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Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Titel: Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise
Autoren: David B. Coe
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befindest.«
    Cailin schwieg. Sie hatte gehört, wie sie einen Augenblick zuvor geklungen hatte. Kindisch und nörglerisch und ganz bestimmt nicht so, wie sich eine Adlermeisterin anhören sollte. Diese Tatsache wurde durch Jaryds Ruhe noch hervorgehoben. In diesem Augenblick hätte sie alles gegeben, um anderswo sein zu können, und sie zog es vor, lieber gar nichts zu sagen, statt sich noch weiter in Verlegenheit zu bringen.
    Offenbar verstand er ihr Schweigen falsch. »Ich weiß, wie schwer das für dich sein muss, Cailin. Ich versuche nicht, das abzustreiten.«
    Bei dieser Bemerkung lächelte sie und schüttelte den Kopf. »Nein, Jaryd, ich glaube nicht, dass du weißt, wie schwer es ist. Das weiß niemand. Niemand könnte es.« Sie stand auf und ging zum Kaminsims. »Du weißt, dass ich mit Hass auf den Orden aufgewachsen bin«, sagte sie und warf einen Blick zu Rithel.
    »Das weiß jeder.« Sie wandte sich wieder Jaryd zu. »Aber wusstest du auch, dass ich euch so sehr gehasst habe, dass ich mich selbst hasste, als ich mich an meinen ersten Vogel band?« Ihre Augen brannten bei der Erinnerung. Vor ihrem geistigen Auge sah sie Marcran, und seine bunten Federn schimmerten in der Herbstsonne wie am Tag ihrer Bindung. »Wusstest du«, fuhr sie trotz der Tränen fort, die ihr über die Wangen liefen, »dass ich mich monatelang geweigert habe, meine Macht zu benutzen, weil ich dachte, Magierin zu werden bedeutete einen Verrat am Andenken meiner Eltern?«
    Sie sah den Kummer in seinem Blick und musste ein Schluchzen unterdrücken. Im Augenblick konnte sie Mitgefühl wirklich nicht ertragen.
    »Cailin -«
    Sie schüttelte den Kopf so heftig, dass die Tränen spritzten. »Nein. Es ist egal. Du kannst nichts sagen, um es besser zu machen.« Sie schluckte und bemühte sich, sich zu fassen. »Aber sag mir nicht, dass du weißt, was ich empfinde, oder dass du verstehst, wie schwer es für mich ist. Du tust es nicht. Niemand tut es. Denn niemand hat durchgemacht, was ich durchgemacht habe.«
    Sie wusste, all das klang hoffnungslos selbstmitleidig. Aber sie wusste auch, dass sie die Wahrheit sagte.
    Er zuckte hilflos die Schultern. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Schon gut«, brachte sie mühsam heraus. »Du brauchst nichts zu sagen.« Sie wischte sich mit dem Ärmel die Tränen ab und zwang sich, mit dem Weinen aufzuhören. »Ich sollte jetzt gehen.«
    »Möchtest du nicht hier bleiben und mit uns zusammen essen? Alayna und Myn sind bald wieder zurück. Ich bin sicher, dass Myn dich sehr gern kennen lernen würde.« Cailin schüttelte den Kopf. »Danke, aber ich habe eine Verabredung.« Das war eine Lüge, aber das Letzte, was sie im Augenblick brauchte, war die Gesellschaft eines sieben Jahre alten Mädchens.
    Jaryd lächelte sie an. »Ich verstehe.«
    Und sie erkannte, dass er das wirklich tat. War es denn so offensichtlich?
    »Komm bald wieder«, sagte er. »Bitte.«
    Sie nickte und ging zur Tür.
    Aber bevor sie sie erreicht hatte, hörte sie Stimmen von draußen. »Es wäre mir lieber, wenn niemand mich sehen würde«, sagte Cailin zu Jaryd.
    »Es sind wahrscheinlich nur Alayna und Myn.« Aber noch bei diesen Worten hörte er die Stimme eines Mannes von der Kuppeldecke widerhallen.
    »Ich werde nachsehen«, sagte er.
    Er ging an ihr vorbei in den Versammlungssaal, schloss die Tür hinter sich, und Cailin hörte, wie er jemanden begrüßte. Einen Augenblick lang blieb sie, wo sie war, aber dann ging sie, obwohl sie nicht recht wusste, warum, zur Tür zurück und drückte ihr Ohr gegen das Holz.
    »... gleich drei von ihnen«, hörte sie den Fremden sagen. »Alle drei von der Liga. Wenn nicht zufällig ein paar Männer vorbeigekommen wären, mit denen ich vorher im Adlerhorst gesprochen hatte, hätten sie mich wahrscheinlich umgebracht. Aber im Augenblick brauche ich zumindest deine Heilkraft.«
    »Wo?« Das war Jaryds Stimme, die sehr erschrocken klang. »An der Seite.«
    Kurzes Schweigen, dann keuchte jemand schmerzerfüllt. »Es sieht schlimmer aus, als es ist«, sagte der Mann. »Ich glaube nicht, dass etwas gebrochen ist. Er hat mich mit dem Stab geschlagen.«
    »Das sehe ich. Hast du dich denn nicht geschützt?« »Sie hatten mich bereits mit magischem Feuer angegriffen. Er hat mich geschlagen, nachdem sich die Männer, die ich erwähnt habe, eingemischt hatten. Ich war nicht darauf vorbereitet.«
    Cailin hatte genug gehört. Sie schob die Tür auf und ging hinaus in die Halle. »Wer hat dich
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