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Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen

Titel: Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen
Autoren: Jean-Louis Fetjaine
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Wesen, das er so sehnlich erwartet hatte, zunehmend ähnlicher wurde.
     
    Nach menschlicher Rechnung war sie erst vier Jahre alt, doch auf der Feeninsel herrschte ein anderes Zeitmaß, und selbst Uther, ihr eigener Vater, hätte sie vermutlich für fünf Jahre älter gehalten. Sie war wie Merlin selbst, von der Erscheinung her ebenso zart wie eine junge Elfe, allerdings mit einer ungeahnten Kraft gesegnet, die einzig in ihrem Blick zu lesen war. Und wenn sie ihm derart ähnlich war, musste sie Angst haben vor dem Unwetter ...
    Zunächst sah er sie nicht. Der kleine Apfelhain, der ihr als Zuflucht diente, wirkte verlassen, als seien sämtliche Elfen vom Winde davongetragen worden. Er brüllte ihren Namen, doch das von Böen gepeitschte Blätterwerk erstickte seine Schreie, und Morgane antwortete nicht. Dann, in dem Moment, da er aufgeben und zur Königin laufen wollte, um sie um Hilfe anzuflehen, entdeckte er sie endlich.
    Der Schrecken brachte seine Knie noch viel heftiger zum Zittern als der Orkan.
    Das kleine Mädchen war ebenfalls nackt, reglos wie seine Mutter, völlig weiß, hatte die Arme ausgebreitet und den Kopf zurückgelegt und empfing dieselbe Botschaft; dabei lachte sie, ja, sie lachte, als sei diese Apokalypse nur ein Spiel, als spräche der Sturm zu ihr, während er selbst nichts vernahm, erbarmungswürdig und schlotternd und am Boden zerstört. Da krallte er sich erneut am Gras fest, vergrub sein Gesicht in der Wiese und wartete, dass der Orkan sich legen würde.
    Um sie herum verwüstete der Tornado den Saum des großen Waldes. Und ebenfalls um sie herum, oder besser in ihrem Rücken, ganz dicht hinter ihnen, war ein verbissenes Wüten wie von einer toll gewordenen Bestie zu spüren, so dass sie es nicht wagten, einen Blick über die Schulter zu werfen; denn sie hatten Angst, dem heulenden Tod ins Auge zu sehen, der sie in seiner blinden Raserei schnappen könnte. Sie rannten besinnungslos wie Tiere, entsetzlicher Panik preisgegeben. Frehir hatte sei nen Dolch verloren, den Schmerz seiner Verwundungen fühlte er gar nicht mehr, ja selbst die Gegenwart Galaads an seiner Seite hatte er vergessen, und wenn der Junge gestürzt wäre, hätte er ihn wahrscheinlich liegen lassen, dem Wind, den schwarzen Wölfen und den Goblins ausgeliefert; er konnte nur noch fliehen, Hals über Kopf fliehen, weit weg von diesem Horror.
    Plötzlich verfingen sich seine geschnürten Fellstiefel in den Dornenranken, und er schlug der Länge nach auf die Erde. Instinktiv wandte er sich um. Zunächst sah er Galaad überhaupt nicht, ein unscheinbares Geschöpf, das zusammengekauert unter einer wirbelnden Wolke aus Zweigen, Blättern und Erde hockte. Die Wipfel der großen Bäume waren beinahe waagerecht umgebogen, ihre Stämme vibrierten wie die Saiten einer außer Rand und Band geratenen Harfe, am bleigrauen Himmel trieben riesige schwarze Wolken, die wie von Krämpfen gebeutelt peitschende Regenschwaden ausspien, begleitet von einem ohrenbetäubenden Tosen, das einem das Herz stocken ließ und einen lähmte bis ins Mark. Das Tosen war so gewaltig, dass Frehir nicht einmal mehr zu atmen vermochte. Der Barbar stieß einen Schreckensschrei aus, als etwas Großes jäh auf ihn niederfuhr. Es war nur ein Umhang, der grobe wollene Mantel eines Goblins, den der Wind fortgerissen hatte; doch im selben Moment erblickte er keine hundert Klafter entfernt weitere schwarze Flecken, die sich durch das Unwetter bewegten. Es mussten mindestens zwanzig sein, die sich da mit ihren langen Armen an den Bäumen festklammerten, um sich auf diese Weise im Schneckentempo gegen den Orkan vorzuschieben und sich unerbittlich der zerbrechlichen Gestalt Galaads zu nähern, der sich in den Schutz eines Felsens verkrochen hatte. Das Kind war ganz nah. Mit zehn großen Schritten hätte er bei ihm sein und es aufheben können, doch der Orkan drückte ihn auf den Boden und gestattete ihm nicht die geringste Bewegung. Die Dämonen jedoch rückten unvermindert vor, vielleicht weil sie mit ihrem winzigen, ganz vom Hass vereinnahmten Hirn zu einfältig waren, um so etwas wie Furcht zu kennen. Oder, noch schlimmer, weil sie sich daran labten.
    Frehir sah, wie sie auf Galaad zukamen, ihre unförmigen Pranken nach ihm ausstreckten und ihn packten, ohne dass das Kind eine sichtbare Reaktion zeigte. Vermutlich war es ohnmächtig geworden. Zumindest hoffte der Barbar das. Einen Moment lief ein Zögern durch die Reihen der Monster, dann wandten sich ihre garstigen Fratzen
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