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Die Elfen

Die Elfen

Titel: Die Elfen
Autoren: Bernhard Hennen , James Sullivan
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genau, um wen es sich handelte. Schon oft hatte man ihr gesagt, Nuramon sei nicht der Richtige für sie, er sei ihrer Würde nicht angemessen. Er stammte nämlich nicht nur aus einer vielköpfigen Sippe, sondern auch aus einer Linie, der eine Schande anhaftete. Denn Nuramon trug die Seele eines Elfen in sich, der in all seinen Leben, in die er hineingeboren worden war, die Bestimmung seines Daseins nicht gefunden hatte und demnach nicht ins Mondlicht gegangen war. Wem dieser Weg versperrt blieb, der wurde in seiner Sippe wiedergeboren, bis sein Schicksal sich erfüllte. Und dabei war er nicht in der Lage, sich an die vorigen Leben zu erinnern.
    Kein anderer war so oft wiedergeboren worden wie Nuramon; seit Jahrtausenden war er dem Wechselspiel von Leben, Tod und Wiedergeburt nun schon ausgesetzt. Mit der Seele hatte Nuramon auch seinen Namen geerbt. Die Königin hatte in ihm die Seele seines Großvaters erkannt und ihm dessen Namen gegeben. Die scheinbar nicht enden wollende Suche nach seiner Bestimmung hatte selbst in Nuramons eigener Familie für hochmütigen Spott gesorgt. Zumindest musste sich derzeit keiner um sein Neugeborenes sorgen; doch sobald Nuramon stürbe, würde seine Seele gleich einem Schatten über seiner Sippe liegen. Niemand wusste, wem der nächste Nuramon geboren würde.
    Alles in allem konnte er wahrlich nicht auf seine Abstammung schauen und dabei hoffen, ihretwegen bewundert zu werden. Im Gegenteil, alle sagten, Nuramon werde den gleichen Weg gehen wie zuvor; er werde nach seiner Bestimmung suchen, darüber sterben und wiedergeboren werden. Noroelle war diese Sichtweise zuwider. Sie sah einen vortrefflichen Mann vor sich sitzen, und als Nuramon ein weiteres Lied auf ihre Schönheit sang, spürte Noroelle, dass jedes Wort, das er sprach, seiner tief empfundenen Liebe zu ihr entsprang. Was die Wiege ihm verwehrt hatte, das hatte er sich selbst erworben. Nur eins wagte er nicht: ihr zu nahe zu kommen. Noch nie hatte er sie berührt, noch nie hatte er es gewagt, so wie Farodin, ihre Hand zu fassen und diese gar zu küssen. Und wann immer sie versuchte, ihm eine harmlose Zärtlichkeit zukommen zu lassen, wies er sie mit süßen, berauschenden Worten zurück.
    Von welcher Seite sie ihre beiden Werber auch betrachtete, sie konnte im Augenblick zu keiner Entscheidung finden. Wenn Farodin ihr sein Innerstes offenbarte, dann würde sie ihn wählen. Wenn Nuramon seine Hände nach ihr ausstreckte und ihre Hand fasste, dann würde sie ihm den Vorrang geben. Die Entscheidung lag nicht bei ihr.
    Es waren erst zwanzig Jahre vergangen, da dieses Werben begonnen hatte. Es mochten noch einmal zwanzig Jahre vergehen, bis sie eine Entscheidung von ihr erwarteten. Und wenn sie keine Entscheidung traf, dann würde derjenige, der die größere Beständigkeit zeigte, ihre Gunst gewinnen. Sollten sie sich auch darin ebenbürtig sein, so mochte die Werbung auf immer anhalten - eine Vorstellung, die Noroelle zum Schmunzeln brachte.
    Farodin stimmte ein neues Stück an und spielte so innig, dass Noroelle die Augen schloss. Sie kannte das Lied, sie hatte es einst bei Hofe gehört. Doch mit jedem Ton, den Farodin erklingen ließ, übertraf er, was sie damals vernommen hatte.
    Nuramons Stimme verblasste dagegen ein wenig, bis Farodin wiederum ein neues Lied begann. »O schau nur, holdes Albenkind!«, sang Nuramon nun. Noroelle öffnete die Augen, sie war von dem plötzlichen Wechsel in seiner Stimme überrascht.
    »Dort auf dem Wasser ein Gesicht.« Er schaute auf das Wasser, aber sie konnte seinem Blick nicht folgen, so gebannt war sie von seiner Stimme.
    »O Noroelle, geh hin geschwind / Vom Schatten aus hinein ins Licht.« Noroelle stand auf und folgte den Worten; sie ging einige Schritte von der Quelle fort und kniete sich an das Ufer des Sees, um ins Wasser zu blicken. Doch da war nichts.
    Nuramon sang weiter. »Die blauen Augen sind ein See.« Noroelle sah blaue Augen; es waren ihre eigenen, die Nuramon gern mit einem See verglich.
    »Dein Nachthaar weht im Frühlingswind.« Sie sah ihr Haar, wie es sanft über ihren Hals streifte, und musste lächeln.
    »Du lächelst dort wie eine Fee. O schau nun holdes Albenkind!« Sie betrachtete sich ganz genau und lauschte, wie Nuramon in den verschiedenen Sprachen der Albenkinder von ihrer Schönheit sang. In den Feensprachen Klang einfach alles schön, aber er konnte selbst mit der Zunge der Kobolde sprechen und ihr dabei schmeicheln.
    Während sie ihm zuhörte, hatte sie nicht
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