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Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen

Titel: Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen
Autoren: Jean-Louis Fetjaine
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sein Zerren. Galaad zog noch stärker, so heftig, dass Frehirs Haare nachgaben. Der Junge verlor das Gleichgewicht und kugelte rücklings auf den Boden, ein Büschel ausgerissener Haare zwischen den Fingern. Dann geriet der Untergrund in Bewegung, die mächtigen Pranken des Barbaren kamen zum Vorschein, seine Arme, eine Schulter, und Galaad warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die Flanke des aufgeschlitzten Bären, im Bemühen darum, diesen wenigstens ein Stück anzuheben, bis schließlich Frehirs Gesicht aus dem Matsch auftauchte. Er bot einen entsetzlichen Anblick, zersaust, blutig und schwarz von Erde, aber Galaad klammerte sich an seinen Hals, er lachte jetzt unter Tränen, und sie krochen beide, Vater und Sohn, aus ihrem Schlupfloch heraus, einander so eng verbunden.
    Auf Gras und zertrampelte Farne gebettet, über sich den Sternenhimmel, keuchend und stöhnend bei jedem Atemzug, kam Frehir allmählich wieder zur Besinnung, und sein Bauch brannte bei jedem Luftholen ein wenig mehr. Dennoch lächelte er, glücklich, am Leben zu sein, ja sogar glücklich über den zunehmenden Schmerz, der bewies, dass das Gift des Ungeheuers seine Wirkung verlor. So waren sie also den Trollen entkommen! Trotz des Mondenscheins sah man zwar nur einige Ellen weit, doch der Gestank der Dämonen war verflogen (natürlich mochte er sich täuschen: ein länger währender Aufenthalt unter dem aufgeschlitzten Kadaver eines Bären war durchaus dazu angetan, den Geruchssinn zu beeinträchtigen); doch vor allem hatte die Lichtung sich wieder mit Leben gefüllt: mit den klagenden Rufen der Nachtvögel, dem tausendfachen Summen des kleinen Volkes am Waldessaum und all dies Sirren und Flirren überzeugte ihn davon, dass die Trolle verschwunden waren. Schon zuckten Schnauzen in unmittelbarer Nähe der toten Körper. Zur Stunde trieben sich nur harmlose Nagetiere herum, doch bald kämen die Füchse, dann die Wölfe, und wenn diese sich die verbleibende Beute teilten, mussten sie das Feld geräumt haben. Unter weit größerer Pein als vermutet richtete Frehir sich auf und bemerkte erst jetzt, dass Galaad an ihn geschmiegt eingeschlafen war.
     
    »Komm«, flüsterte er ihm ins Ohr. »Wir müssen hier weg ... Der Blutgeruch wird bald die wilden Tiere anlocken.«
    Das Kind fügte sich gehorsam, ohne ein Wort. Erschlagen von den Strapazen des Tages, torkelte es dahin und wäre auf der Stelle zusammengebrochen ohne den stützenden Arm seines Vaters. Frehir, der den Jungen mehr oder weniger trug, verließ den Ort des Geschehens, ohne sich auch nur einmal umzublicken, körperlich und geistig vollständig auf ein einziges Ziel hin ausgerichtet: in ihr Dorf zurückzukehren, seine Männer zu versammeln und ihre Verteidigung vorzubereiten sofern überhaupt noch Zeit dazu blieb ... Doch Seuil-des-Roches lag etliche Tagesmärsche entfernt, und jeder Schritt war eine Qual. Seine Wunden waren noch nicht verschorft, und er verlor bei jeder Bewegung Blut. Wie alle Barbaren kannte Frehir heilende Kräuter, schmerzlindernde und solche, die die Müdigkeit überspielen halfen, doch sie mussten als Erstes einmal einen geschützten Platz finden, weit weg von den Trollen und diesem Gräuel. Sie erreichten die Lagerstelle, an der die Jäger ihre bescheidenen Habseligkeiten zurückgelassen hatten, sammelten Decken und Proviant ein und tranken gierig aus einem ledernen Schlauch, der so groß wie ein Kuhmagen war; dann kletterten sie auf den oberhalb liegenden Hügel hinauf.
    In der Ferne tauchte ein hell schillernder Streifen am Nachthimmel auf, der aussah wie eine kupferglänzende Zunge und den sie zunächst für den ersten Schimmer des Morgengrauens hielten. Doch das Licht rührte nicht vom anbrechenden Tag. Was die Dunkelheit dort erleuchtete, war schmaler, gewundener als das Gold der frühen Morgenstunden. Es war ein langer Fackelzug, eine unendliche Reihe lohender Flammen, die sich von den Schwarzen Marken herunterbewegten und eine nach der anderen im Wald verschwanden. Eine Armee, ein ganzes Volk, das da schweigend im Gänsemarsch vorrückte.
    »Sind das Trolle?«, wollte Galaad wissen.
    »Die Trolle sehen im Dunkeln, und sie fürchten sich im Übrigen vor dem Feuer«, erwiderte Frehir.
     
    Es waren keine Trolle, und das Entsetzen über das, was sich hinter dieser langsamen Prozession verbarg, vertrieb nach und nach den Schmerz aus dem Bewusstsein des Barbaren. Er verharrte reglos, die Augen weit aufgesperrt und den Körper in Fluchtbereitschaft, so als wolle
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