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Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Titel: Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen
Autoren: Jan Barbara u Heidtmann Nolte
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Krise heraufbeschwören. Wenn alle entspannt dasitzen, ändern Sie nichts. Da können Sie noch hundertmal im Recht sein. Das, was Sie fordern, kann hundertmal notwendig sein. Sie müssen sagen: »Leute, damit das jetzt klar ist, jetzt rummst es hier im Karton!« Sie merken gleich, wie die Leute von hinten auf ihren Stühlen nach vorne rücken. Auf einmal hören alle zu und arbeiten konstruktiv an neuen Lösungen.
    Warum müssen Unternehmen immer unter Druck stehen? Warum ist Entspannung nicht möglich?
    Menschen brauchen einen Ansporn. Als Unternehmenschef müssen Sie Ziele reinbringen, erreichbare Ziele. Stellen Sie sich das Bonbonhüpfen auf einem Kindergeburtstag vor. Wenn Sie das Bonbon in drei Meter Höhe aufhängen, kommt kein Kind mehr ran. Aber wenn Sie es so hoch aufhängen, dass die Kinder es gerade schaffen können, dann springt die ganze Kindermeute nach dem Bonbon. So funktioniert auch eine Firma. Sie müssen die Ziele so formulieren, dass sie erreichbar sind, denn die Menschen in einem Unternehmen wollen Erfolg haben. Sie wollen Ihre Arbeit gut machen. Die wollen stolz sein auf das, was sie da tun und wie sie es tun. Wenn Sie denen bloß sagen: Macht mal so weiter wie immer! Worauf sollen die denn dann noch stolz sein? Sie haben doch alles wie immer gemacht.
    Sie glauben grundsätzlich, dass alle Menschen Erfolg haben wollen?
    Das ist so. Die Kleinen, die Großen, die Mittleren. Die Weißen, die Schwarzen, die Gelben. Und das kann und muss man nutzen.
    Ihr Managementcredo formulierten Sie einmal so. »Der Wettbewerb liegt mir, man geht nach vorne, kämpft, gewinnt und kontert Angriffe. Oder man bleibt zurück und verliert. Dann kommen die anderen. Es herrscht am Markt das Gesetz der Gesunden und Starken, nur die überleben.«
    So ist es. Genau so. Sehr verkürzt gesagt, aber richtig.
    Das ist purer Darwinismus.
    Möglich. Aber es stimmt. Sie dürfen nie die Kraft verlieren, sich ständig zu verändern. Sehen Sie doch nur, wie schnell sich durch die Globalisierung die Welt verändert, und das geht auch so weiter.
    In der Sozialen Marktwirtschaft zählt neben dem Wettbewerb auch das Gemeinwohl. Dem ist ein Großkonzern wie die Bahn, der zu hundert Prozent dem Staat gehört, verpflichtet.
    Ist sie eben nicht! Die Bahn ist eine aktienrechtlich geführte Gesellschaft. Das haben Bundestag und Bundesrat 1994 einstimmig beschlossen. In einem marktwirtschaftlich geführten Unternehmen wird eine Strecke nicht weiterbetrieben, wenn keiner mehr fährt. Dann fährt halt ein Bus. Was ist daran so schlimm? Und in einem marktwirtschaftlich geführten Unternehmen steigen eben in der Regel die Fahrkartenpreise, wenn die Preise für Energie steigen.
    Dennoch ist die Bahn – anders als Auto und Flugzeug – so etwas wie das Grundnahrungsmittel des Transports, das sich jeder leisten können muss.
    Ja, kann sie ja auch bleiben. Soll sie ja auch bleiben. Doch das ist Sache der Politik: Wenn sie beim Bahnfahren für das Gemeinwohl sorgen will, dann soll sie das Gemeinwohl auch bezahlen. Aber das Gegenteil ist der Fall, sie benachteiligt die Bahn. Ein Flugzeug zahlt keine Mineralölsteuer. Mit Ihrem Eisenbahnticket von Berlin nach Frankfurt zahlen Sie 18 Euro mehr Steuern als für ein Flugticket. Das ist die Politik.
    Das war Franz-Josef Strauß, der die Besteuerung von Flugbenzin aufhob.
    Strauß ist 20 Jahre tot. Es ist die Politik. Ein anderes Beispiel: Im letzten Zug von München nach Garmisch sitzen abends im Jahresdurchschnitt neun Leute. Trotzdem ziehen wir einen 700 Tonnen schweren Zug den Berg hinauf. Da haben wir dem Verkehrsminister gesagt: »Der Zug rechnet sich nicht. Wir sollten ihn durch einen Bus ersetzen, so sparen wir ungefähr 20 Millionen Euro im Jahr.«
    Fährt der Zug noch?
    Ja. Und das Land bezahlt dafür. Für mich hat das nichts mit Gemeinwohl zu tun.
    Sie halten nicht viel von der Politik.
    So pauschal stimmt das natürlich nicht. Ich finde bloß, dass die Politik ständig die Grundregeln, die sie selber beschlossen hat, missachtet: Nämlich, dass sie die Bahn zu einer AG gemacht hat, die nach den Regeln der Wirtschaft arbeiten muss. Mein Aufsichtsrat hätte mich an die Wand genagelt, wenn wir gegen die Interessen des Unternehmens gehandelt hätten. Das schreibt das Aktienrecht so vor. Manche Politiker versprechen ihrem Landkreis einen neuen Bahnhof und sagen: Mehdorn muss das machen. Und wenn der Mehdorn das nicht macht, weil er dafür kein Geld hat, dann dreschen sie auf dem Mehdorn herum –
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