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die Detektivin in Jeans

die Detektivin in Jeans

Titel: die Detektivin in Jeans
Autoren: Margot Kreuter
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wenn Olivers Vermutung zutraf. Es hätte seine
verzweifelten Bemühungen, Eva zurückzugewinnen, eher gerechtfertigt, wenn er
sich hätte einreden können, daß sie einer moralischen Verpflichtung
entsprangen. Er wäre sich nicht so jämmerlich vorgekommen, wenn er sich hätte
sagen können, daß er ihr ja gar nicht nachlief, sondern daß er sie nur
beschützen und vor sich selbst bewahren wollte.
    Doch in seinem Innersten war
Rainer überzeugt, daß er Eva lediglich an einen großspurigen Angeber verloren
hatte, der keine Familie zu unterstützen brauchte und sein Gehalt — oder Vaters
großzügiges Taschengeld — dazu verwandte, seine Freunde freizuhalten und sein
Mädchen zu verwöhnen. Das war es, was Eva beeindruckte. Sie hatte es ihm
deutlich zu verstehen gegeben, als sie ihn bat, seinen Freundschaftsring
zurückzunehmen.
    Er wollte sie trotzdem sehen.
    Vielleicht traf er sie im Big
Boys!
    Rainer schlug den Weg zur
Stadtmitte ein. Es war inzwischen Nacht geworden. Die Vorstadtstraßen lagen
dunkel und einsam. Die blassen Lichtkegel der Neonlampen erhellten nur spärlich
und in weiten Abständen die Bürgersteige. Die erleuchteten Geschäfte und der
Dschungel der bunten Leuchtreklamen tauchten nur die Innenstadt in ein
gleißendes Licht. In den Vorstädten schlichen Katzen über Hinterhöfe und
miauten auf Garagendächern. Ein betrunkener Penner suchte die Mülltonnen nach
Lebensmitteln und Kleidungsstücken ab.
    Rainer wußte nicht genau, wo
das Big Boys lag. Doch er vermutete es irgendwo rund um den Odeonsplatz, wo die
meisten der Diskotheken, Bars, Spielsalons und Kinos angesiedelt waren.
    Von der nördlichen Vorstadt
herkommend ging er eine der Hauptgeschäftsstraßen hinunter bis zur
Peterskirche. Dort durchquerte er die Anlagen, schritt dann die ausgeschilderte
Treppe im Bürgersteig hinunter und tauchte in die Fußgängerunterführung ein.
    Der Schacht roch muffig. Der
Steinbelag war feucht und mit benutzten Bechern, Papptellern vom Schnellimbiß,
leeren Coladosen und anderem Unrat bedeckt. Ein Pärchen stand eng umschlungen
an die Wand gelehnt. Auf dem Boden unter dem erleuchteten Fahrplanaushang der
Städtischen Verkehrsbetriebe saßen Stadtstreicher mit ihren Rotweinflaschen.
Zwei Mädchen in langen Folklorekleidern kamen, wütend mit ihren Freunden
streitend, auf Rainer zu. Die eine streifte ihn und schimpfte: „Paß doch auf,
du Penner!“
    In der Mitte der Unterführung,
wo die Reisebüros und Fluggesellschaften ihre Werbevitrinen mit riesigen
Plakaten ausgestattet hatten, teilten sich die Gänge.
    Rainer folgte dem Wegweiser zum
Altstadtviertel, in dem der Odeonsplatz lag.
    Vor ihm ging eine ältere, gut
gekleidete Frau. Sie humpelte und drehte sich fortwährend um, wobei sie ihren
Stock schwang und drohend vor sich hinmurmelte. Rainer hielt sie für etwas
einfältig.
    Er blickte auf seine Uhr. Schon
fast zehn! Wochentags blieb Eva nie länger als bis zehn Uhr aus. Früher, als
sie noch mit Rainer zusammen war, hielt sie sich jedenfalls an die von ihren
Eltern festgesetzte Ausgehzeit.
    Er ging schneller.
    Als die Frau vor ihm seine
raschen Schritte hörte, blieb sie abrupt stehen, drehte sich um und starrte ihm
erschrocken entgegen.
    Rainer wollte freundlich
grüßend Vorbeigehen. Doch das Lächeln gefror auf seinem Gesicht, denn die Frau
fing an zu zittern und zu zetern: „Ich habe nichts! Ich bin eine arme
Rentnerin. Bitte, tun Sie mir nichts! Tun Sie mir nichts!“ Und sie preßte ihre
Handtasche schützend an sich. Dabei ließ sie ihren Stock fallen. Zur Wand
zurückweichend, stolperte sie darüber. Rainer wollte sie stützen. Doch die Frau
schrie: „Hilfe...! Hilfe...!“ Und Rainer machte, daß er fortkam.

    Als er, zum Treppenaufgang
laufend, sich umblickte, sah er Leute im Gang auftauchen. Er rannte und nahm
zwei Stufen auf einmal.
    Erst als er den Bürgersteig
erreicht hatte, zwang er sich zum normalen Schritt, um sich nicht verdächtig zu
machen. Denn an der Verkehrsampel standen zwei Polizisten.
    Zu oft waren in letzter Zeit
Passanten am Abend überfallen worden. In Fußgängerunterführungen, in
Parkanlagen, auf einsamen Straßen und in unterirdischen Parkhäusern. Die
Zeitungen waren voll davon.
    Die Betroffenen sagten fast
übereinstimmend aus, daß es sich um jugendliche Täter gehandelt habe: Um einen
harmlos aussehenden Spaziergänger; oder um zwei miteinander albernde Jungen auf
dem Weg nach Hause; manchmal auch um ein Liebespaar, das eng umschlungen an
einer Straßenecke
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