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Die Eistoten: Thriller (German Edition)

Die Eistoten: Thriller (German Edition)

Titel: Die Eistoten: Thriller (German Edition)
Autoren: Christian Buder
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Zeit, wenn wir glauben, dass er einen Einzelfall darstellt. Doch dies ist fast nie der Fall. Nicht in meinen Thrillern und auch nicht in der Wirklichkeit.
    Ihre Hauptfigur Alice ist ein sehr besonderer Charakter. Wie kamen Sie auf diese Figur? Gab es Vorbilder?
    Alice ist besonders, weil ihre Entstehung mit der Geburt meiner Tochter einhergeht. Ich glaube nicht, dass man gute Figuren nach Plan konstruieren kann. Über Figuren stolpert man. Ich suche nicht nach ihnen, ich finde sie. Ein elfjähriges Mädchen als Hauptfigur ist ja keine literarische Neuheit. Lewis Carrolls »Alice im Wunderland« hat mich seit meiner Kindheit fasziniert. Ihren Namen verdankt »Alice« in meinem Roman dieser großartigen Vorlage. Die Idee jedoch, ein Kind zur Hauptfigur zu machen, hatte einen anderen Grund. Es sind die Fragen, die Kinder stellen. Fragen, die manchmal von solch banaler Einfachheit sind, dass sie gar nicht mehr in unsere Welt passen. Sie lassen uns plötzlich Dinge sehen, die wir vergessen oder nie gesehen haben. Als ich »Alice« als Figur im Kopf hatte, war sie ungeschliffen. Meine Tochter war noch kaum ein paar Monate alt. Ich dachte mir also: Wie wird sie einmal sein, in ein paar Jahren?Welche Fragen wird sie stellen? Welche Antworten finden? Die Kunst, Fragen zu stellen und vor allem Fragen zu finden, haben Kinder noch ganz natürlich. Philosophen haben eine ähnliche Herangehensweise. Leider verlieren viele im Laufe ihres Studiums die Gabe, einfache Fragen zu stellen, weil sie glauben, wer etwas verstanden hat, der muss sich kompliziert ausdrücken. Alice durchbricht das alles. Sie lässt sich nicht täuschen. Aber Alice geht nicht philosophierend durch die Welt, sie schleudert auch keine Weisheiten um sich, sie sieht die Welt nur mit anderen Augen. So wie das Philosophen (die was taugen) auch tun. Nur haben Philosophen es seltener mit der Aufklärung von Morden zu tun, was eine besondere Leidenschaft Alices ist.
    Unmittelbare Vorbilder habe ich nicht. Am stärksten beeinflusst hat mich sicher Friedrich Dürrenmatt. Fasziniert haben mich auch die Romane von Juan Carlos Somoza und China Miéville. Besonders Somoza und seine verzwickten philosophischen Plots waren Maßstäbe für mich, was man im Roman und besonders im Genre Thriller alles umsetzen kann. Ich denke, dass dieses Genre noch völlig unterschätzt wird, weil man ihm einen reinen Unterhaltungswert zuschreibt.
    Erzählen Sie uns etwas über Ihre Arbeitsweise. Was ist zuerst da – die Figuren oder der Stoff?
    Manchmal die Figur, manchmal eine vage Idee. Doch eine Idee ist noch keine Geschichte, genauso wenig wie eine Figur allein eine Geschichte ausmacht. Im Falle von Alice war die Figur zuerst da.
    Normalerweise skizziere ich Figuren und Plots sehr schnell, manchmal in ein paar Stunden oder Tagen. Ich schreibe sie inNotizhefte, die manchmal so unleserlich sind, dass ich sie selbst nicht mehr entziffern kann. Ich beschreibe die Hefte von beiden Seiten. Meist entwerfe ich mehrere Variationen der Geschichte. Im Laufe dieses Prozesses tauchen viele Figuren und Ideen auf. Die meisten streiche ich wieder. Dann skizziere ich den Plot. Ich lasse ihn ein paar Tage liegen und schreibe den Anfang. Das Ende schreibe ich nur, um eines zu haben. In den seltensten Fällen ist das Ende auch das Ende, das dann stehenbleibt. Die Geschichte erzähle ich selten linear. Also ich beginne manchmal mit der ersten Zeile, springe dann aber in die Mitte und erzähle rückwärts. Dies ist möglich, weil ich die Gesamtstruktur im Kopf habe. Da es mehrere Variationen gibt, gibt es auch mehrere ausgearbeitete Geschichten.
    Wichtig ist am Ende der Streichprozess. Was Dürrenmatt fürs Theater sagte, gilt auch für mich: Was gestrichen ist, fällt nicht durch.
    Die Architektur der Geschichte baue ich so auf, dass der Leser allmählich in das Rätsel eintaucht. Für mich müssen Romane spannend sein. Etwas muss mich darin zum Weiterlesen reizen. Die Spannungsmomente lege ich schon in der Architektur der Geschichte fest. Die Sprache muss ohne Schnörkel sein, aber bildhaft.
    Welche Beziehung haben Sie zu Wittgenstein? Er, der tote Philosoph, ist ja eine sehr lebendige Figur im Roman.
    Wittgensteins Philosophie hat mich anfangs abgestoßen. Zu logisch, zu weltfremd. So als wären alle Probleme nur Probleme in der Sprache. Später in Frankreich entdeckte ich Wittgenstein über den Psychoanalytiker und Philosophen Jacques Lacan neu. Sprache ist nicht nur ein Beiwerk zum realen Leben, sondernaus
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