreiste über einer verendeten Methanqualle. Sie hackten mit ihren schnabelähnlichen Beißwerkzeugen Stücke aus dem hart gefrorenen Kadaver und balgten sich anschließend in der Luft darum. Regelrechte Luftkämpfe fanden statt.
    Der Alleinige fasste die Riesenflosser-Gräte mit allen vier Händen an einem Ende und schlug damit um sich. Einen der Höhensegler erwischte er. Die anderen stoben davon und versuchten dabei, die Beutestücke in ihren Greifschnäbeln zu retten.
    Einige kamen zurück, setzten im Sinkflug zum Angriff an – sie stürzten sich auf den Alleinigen, doch dieser war erfahren in solchen Kämpfen.
    Mit einer Gewandtheit, die kein unabhängiger Beobachter einem Wesen mit einem so kompakten Körperbau zugetraut hätte, wandte er sich herum und ließ die Riesenflosser-Gräte erneut durch die Luft sausen. Aber diesmal stieß er mit ihr blitzschnell zu.
    Einen der unerbittlichen Lufträuber erwischte er. Der Höhensegler fiel zu Boden.
    Eine grünliche Flüssigkeit rann dort aus seinem Körper, wo die Spitze der Riesenflosser-Gräte ihn schlimm verletzt hatte.
    In die Luft steigen konnte er nicht mehr. Die Flugmembran war gerissen. Selbst bei dem durch die dichte Atmosphäre in Kombination mit der geringen Schwerkraft bedingten hohen Auftrieb war es so unmöglich für ihn, sich in diesem Zustand wieder vom Boden zu erheben.
    Der Alleinige nutzte dies.
    Er stieß noch einmal zu, und der Höhensegler hauchte sein Leben aus. Auch seinen Kadaver würde der Whuuorr für sich beanspruchen. So kann ich sogar einen kleinen Vorrat anlegen! , dachte er, und er fühlte, wie eine Welle von Glücksempfindungen seinen Körper wie einen angenehmen Schauder durchrieselte.
    All die Geschichten, die angeblich belegten, dass es unmöglich war, als ein auf sich allein gestellter Jäger und Sammler zu überleben,
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