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Die Ehre der Königin

Die Ehre der Königin

Titel: Die Ehre der Königin
Autoren: David Weber
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hätte , den Gepflogenheiten ihrer Heimatwelt zu folgen, dann hätte sie jederzeit einen sabbernden männlichen Harem um sich scharen können. Sie war eine zierliche Person, ihre Körpergröße überschritt nur wenig mehr als zwei Drittel der ihrer Tochter, und sie war beinahe reinblütiger, alterden-orientalischer Herkunft. Die starke, wie gemeißelt wirkende Knochenstruktur, die Honor sich stets schlicht und unfertig fühlen ließ, war im Gesicht ihrer Mutter in exotische Schönheit transformiert. Das Prolong-Verfahren hatte ihr biologisches Alter bei nicht mehr als dreißig T-Jahren eingefroren. Es kommt mir so vor , dachte Honor, als wäre sie selbst eine Baumkatze – zierlich, aber stark, grazil und faszinierend, mit einem Anflug von Raubtier. Und die Tatsache, daß sie eine der brillantesten Genchirurginnen des Königreichs war, tat dem Gesamteindruck keinen Abbruch.
    Außerdem machte sie sich, wie Honor wußte, über den Mangel an Sexualität im Leben ihres einzigen Kindes schwere Sorgen. Tatsächlich war Honor selbst manchmal ein wenig besorgt deswegen, aber es war nun einmal so, daß sie nicht sehr viele Gelegenheiten erhielt. Es war undenkbar, daß die Kommandantin (oder der Kommandant) eines Sternenschiffs mit einem Besatzungsmitglied anbandelte, auch wenn das Verlangen danach noch so groß sein mochte; gerade darin aber war Honor sich gar nicht so sicher. Sie hatte zwar einen äußerst unangenehmen Zwischenfall auf der Akademie und eine pubertäre Verwirrung erlebt, die sich in bedrückende Unglücklichkeit aufgelöst hatte, aber ihre sexuelle Erfahrung war so gut wie Null, weil sie nie einen Mann getroffen hatte, mit dem sie sich einlassen wollte.
    Für Frauen interessierte sie sich erst recht nicht; sie schien an niemandem besonders interessiert zu sein – was ihr ganz recht war. So wurden berufliche Verwicklungen aller Art elegant umschifft – und außerdem bezweifelte sie, daß ein übergroßes Pferd wie sie überhaupt irgendwelches Gegeninteresse hervorrufen konnte. Diese Vorstellung ärgerte sie ein wenig. Nein , dachte sie, sei ehrlich – es ärgert dich gewaltig, und manchmal ist Mutters Vorstellung von Humor alles andere als witzig. Doch heute war es nicht so, und sie erstaunte beide Elternteile, indem sie ihre Mutter umarmte und in einer raren öffentlichen Zurschaustellung von Zuneigung an sich drückte.
    »Versuchst du, mich zu bestechen, damit ich nett bin?« fragte Dr. Harrington neckisch, und Honor schüttelte den Kopf.
    »Ich versuche nie, etwas Unmögliches zu tun, Mutter.«
    »Eins zu null für dich, Kind«, stellte Honors Vater fest und reichte seiner Frau die Hand. »Komm schon, Alley. Honor sollte ein wenig umhergehen und mit anderen Leuten reden – du kannst sicher noch jemand anderem das Leben zur Hölle machen.«
    »Ihr Navyvolk könnt einem wirklich auf die … Nerven gehen«, antwortete Allison mit einem betont schalkerfüllten Blick auf ihre Tochter. Honor sah ihren Eltern liebevoll nach, als sie in der Menschenmenge verschwanden. Sie bekam die beiden seltener zu Gesicht, als ihr lieb war. Das war einer der Gründe, warum sie so froh gewesen war, daß man die Fearless zur Umrüstung nach Vulcan und nicht nach Hephaistos geschickt hatte. Vulcan umkreiste Honors Heimatwelt Sphinx, die zehn Lichtminuten weiter systemauswärts war als die Hauptwelt Manticore. Honor hatte ohne Scham die Gelegenheit ergriffen, viel Zeit zu Hause zu verbringen und sich von ihrem Vater bekochen zu lassen.
    Doch Alfred Harrington hatte recht mit dem, was er über ihre Pflichten als Gastgeberin gesagt hatte, und Honor nahm die Schultern zurück und mischte sich wieder unter die Feiernden.
     
    Ein Lächeln, das geradezu Besitzerstolz verriet, krümmte die Lippen von Admiral der Grünen Flagge Raoul Courvosier, als er zusah, wie Captain Harrington sich selbstbewußt unter ihre Gäste mischte. Das Bild von Ms. Midshipman Honor Harrington, eines schlaksigen Mädchens, das nur aus Knien und Ellbogen und einem kantigen, scharfgeschnittenen Gesicht zu bestehen schien, trat ihm vor Augen. 16 manticoranische Jahre – über 27 T-Jahre – zuvor hatte er Honor kennengelernt: absolut hingebungsvoll, schüchtern bis an die Grenze zur Stummheit und dazu entschlossen, es sich nicht anmerken zu lassen; in Angst und Schrecken vor Mathematikkursen und vielleicht eine der brillantesten intuitiven Schiffsführerinnen und Taktikerinnen, der er jemals begegnet war. Vielleicht auch eine der frustrierendsten. Sie hatte
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