Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes

Titel: Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
Autoren: Licia Troisi
Vom Netzwerk:
diesem Haus, wie willst du da verstehen, was mich umtreibt, was in der Welt geschieht, wie Kriege geführt werden?«
    »Ach so!«, schrie Eleusi. »Für dich bin ich also nur eine dumme Bäuerin, der man nichts erzählen kann, weil sie ohnehin nichts versteht. Aber was die Watte betrifft, in die deiner Meinung nach mein Haus gepackt ist, so scheinst du dich so unwohl nicht darin gefühlt zu haben. Schließlich hast du dich hier häuslich niedergelassen!« Nihal griff zu ihrem Umhang und ging hinaus. In dieser Nacht schlief sie im Kornspeicher.
    Einige Tage lang war es, als sei die Zeit stehen geblieben.
    Das kleine gelbe Haus schien wie in einer Glaskugel ein geschlossen, und die Stunden verrannen in einer unnatürlichen Ruhe. Alle warteten, dass etwas geschah:
    Jona, dass er verstand, warum plötzlich alles so anders war.
    Eleusi, dass sie herausbekam, wie ihre Worte auf die Freundin gewirkt hatten. Und Nihal auf eine Antwort. So wie vielleicht immer schon in ihrem Leben. Eine Antwort darauf, wer sie war. Warum sie überlebt hatte. Welche Aufgabe ihr in dieser Welt zukam. All das fragte sie sich schon seit Ewigkeiten. Aber ob es überhaupt eine Antwort darauf gab?
    Sie hatten schon seit einer Weile fertig zu Abend gegessen: Jona lag im Bett, und seine regelmäßigen Atemzüge untermalten die Stille im Haus.
    Nihal war draußen, und vom Fenster aus sah Eleusi ihren gebeugten Rücken. Die Frau trat in die Eiseskälte des Abends hinaus. Nihal trug nun wieder ihre Kampfmontur. In der Hand hielt sie ihr Schwert, und blaue Haarbüschel lagen im Schnee.
    »Wolltest du sie nicht wachsen lassen?«, fragte Eleusi.
    Nihal ließ das Schwert sinken und blickte die Frau an. »Weißt du, früher hatte ich einmal sehr langes Haar. In der Nacht vor meiner ersten Schlacht habe ich es mir abgeschnitten.«
    Eleusi weigerte sich zu verstehen. »Was soll das heißen? Was willst du mir damit sagen?«
    Nihal lächelte sie sanft an. »Du weißt es doch auch, Eleusi. Ich kann hier nicht länger bleiben. Ich muss wieder in mein eigentliches Leben zurückkehren.«
    Eleusi versuchte, mit Wut ihre Tränen zurückzuhalten, und erhob ihre Stimme: »Was soll das? Geht's dir denn nicht gut bei uns? Oder ist es wegen der Leute im Dorf? Du wirst sehen, sie werden sich an dich gewöhnen, das braucht nur Zeit. Du bist für dieses Leben hier geschaffen. Du kannst uns nicht verlassen!«
    Nihal hatte nicht aufgehört zu lächeln. Jetzt hob sie das Schwert und betrachtete es, wie es im Mondlicht funkelte. »Weißt du, Eleusi, als ich dieses Schwert vor ein paar Tagen wieder zur Hand nahm, hat es zu mir gesprochen. Es forderte mich auf, ihm zu folgen und mich ihm anzuvertrauen, denn mein Schicksal liege in ihm. Kämpfen ist das Einzige, was ich beherrsche.« Nihal hielt einen Moment inne. »Und das Einzige, was mir wirklich Spaß macht.«
    Die Frau schwieg. So war es nun tatsächlich aus. Nihal hatte sich schon weit von ihr entfernt, gehörte nicht mehr zu ihnen.
    »Ich werde dich sehr vermissen. Du hast mir so viel gegeben«, sagte Nihal, indem sie sich zu ihr umdrehte.
    Eleusi blickte immer noch zu Boden. Ihre Tränen bohrten sich in den unberührten Schnee. »Du hast mich glauben lassen, dass meine Einsamkeit beendet sei. Dass du bei uns bleiben würdest. Bei Jona und mir. Und nun, da du uns nicht mehr brauchst, gehst du einfach deiner Wege.«
    »Ich habe dir nie versprochen, dass ich für immer bleiben würde«, antwortete Nihal leise.
    »Aber du hast es mich auf tausenderlei Weise glauben lassen. Aber tu, was du willst, geh nur, geh und töte, geh und stirb, wenn es das ist, wonach es dich verlangt!« Eleusi stand auf und lief ins Haus.
    Noch lange hörte Nihal ihre Schluchzer durch die Hauswand.
    Kurz vor dem Morgengrauen war sie fertig zum Aufbruch. Das Pferd war gesattelt, ihre Habe zusammengepackt. Sie stieg in das Kämmerchen hinauf, in dem Jona schlief. Der Junge atmete regelmäßig, mit offenem Mund, und als Nihal ihn sanft rüttelte, schlug er mühsam seine verschlafenen Augen auf.
    »Was ist denn?«
    »Ich will mich nur von dir verabschieden.« Ruckartig setzte sich Jona im Bett auf. »Warum?«
    »Ich muss fort, Jona.«
    »Nein«, wimmerte er. Zwei dicke Tränen rannen ihm über die Wangen. »Weine nicht, mein Kleiner. Wir werden uns doch wiedersehen. Ich gehe fort, um wieder zu ›schwerten‹, aber ich komme zurück. Und dann wird auch dein Papa hier sein, und wir beide bringen dir bei, wie man mit dem Schwert umgeht. Du musst nur ein wenig
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher