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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin
Autoren: John Grisham
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mal, Portia, gib ihm recht. Jake hatte das schon hundertmal erlebt. Die Frage »Stimmen Sie mir zu?« hieß, dass der Richter begeisterte Zustimmung erwartete.
    »Ja, Sir«, sagte sie.
    Richter Atlee trank einen Schluck Kaffee, und Jake fragte sich, ob er sich jeden Morgen dieses ekelhafte Gesöff einver leibte.
    »Im Augenblick frage ich mich, was Ihre Mutter wirklich möchte, Portia«, sagte der Richter. »Es wäre wichtig, das zu wissen. Sicher hat sie mit Ihnen darüber gesprochen. Können Sie uns sagen, was sie denkt?«
    »Natürlich. Meine Mutter will nicht viel, und sie ist nicht begeistert davon, das ganze Geld zu bekommen. Mir fällt kein besserer Ausdruck ein, aber es ist sozusagen weißes Geld. Es gehört uns nicht wirklich. Meine Mutter hätte gern das Land, die dreißig Hektar, und sie würde sich dort gern ein Haus bauen, ein schönes Haus, aber keine Villa. Sie hat mehrere schöne Häuser gesehen, aber immer in dem Bewusstsein, dass sie selbst nie eines haben würde. Jetzt kann sie zum ersten Mal in ihrem Leben davon träumen, ein nettes Heim zu haben, in dem sie nur für sich selbst putzt. Sie will viel Platz für ihre Kinder und Enkel. Sie wird nie wieder heiraten, obwohl die Geier schon kreisen. Sie will hier weg und aufs Land ziehen, wo sie ihre Ruhe hat und keiner sie belästigt. Sie war heute Morgen nicht in der Kirche, schon seit einem Monat nicht mehr. Jeder hält die Hand auf. Meine Mutter will nur in Ruhe gelassen werden.«
    »Sie will doch bestimmt mehr als ein Haus und dreißig Hektar«, sagte Jake.
    »Na ja, wer hätte nicht gern Geld auf der hohen Kante? Sie hat es satt, putzen zu gehen.«
    »Wie viel Geld?«, fragte Richter Atlee.
    »So weit sind wir nicht gekommen. In den vergangenen sechs Monaten hat sie sich nie hingesetzt und gesagt: ›So, ich nehme fünf Millionen für mich, jedes Kind bekommt eine Million und so weiter.‹ So tickt meine Mutter einfach nicht. Sie denkt nicht in solchen Größenordnungen. Das übersteigt ihre Vorstel lungskraft.« Sie legte eine Pause ein. »Wie würden Sie das Geld aufteilen, Richter Atlee?«, fragte sie dann.
    »Schön, dass Sie fragen. Hier ist mein Plan. Der Großteil des Geldes sollte in einen Fonds zugunsten Ihrer Blutsverwandten fließen, nicht in Barauszahlungen, die nur Gier wecken wür den, sondern in eine Stiftung, die ausschließlich für Bildungs zwecke in Anspruch genommen werden kann. Wer weiß, wie viele Rinds es gibt, wobei ich davon überzeugt bin, dass sich das schnell herausstellen wird. Die Stiftung würde einer strengen Kontrolle durch einen Treuhänder unterliegen, der mir Bericht erstatten würde. Das Geld würde gut angelegt und über einen Zeitraum von, sagen wir, zwanzig Jahren ausbezahlt, und in die ser Zeit würde es so eingesetzt, dass es so vielen Studenten wie möglich zugutekommt. Es darf nur für einen einzigen Zweck verwendet werden, und Bildung ist am sinnvollsten. Wenn es keine Einschränkung gibt, trudeln Tausende von Anfragen für alles von der medizinischen Versorgung über Lebens mittel bis hin zu Wohnungen oder neuen Autos ein. Das Geld ist kein Geschenk, sondern muss verdient werden. Blutsverwandte, die fleißig lernen und den Sprung aufs College schaffen, qualifi zieren sich für die Unterstützung.«
    »Wie sollen die einzelnen Anteile aussehen?«, fragte Jake.
    Portia lächelte.
    »In groben Zügen schlage ich Folgendes vor: Lassen Sie uns mit einer Zahl von zwölf Millionen arbeiten. Wir wissen, dass sich das noch ändern kann, aber es wird ein Wert in dieser Größenordnung sein. Für die Vermächtnisse an Ancil und die Kirche würde ich je eine halbe Million vorsehen. Bleiben elf. Fünf Millionen davon kommen in den Treuhandfonds, den ich ge rade beschrieben habe. Das reicht für eine Menge Studienge bühren, aber es werden sich auch bestimmt viele alte und neue Verwandte melden.«
    »Es rollen immer noch ganze Wagenladungen an«, sagte Portia.
    »Bleiben sechs Millionen« fuhr Richter Atlee fort. »Die teilen wir gleichmäßig unter Mrs. Lang sowie Herschel und Ramona Hubbard auf. Selbstverständlich erhält Mrs. Lang die dreißig Hektar, die einst ihrem Großvater gehört haben.«
    Jake holte tief Luft, während die Zahlen auf ihn einprassel ten. Er blickte auf die andere Seite des Tischs. »Der Schlüssel dazu ist Lettie, Portia.«
    Portia lächelte immer noch. »Sie wird es annehmen. Sie bekommt ein schönes Haus und ein nettes Polster, muss sich aber nicht mit einem Vermögen herumschlagen, von
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