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Die Druidengöttin

Die Druidengöttin

Titel: Die Druidengöttin
Autoren: Patricia Grasso
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ihr.
    »Nach meinem Tod gehört diese goldene Sichel dir«, sagte Megan. Dann nahm sie das einzige Schmuckstück ab, das sie je getragen hatte, und gab es ihrer Tochter.
    Ein Drachenanhänger, der an einer schweren Goldkette hing. Leuchtende Saphire und Smaragde inmitten funkelnder und glitzernder Diamanten bildeten den Kopf eines Drachen, aus dessen Rachen ein glühend roter Rubin Feuer zu speien schien.
    »Nimm diesen Anhänger nie ab. Der Zauber seiner Liebe wird dich schützen«, erklärte Megan. »Dein leiblicher Vater trägt den Rumpf des Drachen.«
    Keely legte die Kette an und berührte den Drachen, der auf ihrer Brust lag. »Kannst du mir sagen, wie er heißt?«
    »Seine Name ist Robert Talbot.«
    Ein strahlendes Lächeln erhellte Keelys Gesicht. So lange hatte sie darauf gewartet, den Namen ihres Vaters zu erfahren, und nun endlich kannte sie ihn.
    »Wandle unter den Mächtigen, doch das Glück wirst du finden, wo die Birke, die Eibe und die Eiche zusammenstehen«, legte Megan ihr dar. »Schenke dem König mit der Flammenkrone und der goldenen Hand dein Vertrauen. Und hüte dich vor dem dunklen Schmied.«
    Ein kalter Schauer lief Keely den Rücken hinunter. »Dem dunklen Schmied?«
    »Wende dich an deinen Vater, wenn Madoc dich aus dem Haus weist«, fuhr Megan fort.
    »So lange Rhys lebt, wird das nicht geschehen«, versicherte Keely ihr. Sie wollte nicht, daß ihre Mutter sich so kurz vor ihrem Tod noch Sorgen um sie machte.
    »Obwohl er dich wie eine Schwester liebt, ist Rhys nur dein Stiefbruder und muß Madoc gehorchen, will er sein Erbe nicht verlieren«, widersprach Megan ihr. »Ich weiß über diese Dinge Bescheid, denn ich habe sie selbst erlebt. Versprich mir, daß du zu deinem Vater gehst.«
    »Ich schwöre es.« Keely küßte ihre Mutter sanft auf die Wange. »Wo finde ich diesen Robert Talbot?«
    Ein Lächeln glitt über die Züge der Sterbenden. »Robert Talbot ist der Herzog von Ludlow.«
    Das Blut wich aus Keelys Gesicht. »Der englische Herzog von Ludlow?«
    Megan lächelte nur.
    »Ich bin ein verdammter Engländer?« konnte Keely nicht an sich halten.
    »Engländerin«, berichtigte Megan sie und drückte ihr kurz die Hand.
    Aufgewühlt von dieser schier unglaublichen Enthüllung ihrer Mutter, starrte Keely ins Leere. Man hatte sie dazu erzogen, alles Englische zu verachten, dabei floß dieses schändliche Blut in ihren eigenen Adern! Wohin gehörte sie? Hierher, nach Wales, wo sie geboren war? Oder nach England, dem Land des Feindes? Oder nirgendwohin?
    »Unterrichte deine Kinder, so wie ich dich unterwiesen habe«, riß Megan sie aus ihren Gedanken.
    Ertappt wandte Keely sich wieder ganz ihrer Mutter zu. Wie schrecklich selbstsüchtig von ihr, nur an sich selbst zu denken, während ihre Mutter im Sterben lag. Typisch englisch.
    »An Samhuinn werde ich wieder bei dir sein«, versprach Megan. »Gib mir die Hand.«
    Sie malte mit ihrem Finger einen Kreis in Keelys Hand. »Denke daran, Kind, das Leben ist ein Kreis ohne Anfang und Ende. Du wirst geboren, du lebst dein Leben und du stirbst.«
    Ein zweites Mal beschrieb Megan mit ihrem Finger einen Kreis in Keelys Hand, und in einer sanften, singenden Stimme erklärte sie ihr: »Du wirst geboren als Kind, wirst eine junge Frau und schließlich eine alte Frau ... und stirbst.«
    Und ein drittes Mal zeichnete Megan einen Kreis in die Hand ihrer Tochter. »Du wirst geboren, wächst heran, stirbst. Und wirst wiedergeboren.«
    Keely spürte, wie die Finger, die ihre Hand umfangen hielten, erschlafften und nach unten sanken. Sie blickte in das Gesicht ihrer Mutter, sah den heiteren Ausdruck darin und wußte, daß ihre Mutter das Große Abenteuer angetreten hatte.
    Ergeben küßte Keely ihrer Mutter die Hand. Dann beugte sie sich vornüber, verbarg das Gesicht an der Brust der Toten und weinte hemmungslos.
    Es dauerte, bis ihr Schluchzen sich beruhigte und schließlich erstarb. Erschöpft suchte sie Halt bei ihrer Mutter.
    Was sollte nun aus ihr werden? fragte sich Keely. Sie hatte nicht nur ihre Mutter verloren, sondern auch ihr Zuhause. Obwohl sie ihr ganzes Leben auf der Burg ihres Stiefvaters verbracht hatte, wußte Keely, daß sie keine Lloyd war und daß sie nicht wirklich hierhergehörte. Nun war sie allein auf der Welt.
    Oder vielleicht auch nicht. Ihr Stiefbruder Rhys liebte sie wie eine Schwester, und auch ihre Cousins Odo und Hew waren ihr herzlich zugetan. Und da gab es nun diesen Robert Talbot, der Mann, der ihr Vater war.
    Erschöpft
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