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Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Oliver Becker
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Augen, die sich auf das Haus richteten.
    Gefangen und hilflos fühlte sich der große Mann, der unablässig in der Wohnküche auf und ab schritt, wehrloser als in mancher Situation auf dem Schlachtfeld, die er hatte überstehen müssen. Er lauschte nach oben ins Stockwerk darüber: Bis auf ein angestrengtes Keuchen war nichts zu hören. Dann jedoch, mit dem Morgenlicht, löste ein Kreischen die Anspannung, die den ganzen Bau ergriffen hatte. Nils Norby hielt in der Bewegung inne, atmete durch und warf einen bangen Blick zur Decke hinauf.
    Im nächsten Moment stürmte er los, die Treppe hoch. Die Hebamme von Teichdorf kam ihm entgegen, die ihm ermüdet, aber mit beruhigendem Augenaufschlag entgegensah. Er jagte ohne ein Wort an ihr vorbei und hinein ins Schlafzimmer.
    Jetzt auf einmal ganz langsam trat er an das Bett, um sich auf dessen Kante niederzulassen.
    Bernina wirkte sehr erschöpft. Doch sie lächelte. An ihrer Brust saugte ein für Nils’ Empfinden unvorstellbar winziges Köpfchen, das aus einem blitzsauberen weißen Tuch hervorlugte. Er traute sich gar nicht, es zu berühren, aus Furcht, er könne ihm Schaden zufügen. Stattdessen strich er unbeholfen über Berninas langes, von Schweiß durchsetztes Haar und gab ihr einen Kuss.
    »Das ist dein Sohn«, flüsterte sie.
    »Geht es dir gut? Und ihm? Ihm auch?«
    »Hast du sein Schreien gehört?«
    »Und ob!«
    »Das klang, als ginge es ihm prächtig.« Sie erinnerte sich an ihre Träume, in denen die helle Kinderstimme ertönt war. Es war die Stimme dieses kleinen Jungen gewesen, ihres kleinen Jungen, plötzlich war sie sich dessen sicher.
    Nils fühlte, wie das Beben in ihm endlich nachließ. Er strahlte Bernina an. »Wir haben uns nie über einen Namen unterhalten.«
    »Ich dachte, das bringt Unglück.«
    »Aber er braucht einen Namen.«
    »Wie wäre es mit Friedrich?«, schlug Bernina mit einem Schmunzeln vor.
    Wenig begeistert runzelte ihr Mann die Stirn. »Friedrich?«
    »Ja, schließlich soll er ein Kind sein, das in Zeiten des Friedens aufwächst. Der Krieg wird bald besiegt sein, ich spüre es.«
    »Wir sollten ihn Wolf nennen«, meinte Nils. »Ob im Frieden oder im Krieg: Er wird ein Wolfsherz brauchen, um sich in unserer Welt behaupten zu können.«
    »Wir haben noch Zeit, uns für einen Namen zu entscheiden.«
    »Da hast du recht.«
    »Ja«, sagte Bernina leise, »wir haben alle Zeit der Welt.«
     
    E N D E

Anmerkungen des Autors
     
    ›Die Entscheidung der Krähentochter‹ ist ein historischer Roman. Aber ist ein historischer Roman nun eigentlich mehr Historie oder mehr Unterhaltung? Für mich geht es nicht um ein ›Oder‹, sondern eher um ein ›Und‹.
    Die Vorstellungskraft des Autors, seine eigenen Erfahrungen und natürlich die Recherche: Diese Zutaten vermischt, ergeben letzten Endes das Resultat, das Ihnen vorliegende Buch. Doch wie viel von welcher Zutat nun im gesamten Roman steckt, das ist nicht immer auf den Prozentpunkt genau anzugeben. Denn diese unterschiedlichen Bereiche vermischen sich – und zwar ständig, auf allen Ebenen. So ist beispielsweise Maximilian I., Kurfürst von Bayern, eine historische Persönlichkeit – ein Roman ist jedoch keine Biografie. Betritt eine Figur der Zeitgeschichte die Romanbühne, kann sie durchaus ein Eigenleben entwickeln. Ich habe mir etwa die Freiheit herausgenommen, dem Leben des Kurfürsten eine Jugendliebe hinzuzudichten. Und Franz von Lorathot beruht auf einem historischen Vorbild, nämlich Franz von Mercy, unterscheidet sich von diesem aber in seinem Wesen sehr deutlich. Darf man das überhaupt? Derartige Veränderungen vornehmen? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ob man es darf oder nicht – als Autor tue ich es einfach. Und zwar mit dem größten Vergnügen. Je stärker sich Fiktion und Fakten vermengen, desto spannender wird es für mich. Man sieht also am Beispiel des Kurfürsten: Sogar in einer einzelnen Person können sich die verschiedenen Zutaten vermischen.
    Keine Frage, wahre Begebenheiten sind wichtig, stellen die Pfeiler des historischen Romans dar. Die Schlacht von Freiburg und ihre Ursachen, die ebenfalls geschilderten Geschehnisse in Prag oder der Abtransport der Bücher aus der Heidelberger Bibliothek nach Rom: Hier fußt die Handlung auf tatsächlich geschehenen Ereignissen. Im Laufe der Jahre, in denen die ›Krähentochter‹-Romane entstanden sind, habe ich auf sehr viele und sehr unterschiedliche Quellen zurückgegriffen. Am wertvollsten erschienen mir dabei
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