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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)
Autoren: Leila Meacham
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worden war, gekümmert. Das war Marys Philosophie, die Ursache allen Übels.
    Als die Gläubigen das letzte Lied anstimmten, erhob Percy sich nachdenklich, das Gesangbuch in der Hand. Schaut den Fels an, aus dem ihr gehauen seid, und des Brunnens Schacht, aus dem ihr gegraben seid …
    Percy umfasste die Rückenlehne der Bank vor ihm und verlor dabei fast das Gesangbuch. Ein Ausdruck der Freude trat auf sein Gesicht. Natürlich, der Felsen! Das ist es! , jubelte er innerlich. Endlich hatte er die Antwort.
     
    Lucy saß im spätvormittäglichen Licht ihres Salons, in den das Läuten der Glocken von der Kirche um die Ecke scholl. Ihr Klang erinnerte sie daran, dass Percy, Matt und Rachel die Zeit zwischen den Fingern zerrann. Morgen würde Rachel Percys Antwort auf ihr Ultimatum kennen und eine weitere Generation durch die Somerset-Besessenheit einer Toliver vom Kurs abgebracht werden.
    Es war, wie Lucy es sich gedacht hatte: Mary hatte ihrer
Großnichte die verfluchte Plantage genommen, um sie vor dem zu bewahren, was sie am eigenen Leib hatte spüren müssen.
    Lucy war immer noch benommen davon, was sie am Freitagabend von der Kassette Percys gehört hatte, mit der Matt unangekündigt aufgetaucht war. Als Betty seinen Besuch meldete, hatte sie gedacht, sein Großvater sei gestorben. Sie war so erschrocken vom Stuhl aufgesprungen, dass ihr schwindelig wurde und sie sich am Frisiertischchen festhalten musste, um nicht zu stürzen.
    »Lucy! Es ist nicht, was du denkst! Opa geht’s gut!«, hatte Matt ausgerufen und sie an sich gedrückt. Und sie hatte zu weinen angefangen – ob aus Erleichterung, Bedauern oder Überraschung über Matts Gefühlsausbruch, wusste Gott allein.
    »Wieso bist du dann hier?«, hatte sie mit Tränen in den Augen gefragt.
    »Ich habe etwas dabei, das du dir anhören solltest. Gibt’s im Haus einen Kassettenrecorder?«
    Dann waren sie hinausgegangen, um schweigend der Aufnahme zu lauschen, während der Mond den weißen Garten in sanftes Licht tauchte. Sie hörte stumm zu, wischte sich nur hin und wieder mit einem Taschentuch die Tränen ab und sagte am Ende: »Nun wissen wir’s also.«
    »Ja.«
    »Viele Schuldgefühle.«
    »Und viel Gelegenheit zum Verzeihen, Lucy.«
    »Allerdings.« Percys Stimme, die noch in ihr nachhallte, weckte Scham in ihr ob ihrer Boshaftigkeit dem gegenüber, der die Schuld auf sich genommen und ihr beim Erzählen seiner Geschichte kein einziges Mal Vorwürfe gemacht hatte. »Ich hätte nie verraten, dass Matthew Percys und Marys Sohn war, nicht einmal, wenn dein Großvater die Scheidung von
mir hätte erzwingen wollen. Das war eine leere Drohung. Hoffentlich glaubst du mir das.«
    »Natürlich. Und Opa auch. Es war nicht deine Drohung, die ihn gehindert hat, sich von dir scheiden zu lassen.«
    »Was dann?«
    »Das Wissen, dass du ihn nach wie vor liebst.« Matts raue Stimme erinnerte sie an die Wyatts.
    Sie wurde rot. »Trotzdem habe ich dafür gesorgt, dass diese Drohung bis zum Tod von Mary über ihm hing wie ein Damoklesschwert – das war niederträchtig von mir, ja, aber ich konnte den Gedanken, ihn ziehen zu lassen, einfach nicht ertragen. Sag ihm, er soll die Scheidung einreichen. Ich lege ihm keine Steine mehr in den Weg.«
    Er griff nach ihrer Hand. »Opa wird sich nicht von dir scheiden lassen, Lucy.«
    »Woher weißt du das?«
    »Er hat es mir gesagt.«
    Wieder musste sie weinen, und erst nach einer ganzen Weile schniefte sie: »Wie großherzig von deinem Vater, ihm das Gemälde zu schicken. Es freut mich, dass er ihm vergeben hat. Natürlich wusste ich nichts von der roten Rose, die Percy in das Buch gelegt hatte. Dass Wyatt über die Geschichte mit den Rosen Bescheid wusste … Und was passiert jetzt? Was wird Rachel deiner Ansicht nach tun?«
    »Den Fehler ihrer Großtante wiederholen.«
    Verdammte kleine Hexe.
    Jetzt war Matt weg, und sie saß allein in ihrem Garten. Zwanzig Minuten zuvor, beim Abschied, hatte er gefragt: »Kommst du zurecht, Lucy?«
    »Ja, Matt. Kümmere dich lieber um deinen Großvater.«
    Er hatte ihr eine Kopie der Aufnahme dagelassen, die nun auf dem Beistelltischchen lag. Was für eine Tragödie, dass Rachel sie nie hören würde …
    »Grübeln hilft auch nichts«, bemerkte Betty von der Tür aus. »Vielleicht hätten Sie die Bridgepartie heute Nachmittag doch nicht absagen sollen.«
    »Ich hätte mich bestimmt nicht konzentrieren können. Was ist das?«
    Betty reichte ihr einen Zettel. »Ich weiß nicht, ob Mister Matt den
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