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Die Büchse der Pandora

Die Büchse der Pandora

Titel: Die Büchse der Pandora
Autoren: Agatha Christie
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worden waren, und glaube jetzt, dass Gleiches schon beim ersten Mal geschehen ist. Ich stellte eine gründliche Suche an und kam zu dem Schluss, dass mein ganzer Schreibtisch sorgfältig durchsucht und die verschiedenen Papiere eilig wieder zurückgelegt worden waren.«
    Dr. Bower legte eine Pause ein und sah Tommy an.
    »Nun, Mr Blunt?«
    »Nun, Dr. Bower«, entgegnete der junge Mann lächelnd.
    »Was halten Sie davon?«
    »Nun, zuerst einmal würde ich gern die Fakten kennen. Was verwahren Sie in Ihrem Schreibtisch?«
    »Meine privaten Unterlagen.«
    »Ganz recht. Was für private Unterlagen sind das? Welchen Wert haben sie für den gemeinen Dieb – oder für irgendeine bestimmte Person?«
    »Für den gemeinen Dieb dürften sie, soweit ich sehen kann, nicht den geringsten Wert besitzen, doch meine Aufzeichnungen über gewisse unbekannte Alkaloide könnten für jeden, der über einige Fachkenntnis auf diesem Gebiet verfügt, von Interesse sein. Ich stelle seit einigen Jahren Forschungen in diesem Bereich an. Es handelt sich bei diesen Alkaloiden um tödliche und virulente Gifte, die darüber hinaus kaum nachweisbar sind. Sie lösen keine bekannten Wirkungen aus.«
    »Das Geheimnis dieser Alkaloide wäre also bares Geld wert, richtig?«
    »Für skrupellose Menschen, ja.«
    »Und Sie verdächtigen… wen?«
    Der Doktor hob die massigen Schultern.
    »Soweit ich das beurteilen kann, wurde das Haus nicht gewaltsam von außen betreten. Das scheint auf ein Mitglied meines Haushalts zu deuten, doch ich kann nicht glauben…« Er hielt unvermittelt inne und fuhr dann mit überaus ernster Miene fort.
    »Mr Blunt, ich muss mich ganz in Ihre Hände geben. Ich wage es nicht, in dieser Angelegenheit zur Polizei zu gehen. Bei meinen drei Dienstboten bin ich mir zu fast hundert Prozent sicher. Sie dienen mir schon lange und treu. Dennoch, man weiß es nie. Dann leben noch meine beiden Neffen bei mir, Bertram und Henry. Henry ist ein guter Junge – ein sehr guter Junge –, er hat mir nie irgendeinen Kummer bereitet, ein großartiger, arbeitsamer junger Mann. Bertram, das bedaure ich zu sagen, ist von gänzlich anderem Charakter: wild, verschwenderisch und unbeirrbar faul.«
    »Verstehe«, sagte Tommy nachdenklich. »Sie verdächtigen Ihren Neffen Bertram, in die Angelegenheit verwickelt zu sein. Nun, ich bin nicht Ihrer Meinung. Ich verdächtige den guten Jungen – Henry.«
    »Aber warum?«
    »Überlieferung. Präzedenz.« Tommy machte eine lockere Handbewegung. »Meiner Erfahrung nach sind die verdächtigen Subjekte immer unschuldig – und umgekehrt, mein Lieber. Ja, ich verdächtige Henry, ganz entschieden.«
    »Entschuldigen Sie, Mr Blunt«, unterbrach ihn Tuppence in respektvollem Ton. »Habe ich Dr. Bower richtig verstanden, dass diese Aufzeichnungen über, äh, unbekannte Alkaloide zusammen mit den anderen Papieren im Schreibtisch verwahrt werden?«
    »Sie werden im Schreibtisch verwahrt, junge Dame, jedoch in einem Geheimfach, das nur mir selbst bekannt ist. Somit haben sie sich der Suche bislang widersetzt.«
    »Und was genau erwarten Sie von mir, Dr. Bower?«, fragte Tommy. »Gehen Sie davon aus, dass Ihr Schreibtisch noch einmal durchsucht werden wird?«
    »Das tue ich, Mr Blunt. Ich habe allen Grund zu der Annahme. Heute Nachmittag erhielt ich ein Telegramm von einem Patienten, den ich vor ein paar Wochen nach Bournemouth geschickt hatte. In dem Telegramm heißt es, mein Patient befinde sich in einem kritischen Zustand und bitte mich, sofort zu ihm zu kommen. Aufgrund der soeben geschilderten Ereignisse misstrauisch geworden, habe ich selbst ein Telegramm an den in Rede stehenden Patienten aufgegeben und in Erfahrung gebracht, dass er bei guter Gesundheit ist und mich nicht zu sich gerufen hat. Da kam mir der Gedanke, wenn ich nun vorgebe, auf die List hereinzufallen, und so tue, als würde ich nach Bournemouth reisen, ergäbe sich eine sehr große Chance, die Übeltäter bei der Arbeit zu überraschen. Sie – oder er – werden zweifelsohne abwarten, bis das ganze Haus schlafen gegangen ist, bevor sie zur Tat schreiten. Ich schlage vor, dass Sie sich heute Abend um elf Uhr vor meinem Haus mit mir treffen und wir gemeinsam in der Angelegenheit ermitteln.«
    »In der Hoffnung, die Bösewichte auf frischer Tat zu ertappen.« Gedankenverloren trommelte Tommy mit einem Brieföffner auf der Tischplatte herum. »Ihr Plan scheint mir ein exzellenter, Dr. Bower. Ich sehe da keine Schwierigkeiten. Und Ihre Anschrift
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