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Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Titel: Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben
Autoren: Monika Peetz
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die letzten Stunden ihres Lebens damit zugebracht, über
Bügelwäsche nachzudenken. Ihr Leben war von Nichtigkeiten überwuchert.
    Was sollte sie an der
Himmelspforte antworten, wenn sie sich der Frage stellen musste: »Hatte dein
Leben einen Sinn?« Was würde sie antworten? »Ich hinterlasse einen viel
beschäftigten Ehemann, vier anstrengende Teenager, die auch sehr nett sein
können, drei unvollständige Schlüsselsätze für ein halb abbezahltes
Einfamilienhaus in Parklage und einen vollen Bügelkorb.« Vielleicht würde es
helfen, wenn sie betonte, dass mit ihrem Tod eine der heiß begehrten
Teilzeitstellen im Krankenhaus frei würde. Ideal für Mütter, die weiter in
ihrem Arztberuf arbeiten wollten.
    Evas langes Schweigen
beunruhigte die Kinder. Ihre beiden Söhne drückten sich in der Ecke herum und
warteten auf das verdiente mütterliche Donnerwetter. Fridos Augen hüpften
nervös wie Gummibälle.
    »Wir besprechen das
heute Abend«, sagte Frido und schob die Jungen raus.
    »Heute Abend bin ich in
Birkow«, entgegnete Eva.
    Ihr Mann war da anderer
Meinung: »Wir müssen Rechtsbeistand für Frido suchen«, bestimmte er. Eva kannte
den Tonfall. »Wir« bedeutete in diesem Zusammenhang, dass Frido unentbehrlich
in der Firma war und Eva die Aufgabe zukam, den halben Morgen
herumzutelefonieren, um herauszufinden, wie man Frido jr. aus dem Schlamassel
helfen konnte.
    »Wir müssen einen
Anwalt nehmen«, wiederholte Frido.
    »Mach das«, sagte Eva
lapidar, stand auf und griff den Koffer.
    »Du hast Urlaub«,
insistierte Frido. »Deine Reise kannst du leicht verschieben. Kommt doch auf
einen Tag mehr oder weniger nicht an.«
    Was wusste er schon?
Vielleicht kam es gerade auf diesen einen einzigartigen Tag an. Warum gingen
immer alle davon aus, dass Eva für alle Wechselfälle des Lebens zuständig war?
Die Selbstverständlichkeit, mit der Frido über ihre Lebenszeit verfügte, machte
sie wütend: »Wie viele Dienstagabende habe ich im letzten Jahr kurzfristig
abgesagt, weil irgendetwas mit den Kindern war? Ich springe euch von morgens
bis abends hinterher. Und? Hat es geholfen?«
    »Aber das ist eine
vollkommen neue Situation.«
    »Nichts ist neu«,
wehrte sich Eva. Sie redete sich in Rage: »Im Gegenteil. Ich predige jeden Tag
dasselbe. Ich habe es satt, die Kinder zum Jagen zu tragen. Sieben Mal habe ich
David gestern geweckt. Um wozu? Nur um nachmittags festzustellen, dass er sich
auf dem Weg in die Schule verirrt hat.«
    Auf dem Gang war
Getuschel zu hören. Offensichtlich waren die Jungen lebhaft daran interessiert,
wie der Streit ausging.
    »Eva, das ist kein
Kavaliersdelikt mehr. Das ist ein Straftatbestand. Wir tun gut daran, Krüger
bei der Aufklärung der Sache zu helfen.«
    Aus seinem
Lauschversteck hinter der Tür meldete Frido jr. sich zu Wort: »Ich nenne keine
Namen. Ich reite niemanden rein. Der Krüger ist selber schuld, wenn er so ein
schlappes Passwort hat.«
    »Vermutlich ein
japanischer Ehrenkodex«, kommentierte Eva Frido jrs. Weigerung.
    Wahllos griff sie ein
paar Schuhe und warf sie in den bereitstehenden Koffer. »Er hat Strafe
verdient, Frido. Du kannst die Kinder nicht vor jeder Niederlage retten«,
argumentierte sie.
    »Wir reden von einer
möglichen Vorstrafe«, malte Frido den Teufel an die Wand.
    Eva hatte eine andere
Sicht auf die Dinge: »Vielleicht haben wir den Kindern viel zu lange alle
Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt«, sagte sie.
    Eva riss energisch die
Seite mit ihrer von Nichtigkeiten strotzenden To-do-Liste aus dem Terminkalender
heraus. Den Zahnarzt konnte Lene prima selber anrufen, und wenn die Kinder
andauernd ihre Schlüssel verloren: Na und? Was sprach dagegen, sie vor der
Haustür warten zu lassen. Vielleicht würden sie schneller lernen, auf ihre
Sachen achtzugeben, wenn verlorene Schlüssel nicht automatisch am
Schlüsselbrett nachwuchsen. Ihr war schwindelig. In ihrem Kopf überschlugen
sich die Bilder in schneller Folge: die Schlüssel, die Filme, die Deckenplatte,
die fiel und fiel. Sie hatte das Geräusch wieder im Ohr.
    »Ich brauche
Erziehungsurlaub«, sagte Eva und versuchte, ihrer brechenden Stimme etwas Halt
zu geben. »Eine Woche. Dann bin ich wieder für euch alle da.«
    Frido konnte noch immer
nicht glauben, dass Eva Ernst machte. Er schüttelte den Kopf: »Du kannst doch
prima ausspannen, nachdem du einen Anwalt konsultiert hast.«
    »Wie wäre es, wenn
unser Sohn sich selber schlaumacht, was auf ihn zukommt«, schlug Eva vor. »Die
Nummer von
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