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Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition)

Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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Süden davonflogen.
    Weder Vögel noch Menschen. Der strenge Frost hatte zwar die Mottenplage beendet, aber die Opfer der Schattenkrankheit waren immer noch voller Angst und ihre Angst steckte die anderen Clanmitglieder an. Die meisten blieben in der Nähe des Lagers und wagten sich nur noch in den Wald hinein, wenn der Hunger sie dazu zwang.
    Er war froh, als er einem Jagdtrupp des Natternclans begegnete, drei Männern und einem Jungen auf dem Weg nach Westen, zu ihrem Lager. Die vier hatten es eilig. Sie hatten zwei Eichhörnchen und drei Waldtauben erlegt. Trotz der mageren Beute drängten sie Fin-Kedinn, sich ihnen anzuschließen und ihr Gast zu sein.
    »Bald kommt ein Unwetter«, sagte einer. »Dann ist es gefährlich, allein im Wald zu sein.« Aus Respekt erkundigte er sich nicht, was der Anführer der Raben so weit von seinem Clan entfernt zu tun hatte.
    Fin-Kedinn lehnte die Einladung ab und ignorierte die unausgesprochene Frage. Stattdessen berichtete er den Jägern von dem Clantreffen.
    »Die Raben haben sich bereits auf den Weg gemacht, und den Ebern habe ich Bescheid gesagt, als ich durch ihr Lager kam. Sie dürften inzwischen ebenfalls aufgebrochen sein. Durrain hat die Nachricht im Großen Wald verbreiten lassen. Kehrt zurück in euer Lager und berichtet eurem Anführer davon. Gemeinsam sind die Clans stark genug. Dann können wir sogar gegen Eostra bestehen.«
    Dass Fin-Kedinn es wagte, den Namen der Schamanin laut auszusprechen, verlieh den Nattern sichtlich Mut. Trotzdem nahm der Jäger, der bereits gesprochen hatte, Fin-Kedinn am Arm und sagte drängend: »Komm mit uns, Fin-Kedinn. Wir brauchen dich. Du darfst uns jetzt nicht im Stich lassen.«
    »Es gibt noch andere Anführer«, erwiderte Fin-Kedinn. »Ich bin auf der Suche nach dem Einen, der die Seelenesserin zu Fall bringen kann. Dem Einzigen, der die dunklen Orte unter der Erde kennt.«
    »Wer ist das? Wohin gehst du?«
    »Nach Norden«, sagte Fin-Kedinn. Mehr war nicht aus ihm herauszubekommen.
    Er verabschiedete sich rasch und machte sich wieder auf den Weg. Die Zeit drängte. Um den Gesuchten zu finden, musste er sich auf Kenntnisse verlassen, die schon viele, viele Winter alt waren.
    Er war noch nicht sehr weit entfernt, als der Junge hinter ihm hergerannt kam. »Mein Vater hat gesagt, ich soll dir das hier geben«, stieß er atemlos hervor und streckte dem Anführer der Raben ein Eichhörnchen entgegen.
    Fin-Kedinn bedankte sich, nahm das Geschenk aber nicht an. Der Junge blickte ihn schüchtern an. »Nimmst du mich mit? Ich kenne das Land im Norden und kann dir helfen, dich zurechtzufinden.«
    Beinahe hätte der Anführer der Raben gelächelt. Er hatte schon in diesem Teil des Waldes gejagt, lange bevor sein jugendlicher Helfer geboren worden war.
    Der Junge mochte zwölf Sommer alt sein, hatte geschmeidige Glieder und ein offenes, kluges Gesicht; er erinnerte Fin-Kedinn ein wenig an den jungen Torak. »Es heißt, du bist schon weiter gereist als jeder andere«, fuhr der Junge unverdrossen fort. »Bis hinauf in den Hohen Norden, zu den Robbeninseln und in die Hohen Berge. Darf ich mit dir kommen?«
    »Nein«, erwiderte Fin-Kedinn. »Geh zurück zu deinem Vater.«
    Als er dem Jungen hinterher sah, der missmutig davontrottete, wurde er plötzlich wachsam. Der Schnee unter den Stiefeln des Jungen knirschte seltsam spröde. Jeder Schritt hallte im Wald wider. Überdies sah der Schnee unecht aus und hatte einen fast grünlichen Stich angenommen.
    Fin-Kedinn umschloss den Stab noch fester. Kein Wunder, dass der Wald sich wappnete.
    »Sag deinem Vater, er soll sich beeilen«, rief er dem Jungen nach. »Kehrt so schnell wie möglich ins Lager zurück.«
    Der Junge drehte sich um. »Ich weiß! Ein Schneesturm zieht auf!«
    »Nein! Ein Eissturm ! Das ist noch viel schlimmer! Sag’s deinem Vater und lauf!«
    Fin-Kedinn wartete, bis der Junge sicher bei dem Jagdtrupp angelangt war. Anschließend machte er sich auf die Suche nach einem geeigneten Platz für ein Nachtlager und betete währenddessen zum Weltgeist, dass Torak und Renn – wo sie auch sein mochten – die Zeichen ebenfalls rechtzeitig erkannt und sich in Sicherheit gebracht hatten.

Kapitel 8

    Renn war bereits mit dem Gefühl drohenden Unheils erwacht und dieses Gefühl verstärkte sich im Lauf des Tages. Es war kalt. Viel zu kalt für Schnee. In der Nacht hatte sich ein Ring um den Mond gebildet. Tanugeak, der Schamane der Eisfüchse, hatte ihr erklärt, dass der Mond damit seine
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