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Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes

Titel: Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
Autoren: Licia Troisi
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wanderte unablässig zwischen dem Mädchen und der Zauberin hin und her, und Nihal hatte ihr Gesicht fast in die Schüssel getaucht.
    Erst als sie fertig gegessen hatten, schien sich die Atmosphäre ein wenig aufzulockern. Soana hatte wohl gemerkt, dass Sennars Gegenwart ihren Gast mächtig in Verlegenheit brachte, und so schickte sie ihn hinaus mit der Empfehlung, draußen weiter an einem Zauber zu üben. Doch auch als sie sich nun zu zweit an den Tischenden gegenüber saßen, fühlte Nihal sich immer noch so unwohl in ihrer Haut, dass sie am liebsten im Erdboden versunken wäre. Während die Stille des frühen Nachmittags den Raum erfüllte, begann die Zauberin, ihr Fragen zu stellen. Mit einem Male schien sie aufrichtig an der Nichte interessiert und hörte ihr aufmerksam zu.
    Nihal hielt dies für den richtigen Moment, endlich mehr über ihre Mutter zu erfahren. »Kannst du mir etwas über meine Mutter erzählen?«, bat sie.
    »Was soll ich dir da erzählen? Sie war ja nur so kurz bei uns ...«
    »Vater erwähnt sie nie.«
    Soana ging nicht darauf ein. Alle waren so kurz angebunden, wenn das Gespräch auf ihre Mutter kam. Wieso bloß?
    »Mir würde es ja schon genügen, zu erfahren, wie sie aussah. Schließlich scheine ich viel mehr von ihr geerbt zu haben als von Vater.«
    »Nun, sie war damals eben sehr jung, jünger noch als dein Vater. Und sie war schön, auffallend schön.« Soana sprach, ohne das Mädchen anzuschauen, den Blick hinaus auf den Wald gerichtet. »Sie starb, als du erst wenige Tage alt warst.«
    »Und diese Haare? Diese Augen? Diese komischen spitzen Ohren? «
    »Personen mit diesen Merkmalen, so wie du und deine Mutter, kommen nur ganz, ganz selten zur Welt. Eine in tausend Jahren, sagt man. Du kannst stolz darauf sein.« Soana lächelte, und das Mädchen erwiderte das Lächeln.
    Später unterhielten sie sich über Soanas und Livons Kindheit in Salazar, und Nihal amüsierte sich prächtig dabei. Zwar verhielt sich die Zauberin zurückhaltend und war bedacht, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten, doch immer wieder zeichneten sich auch Zärtlichkeit oder Heiterkeit in ihrer Miene ab. In diesen Momenten konnte Nihal erkennen, wie sehr sie doch ihrem Bruder ähnelte.
    Es dunkelte bereits, als Sennar wieder zu ihnen stieß. Nihal und Soana hatten gemeinsam das Abendessen zubereitet. Es war schon eigenartig. Ging es darum, ein Schwert zu führen, tat es ihr niemand gleich, doch in der Küche hatte Nihal zwei linke Hände.
    Beim Essen war dann von der freundschaftlichen Atmosphäre, die zwischen Tante und Nichte entstanden war, nicht mehr viel zu spüren: In einem fort unterhielten sich Soana und Sennar über die verschiedensten Zauberkünste, und bald schon begann sich Nihal zu langweilen. Anscheinend war Soana nur selten bereit, etwas von ihrem Innersten durchscheinen zu lassen.
    Als es Zeit wurde, sich zur Ruhe zu legen, kam es zur Tragödie:
    »Du wirst das Zimmer mit Sennar teilen«, erklärte Soana. »Er ist so freundlich, dir sein Bett zu überlassen und auf dem Fußboden zu schlafen.«
    Nihal lief rot an. »Nein, ich schlafe allein!«
    »Keine Angst, ich beiße nicht ...«, rief Sennar munter, während er schon die Decken für sein Lager herbeischleppte.
    »Gute Nacht, Nihal. Gute Nacht, Sennar.«
    Soana zog sich in ihre Kammer zurück. Die Angelegenheit war damit für sie erledigt. Mit finsterer Miene setzte sich Nihal auf Sennars Bett.
    »Willst du dich umziehen? Soll ich hinausgehen?«, fragte er.
    Nihal funkelte ihn böse an. »Nein, ich schlafe in meinen Kleidern.«
    »Nun, ich nicht. Würde es dir etwas ausmachen, dich umzudrehen?«
    Das ließ sich das Mädchen nicht zweimal sagen, und so tief, wie es nur ging, vergrub sie ihr Gesicht im Kopfkissen. »Fertig.«
    Als sie den Kopf hob, lag Sennar unter einigen dicken Decken auf dem Fußboden. In der Mitte des Schlafzimmers brannte ein blaues Feuerchen, das den Raum angenehm erhellte. Nihal konnte nicht anders, als voller Bewunderung diesen Zauber zu betrachten.
    »Hoffentlich stört es dich nicht.«
    Keine Antwort.
    »Gut, dann lasse ich es brennen. Gute Nacht.«
    Sennar schwieg eine Weile, aber schließlich konnte er sich doch nicht zurückhalten: »Pass auf, ich weiß, dass du mich verabscheust. Du hast mir nur die Hand gegeben, weil es Soana so wollte. Dennoch bin ich überrascht von dir: Ich dachte, du würdest mich eher verprügeln wollen, um dir deinen Dolch zurückzuholen. Dass du dich mit Magie beschäftigen willst, hätte ich
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