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Die Eisprinzessin schläft

Die Eisprinzessin schläft

Titel: Die Eisprinzessin schläft
Autoren: Camilla Läckberg
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hinaufgekommen war, traf sie auf den ersten Menschen. Auf diese Begegnung hätte sie gern verzichtet, und instinktiv sah sie sich nach einem Fluchtweg um.
    »Guten Morgen.«
    Elna Perssons Stimme war von einem unverschämt munteren Zwitschern. »Geht hier unsere eigene kleine Schriftstellerin in der Morgensonne spazieren?«
    Erica ächzte stumm. »Ja, ich wollte zu Evas Laden und ein bißchen einkaufen.«
    »Du Ärmste, du mußt ja völlig am Boden zerstört sein nach dem schrecklichen Erlebnis.«
    Elnas Doppelkinn schwabbelte vor Erregung, und Erica fand, daß sie wie ein kleiner fetter Sperling aussah. Der Wollmantel hatte einen Stich ins Grüne, umhüllte Elnas Körper von den Schultern bis zu den Füßen und hinterließ den Eindruck, daß es sich um eine einzige unförmige Masse handelte. In den Händen hielt Elna die Handtasche mit festem Griff. Auf dem Kopf balancierte ein unverhältnismäßig kleiner Hut. Das Material sah aus wie Filz, und wie der Mäntel war der Hut von unbestimmbarer, irgendwie moosgrüner Farbe. Die kleinen Augen lagen tief in eine schützende Fettschicht gebettet. Jetzt blickten sie Erica auffordernd an. Offenbar wurde erwartet, daß sie die Behauptung kommentierte.
    »Ja, sicher, das war nicht besonders schön.«
    Elna nickte verständnisvoll. »Ja, ich bin zufällig Frau Rosengren begegnet, und die hat erzählt, daß sie an Carlgrens Haus vorbeigefahren ist und dich und einen Krankenwagen davor gesehen hat, und wir haben ja sofort begriffen, daß was Schreckliches passiert sein mußte. Und als ich dann am Nachmittag zufällig bei Doktor Jacobsson angerufen habe, erfuhr ich von dem tragischen Ereignis. Ja, natürlich nur ganz im Vertrauen. Ärzte haben ja Schweigepflicht, und so was muß man schließlich respektieren.«
    Sie nickte oberschlau, um zu zeigen, wie sehr sie auf Doktor Jacobssons Schweigepflicht Rücksicht nahm.
    »So eine junge Frau noch und all das. Da fragt man sich doch, was dahintersteckt. Ich persönlich war ja immer der Meinung, daß Alex mächtig überspannt war. Ich kenne ja ihre Mutter Birgit von früher, und die war doch schon immer ein einziges Nervenbündel, und man weiß ja, daß so was erblich ist. Hochnäsig ist sie auch geworden, Birgit meine ich, als Karl-Erik in Göteborg so einen feinen Direktorsposten bekam. Da war Fjällbacka plötzlich nicht mehr gut genug. Nein, es mußte die Großstadt sein. Aber ich sag dir, Geld macht keinen glücklich. Hätte das Mädel hier aufwachsen dürfen, statt mit der Wurzel ausgerissen und in die Großstadt verpflanzt zu werden, dann wäre es sicher nicht dazu gekommen. Ich glaube sogar, man hatte die Ärmste in irgendeine Schule in der Schweiz gesteckt, und wie es an solchen Orten zugeht, das weiß man ja schließlich. Ja, ja, so was hinterläßt Spuren fürs ganze Leben. Bevor sie von hier weggezogen sind, war die Kleine das fröhlichste und munterste Mädel, das es überhaupt gab. Habt ihr nicht als Kinder zusammen gespielt? Ja, ich meine wirklich, daß …«
    Elna fuhr mit ihrem Monolog fort, und Erica, die kein Ende des Ärgernisses absehen konnte, begann fieberhaft nach einem Grund zu suchen, um sich aus dem Gespräch, das immer unangenehmere Formen annahm, zu verabschieden. Als Elna eine Pause einlegte, um nach Luft zu schnappen, sah Erica ihre Chance gekommen.
    »Es war wirklich sehr nett zu reden, aber jetzt muß ich leider gehen. Da ist eine Menge zu erledigen, wie du sicher verstehst.«
    Sie setzte einen äußerst dramatischen Gesichtsausdruck auf und hoffte, Elna auf das verlockende Nebengleis führen zu können.
    »Ja, selbstverständlich, meine Liebe. Ich habe nicht darüber nachgedacht. Das hier muß ja für dich schrecklich schwer sein, so kurz nach eurer eigenen Familientragödie. Entschuldige die Unbedachtsamkeit einer alten Frau.«
    Zu dem Zeitpunkt war Elna von sich selber fast zu Tränen gerührt, und Erica nickte deshalb nur gnädig und verabschiedete sich eilig. Mit einem Seufzer der Erleichterung setzte sie ihren Weg zu Evas Supermarkt fort und hoffte, von weiteren neugierigen Damen verschont zu bleiben.
    Aber das Glück war ihr nicht hold. Unerbittlich wurde sie von der Mehrzahl aufgeregter Fjällbacka-Bewohner in die Mangel genommen, und sie wagte nicht aufzuatmen, bis sie in Reichweite ihres eigenen Zuhauses war. Eine Bemerkung aber, die jemand gemacht hatte, ließ sie nicht mehr los: Alex’ Eltern seien spät am gestrigen Abend im Ort angekommen und wohnten jetzt bei Birgits Schwester.
    Erica
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