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Die Eiskrone

Die Eiskrone

Titel: Die Eiskrone
Autoren: Andre Norton
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berichtest du deinem Sergeanten. Und ich gebe dir noch eine Mitteilung für ihn mit.« Imfry schrieb einige Zeilen, tauchte seine Fingerspitze in die Tinte und siegelte damit die Nachricht neben seiner Unterschrift.
    »Mattine!« rief er. »Bringe diesem Wächter ein frisches Tier!«
    »Sofort, m’ Lord!«
    Als der Mann weggeritten war, starrte Imfry lange ins Feuer. Roane konnte die Stille im Raum nicht länger mehr ertragen, denn ihre Gedanken kreisten immer nur um einen Punkt.
    »Du meinst, du kannst auf anderen Wegen als durch die Tore nach Urkermark gelangen?« fragte sie.
    »Ja. In unserer Geschichte gab es immer Kriege und dynastische Kämpfe, und sie waren oft recht blutig. Und zu wessen Vorteil? Darüber habe ich oft nachgedacht, Roane. Haben diejenigen, die uns diese Kämpfe aufgezwungen haben, jemals etwas von deren Ergebnissen gehört?«
    »Anfangs vielleicht, denn wenn man experimentiert, will man ja auch Resultate sehen. Aber die Psychokraten sind schon sehr lange tot.«
    »Die Maschinen sind erst seit wenigen Tagen tot, und sieh dir jetzt an, was über uns gekommen ist! Ich wüßte gerne, warum einige Menschen mehr davon betroffen sind als andere. Unsere erste Sorge muß aber der Königin gelten. Es ist durchaus möglich, daß sich Reddick jetzt als König aufspielt. Dann gäbe es zwei Möglichkeiten: Entweder ist Ludorica gestorben, als die Krone zerstört wurde, oder sie ist eine Gefangene von Reddicks Intrigen. Wir dürfen aber auf gar keinen Fall zulassen …« Imfrys Gesicht wurde abweisend. Roane wußte, wie stark das Band zwischen ihm und der Königin war. »Wenn also die Königin tot wäre …«
    Sie seufzte. Könnte sie sich jemals wieder frei von Schuld fühlen? Ihr Seufzer schien ihn aus seinen Gedanken zu reißen, und er drehte sich zu ihr um. Sein Gesicht wirkte ein wenig entspannter.
    »Ruhe dich aus, Roane, solange es möglich ist«, riet er ihr und deutete auf die Tür zu einem Nachbarraum. »Wir werden bald keine Zeit mehr dafür haben.«
     
    Es war Morgen, als die Magd die Vorhänge zurückschob, um die blasse Sonne einzulassen. »M’Lady«, berichtete sie knicksend, »der Colonel sagt, Sie müssen sich bald auf den Weg machen. Hier ist heißes Waschwasser, und dort finden Sie Kleider. Sie sind nicht sehr fein, denn ich habe sie selbst genäht, aber der Colonel sagt, sie taugen.«
    »Ich kann dir doch deine Kleider nicht wegnehmen«, widersprach Roane, doch gleichzeitig schreckte sie vor dem Gedanken zurück, wieder in ihre alten verschwitzten Sachen schlüpfen zu müssen.
    »Oh, m’Lady, der Colonel gab mir soviel dafür, daß ich zweimal viel feinere Sachen dafür kaufen kann. Aber diese Kleider sind neu, und es ist auch ein Mantel dabei.«
    Das Wasser war heiß, und die Seife duftete nach Kräutern. Sie zog einen blau-grünen geteilten Reitrock und eine enge Jacke dazu an, die keine Spitzen oder Stickereien aufwies. Der Mantel war grau, blau-grün gefüttert und hatte eine Kapuze, die sie über das Haar zog. Ihr ehemals kurzgestutztes Haar war nun gewachsen und fiel ihr immer wieder ins Gesicht.
    Im anschließenden Raum stellte die Magd eben einen Teller mit Essen auf den Tisch. »Bitte, m’Lady, der Colonel sagt, Sie sollten sich beeilen.«
    »Sicher«, versprach Roane, und das tat sie. Da sie sehr hungrig war, aß sie alles restlos auf.
    Im Gastzimmer nahmen die Männer eben einen Imbiß ein. Die meisten Gesichter waren ihr fremd, aber Mattine hatte schon auf sie gewartet und führte sie zu Imfry hinaus, der kritisch ein Duocorn musterte.
    »Das hier soll ein vernünftiges, ruhiges Tier sein, aber es sieht nicht sehr kräftig aus«, meinte er. »Wir werden es nicht lange brauchen.«
    Die Stute war knochig und mager, hatte gestutzte Hörner und einen dürftigen Schwanz. Sie wieherte auch protestierend, als Imfry Roane in den Sattel hob, aber Roane hielt sich entschlossen an der Mähne fest.
    Sie ritten an der Spitze einer Truppe, die sich im Laufe der vergangenen Nacht noch vergrößert hatte. »Reiten wir nach Urkermark?« fragte Roane.
    »Ja, auf einem Geheimweg«, antwortete Imfry.
    Sie bogen von der Straße ab und folgten einem schmalen Weg. Auch diesen verließen sie und ritten querfeldein über Äcker mit halbreifem Korn und Hecken. Imfry schien den direkten Weg zu seinem Ziel gewählt zu haben.
    Gegen Mittag kamen sie an einen Fluß, dem sie ein ganzes Stück folgten. An einer Brücke mit einem dreieckigen Turm stiegen sie ab. Imfry ging mit Wuldon und zwei Männern
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