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Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition)

Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition)

Titel: Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition)
Autoren: Stefan Bolz
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Logik dieser Argumentation konnte Joshua kaum bestreiten. „Du könntest mich auch nur am Leben lassen, bis du den Fuchs gefressen hast“, dachte er und sah den Wolf dabei direkt an.
    „Du machst im Moment ziemlich wenig Sinn“, gab der Wolf zurück. „Aber du stehst wahrscheinlich auch noch unter Schock, also nehme ich das nicht persönlich.“
    „Danke.“ Joshua war sich selbst nicht sicher, ob das ironisch gewesen war oder ob er es wirklich so meinte. Er war dankbar, daran gab es keinen Zweifel. Vor wenigen Momenten war er sich seines Todes sicher gewesen. Nun war er... in Sicherheit? Er konnte sich nicht erinnern, wann er sich das letzte Mal so gefühlt hatte. Er hatte vage Erinnerungen an einen warmen Stall und die Nähe der Hennen neben sich, als er noch sehr jung gewesen war. Doch seit er erwachsen war... Ihm wurde in diesem Moment bewusst, wie wenig sicher er sich gefühlt hatte. Bis jetzt. Er saß diesem Angst einflößenden, blauäugigen, riesigen Wolf gegenüber, der ihm, ohne mit der Wimper zu zucken, das Genick brechen konnte, und er fühlte sich sicher?
    Obwohl es unvernünftig schien, beschloss Joshua kurzerhand, seinem Gefühl zu trauen, ihm zu folgen, es anzunehmen. Vertrauen. Leg dein Leben in die Hände eines anderen. Vertrauen... Kurz bevor er das Gefühl wieder zu verlieren drohte, der Angst erneut nachgeben wollte, erhob sich der Wolf. „Es gibt einen kleinen Bach, der fast vollständig unter der Erde verläuft, aber ich habe eine Stelle gesehen, an der er an die Oberfläche kommt. Wir sollten es schaffen, bevor die Nacht hereinbricht.“
    Und damit war alles gesagt. Der Wolf ging voraus, drückte das Gras hinunter und machte es Joshua leichter, voranzukommen. Joshua folgte ihm. Wohin, wusste er nicht. Zuerst musste er an Wasser kommen und dann würde er weitersehen. Ein Krallenschritt nach dem anderen.

 
     
     
    *  *  *
     
    „Grau.“
    „Wie bitte?“
    „Mein Name ist Grau, falls du das wissen wolltest.“
    Joshua hatte sich tatsächlich gerade gefragt, wie der Wolf wohl hieß. Er war noch immer nicht an die direkte Kommunikation gewöhnt, die zwischen ihm und dem Wolf ablief. Mit den Hennen im Pferch hatte er mehr indirekt gesprochen; die Barriere zwischen ihnen war höher gewesen, als ob es zuerst eine Mauer zu durchdringen galt. Mit dem Wolf schien es so einfach zu sein.
    Einem Vorschlag des Wolfes folgend waren sie gerade dabei, einen ziemlich hohen Hügel hinaufzuklettern. Moosige Felsen und die langen Schatten der Zwergkiefern riefen ein unheimliches Gefühl hervor. Der Wolf schien das nicht zu bemerken. Die Nase nah am Boden führte er sie durch den Wald. Manchmal unterbrach er sich dabei, stellte die Ohren auf und lauschte aufmerksam.
    „Nicht weit von hier, auf der anderen Seite, ist eine kleine Höhle, wo wir die Nacht verbringen können“, dachte er zu Joshua, und in seinen Gedanken erschien das Bild einer kleinen Höhle. Leichter Schneefall hatte eingesetzt und Joshua war froh, als sie ankamen. Die Höhle war kaum mehr als ein überstehender Fels, aber sie war groß genug für sie beide und ein kleiner Baum wuchs darunter. Joshua hüpfte auf einen der unteren Äste.
    „Ich bin gleich zurück“, dachte der Wolf. „Hier ist ein Kaninchenbau gleich in der Nähe.“ Und weg war er. Fünf Minuten später kam er mit zwei Kaninchen im Maul zurück. Er betrat die Höhle, legte sich hin und begann mit sichtlichem Appetit zu fressen. Joshua sah von seinem Ast aus zu und fühlte sich ein wenig unbehaglich.
    „Ich lass dir etwas übrig, wenn du magst“, erreichten ihn Graus Gedanken.
    „Nein. Danke. Mir... geht’s gut.“
    „Es gab Kaninchen auf deinem Bauernhof?“
    „Ja. Woher weißt du das?“
    „Wenn du nicht willst, dass jeder um dich herum weiß, was du gerade denkst, wirst du lernen müssen, deine Gedanken besser zu schützen.“
    „Ich wusste nicht...“
    „Ich kann sehr genau sehen, was du denkst. Und die Antwort ist: Nein. Ich würde dich nicht fressen, selbst wenn ich sehr hungrig wäre.“
    „Das freut mich“, gab Joshua zurück, dem bei diesem Thema immer noch nicht ganz wohl war.
    „Es gab ungefähr zwei Dutzend Kaninchen“, fuhr er fort. „Jeden Sonntag wurde eines geholt. Manchmal überlegte ich, ob ich wohl als nächstes dran wäre. Ich habe ja keine Eier gelegt oder irgendwelche anderen wichtigen Funktionen erfüllt.“
    „Du hast auf die Hennen und Küken aufgepasst. Du hast ihnen Sicherheit gegeben. Das ist eine Funktion.“
    Joshua ließ
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