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Die Druidengöttin

Die Druidengöttin

Titel: Die Druidengöttin
Autoren: Patricia Grasso
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erhellten großen Saal. Ihr einfacher Holzsarg ruhte auf ein paar Balken. Wie sie dalag in ihrem weißen Kleid, schien sie zu schlafen.
    Keely betrat den beinahe menschenleeren Saal. Sie trug ihr ebenholzschwarzes Haar, das ihr bis an die Hüfte reichte, offen. Sie hatte ihre eigene weiße Zeremonienrobe angezogen, und der Drachenanhänger funkelte auf ihrer Brust. In den Händen hielt sie einen frischen Strauß Eichenblätter und Mistelzweige.
    Odo und Hew warteten neben der Bahre auf sie.
    »Habt ihr euch um das Grab gekümmert?« flüsterte Keely ihnen zu.
    »Ist an der Stelle ausgehoben, die du haben wolltest«, antwortete Odo.
    »Und das Kreuz?«
    »Wie du es angeordnet hast«, erklärte Hew.
    Keely nickte zufrieden und legte ihrer Mutter den Strauß auf die Brust. Dann nahm sie auf der Holzbank neben der Bahre Platz.
    Odo und Hew setzten sich neben sie, der eine zu ihrer Linken, der andere zu ihrer Rechten. Die treue Haylan betrat den Saal, sie brachte ihren eigenen Hocker mit und gesellte sich schweigend zu ihnen. Schließlich erschien Madoc. Er setzte sich auf die Bank neben Odo.
    »Mit der Totenwache verliert man eine ganze Nacht guten Schlafs«, beschwerte er sich.
    »Das ist das mindeste, was du für eine liebende Ehefrau tun kannst, die ihr Leben gab, um dir einen zweiten Sohn zu schenken«, entgegnete ihm Keely.
    »Megan war nie eine liebende Ehefrau«, murrte der Baron bitter. »Ihr Herz gehörte stets ihm, nie mir.«
    Keely erstarrte. Er redete von ihrem Vater. Hatte Madoc ihn gekannt? Keely wollte gerade ihren Stiefvater danach fragen, als sie spürte, wie ihre Cousins nach ihren Unterarmen griffen, damit sie ihre Zunge in Zaum halte.
    Eine Stunde verstrich, und eine weitere verging.
    »Ich habe Durst«, brach Madoc die Stille und erhob sich von der Bank. »Ich brauche eine Stärkung. Bin gleich zurück.«
    Er verließ den Saal und ließ sich nicht mehr blicken. Vater Bundles tauchte kurz vor Anbruch der Dämmerung in dem mittlerweile überfüllten Saal auf. Während er sich seinen Weg durch die dicht gedrängt stehenden Clans- und Gefolgsleute bahnte, brummte der alte Priester etwas in seinen Bart über diese unchristlich frühe Stunde. Einen Toten mitten in der Nacht zu begraben sei barbarisch, dachte er. Und zwar bevor sein Blick auf Keely fiel.
    In ihrem langen, fließenden weißen Kleid sah Keely aus wie eine heidnische Prinzessin. Um den Hals trug sie einen aus Eichenblättern und Mistelzweigen gewundenen Kranz.
    »Schande über dich, daß du das zu Megans Beerdigung trägst«, schalt Vater Bundles sie aus. »Das mußt du beichten, noch bevor die Sonne untergeht.«
    Keelys Gesichtsausdruck verdüsterte sich, und sie zog eine Augenbraue hoch. »Ich ehre das Andenken meiner Mutter, Vater Bundles. Wenn Ihr Eure Zeit mit Predigen verschwenden wollt, verzichten wir auf die Totenmesse. Es ist Eure Entscheidung.«
    »Das ist Gotteslästerung«, stieß Vater Bundles hervor. Er ließ den Blick über die versammelte Menschenmenge schweifen. »Wo sind Baron Lloyd und Rhys?«
    »Der Baron schläft, er scheint etwas zuviel getrunken zu haben«, erklärte ihm Keely, »und mein Bruder hat beide Hände voll zu tun, bei den Engländern zu plündern.«
    »Eine widernatürliche Familie«, knurrte der alte Priester.
    »Diese Menschen hier sind Freunde, die gekommen sind, um Megan zu beerdigen«, unterbrach ihn Keely. »Bitte beginnt mit der Totenmesse.«
    Mit Odo und Hew hinter ihm, die den Sarg trugen, führte Vater Bundles den Leichenzug vom großen Saal zur Kapelle. Hinter dem Sarg ging Keely, die übrigen Trauergäste folgten ihr.
    Der alte Priester wollte gerade mit der Predigt beginnen, als Keely ihm zurief: »Feiert die kurze Messe, Vater. Megan wollte in der Morgendämmerung beerdigt werden.«
    Der Ausdruck auf Vater Bundles Gesicht zeigte Megan deutlich, daß Madoc von dieser Blasphemie erfahren würde. Die kurze Messe dauerte genau zwanzig Minuten.
    »Megan wird nicht in der Gruft der Lloyds ihre letzte Ruhe finden«, verkündete Keely. »Meine Mutter wünschte, bis in alle Ewigkeit die aufgehende Sonne auf ihrem Grab zu spüren.«
    Vater Bundles schien jeden Augenblick in die Luft zu gehen, aber er schluckte seine Ärger hinunter. Schließlich war es eine furchtbare Sünde, seine Wut im Hause Gottes zu zeigen.
    Keely zog sich die Kapuze über ihr ebenholzschwarzes Haar und führte die sonderbare Prozession aus der Kapelle hinaus. Odo und Hew trugen wiederum den Sarg. Hinter ihnen schritt Vater Bundles,
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