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Die drei Musketiere 2

Die drei Musketiere 2

Titel: Die drei Musketiere 2
Autoren: Alexandre Dumas
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durchaus nichts Einladendes. Er fand einen übelriechenden schwarzen Gang, eine
    schlechtbeleuchtete Treppe mit einem Fenster, durch dessen eiserne Stangen das graue Licht eines benachbarten Hofes nur mühsam eindrang. Imersten Stock kam er vor eine niedere und mit ungeheuren Nägeln beschlagene Tür. Porthos klopfte mit dem Finger an. Ein großer, bleicher und von einem Wald struppiger Haare überdachter Schreiber öffnete.

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    Der Prokurator war ohne Zweifel von seinem Besuch in Kenntnis gesetzt worden, denn er zeigte nicht das geringste Erstaunen, als Porthos erschien, der sich ihm mit der ungezwungensten Miene näherte und ihn höflich begrüßte.
    »Wir sind Vettern, wie es scheint, Monsieur Porthos?« sagte der Prokurator und stand, sich mit den Armen stützend, von seinem Rollstuhl auf.
    Der Greis war in ein großes schwarzes Wams gehüllt, in dem sich ein schmächtiger Körper verlor, und sah gelb und vertrocknet aus.
    »Ja, wir sind Vettern«, sagte Porthos, der nie auf eine begeisterte Aufnahme seitens des Gatten gerechnet hatte.
    »Durch die Frauen, glaube ich«, sagte der Prokurator anzüglich. Porthos fühlte diesen Spott nicht und hielt ihn für Naivität, Madame Coquenard lächelte ein wenig und errötete stark.
    Monsieur Coquenard hatte seit Porthos’ Ankunft seine Augen unruhig auf einen großen, seinem eigenen Schreibtisch gegenüberstehenden Schrank geworfen. Porthos erkannte sofort, daß dieser Schrank, obgleich er seiner Form nach durchaus nicht der Kiste seiner Träume entsprach, das glückselige Möbel sein mußte, und er wünschte sich Glück dazu, daß die Wirklichkeit sechs Fuß höher war als seine Träume.
    Bald schlug die Mittagsstunde und man ging in das
    Speisezimmer, eine große dunkle Stube der Küche gegenüber.
    Monsieur Coquenard wurde auf seinem Rollstuhl von
    Madame Coquenard hereingeschoben, die Porthos
    zuvorkommend im Rollen unterstützte. Kaum war der
    Prokurator im Zimmer, als er Nase und Kinnbacken nach dem Beispiel seines Schreibers in Bewegung setzte.
    »Oh! Oh!« sagte er, »das ist eine einladende Suppe.«
    »Was zum Teufel riechen sie denn Außerordentliches in dieser Suppe?« sagte Porthos zu sich selbst beim Anblick einer 24
    blassen, weißlichen, aber ganz blinden Fleischbrühe, auf der einige seltene Krusten, wie die Inseln eines Archipels, schwammen.
    Madame Coquenard lächelte, und auf ein Zeichen von ihr beeilten sich alle, Platz zu nehmen.
    Monsieur Coquenard wurde zuerst bedient, dann Porthos, hierauf füllte Madame Coquenard ihren Teller und teilte dann die Krusten ohne Fleischbrühe unter die ungeduldigen Schreiber aus.
    Nach der Suppe brachte die Magd eine gekochte Henne, bei dessen Anblick die Gäste ihre Augen so weit aufrissen, daß man glaubte, sie wollten das Tier damit verschlingen.
    »Man sieht, Ihr liebt Eure Familie, Madame Coquenard«, sagte der Prokurator mit einem beinahe tragischen Lächeln, »das ist offenbar eine Galanterie, die Ihr Eurem Vetter erweist.«
    Die arme Henne war alt und mager und mit einer von den dicken, rauhen Häuten bedeckt, durch die die Knochen mit aller Anstrengung nicht zu dringen vermögen. Sicher hatte man sie lange suchen müssen, ehe man sie auf der Aufsitzstange fand, auf die sie sich zurückgezogen hatte, um an Altersschwäche einzugehen.
    »Zum Teufel!« dachte Porthos, »das ist doch sehr traurig. Ich ehre das Alter, aber ich schätze es wenig, wenn es gekocht oder gebraten ist.«
    Madame Coquenard teilte dieses Gericht mit der Mäßigung einer guten Hausfrau aus.
    Nun kam die Reihe an den Wein; Monsieur Coquenard
    schenkte aus einem mageren Weinkrug jedem das Drittel eines Glases ein.
    Porthos verspeiste schüchtern seinen Flügel. Er trank auch ein halbes Glas von diesem so spärlich zugemessenen Wein und erkannte ihn als einen Montreuil. Meister Coquenard sah ihn den Wein ungemischt trinken und stieß einen Seufzer aus.

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    »Eßt Ihr vielleicht von diesen Bohnen, mein Vetter Porthos?«
    sagte Madame Coquenard in einem Ton, der sagen wollte: »Laßt Euch raten und eßt nicht davon.«
    »Ich danke meiner Base«, erwiderte er, »ich habe keinen Hunger mehr.«
    Madame Coquenard erhob sich nach dem Weggang der
    Schreiber und holte aus einem Speiseschrank ein Stück Käse, eingemachte Quitten und einen Kuchen, den sie aus Mandeln und Honig selbst verfertigt hatte.
    Monsieur Coquenard runzelte die Stirn, als er so viele Gerichte erblickte.
    »Ein Festmahl, ganz entschieden!« rief er, ungeduldig sich auf seinem
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