Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Brüder Löwenherz

Die Brüder Löwenherz

Titel: Die Brüder Löwenherz
Autoren: Astrid Lindgren
Vom Netzwerk:
Jonathan. »Wir könnten in den Wäldern umherreiten und uns bald hier, bald da ein Lagerfeuer machen. Wenn du wüßtest, was für Wälder es in den Tälern von Nangilima gibt! Und tief drinnen in den Wäldern liegen klare kleine Seen. Wir könnten uns jeden Abend an einem anderen See ein Lagerfeuer machen und Tage und Nächte fortbleiben und dann wieder nach Hause zu Matthias zurückkehren.«
    »Und ihm bei der Apfelernte helfen«, fiel ich ein. »Aber dann müßten Sophia und Orwar sich allein um das Kirschtal und das Heckenrosental kümmern, ohne dich, Jonathan.« »Ja, warum nicht?« sagte Jonathan. »Sophia und Orwar brauchen mich nicht mehr, sie können in ihren Tälern selber nach dem Rechten sehen.«
    Danach verstummte er. Wir schwiegen beide. Ich war müde, und mir war gar nicht froh zumute. Von Nangilima zu hören, das so weit von uns entfernt lag, das war kein Trost. Es dunkelte mehr und mehr, und die Berge wurden schwärzer und schwärzer. Große schwarze Vögel schwebten über uns und krächzten traurig, alles war trostlos. Der Karmafall toste, ich hatte dieses Getose satt.
    Es erinnerte mich nur an das, was ich so gern vergessen wollte. Traurig, traurig war alles miteinander, und froh werde ich wohl nie mehr werden, dachte ich.
    Ich rückte näher an Jonathan heran. Er saß ganz still da, an die Bergwand gelehnt, und sein Gesicht war blaß. Er sah aus wie ein Märchenprinz, wie ein blasser und müder Märchenprinz. Armer Jonathan, auch du bist nicht froh, dachte ich, oh, wenn ich dich doch ein bißchen froh machen könnte!
    Mitten in unser Schweigen hinein sagte Jonathan plötzlich: »Du, Krümel, ich muß dir etwas sagen!« Sofort bekam ich Angst: Wenn er so sprach, dann war es sicher etwas Trauriges. »Was mußt du mir sagen?« fragte ich. Er strich mir mit dem Zeigefinger über die Wange. »Hab keine Angst, Krümel... aber weißt du noch, was Orwar gesagt hat? Daß die allerwinzigste Flamme von Katlas Feuer ausreicht, einen Menschen zu lahmen oder zu töten, erinnerst du dich, daß er das gesagt hat?«
    »Ja, aber warum mußt du jetzt davon reden?« fragte ich. »Weil«, sagte Jonathan,
    »weil eine winzige Flamme von Katlas Feuer mich getroffen hat, als wir vor ihr flohen.« Das Herz war mir den ganzen Tag über schwer gewesen von all dem Kummer und dem Schrecken, aber ich hatte nicht geweint. Jetzt brach das Weinen fast wie ein Schrei aus mir heraus.
    »Nein, Krümel es geht nie vorüber«, sagte Jonathan. »Nur wenn ich nach Nangilima kommen könnte!« Nur wenn er nach Nangilima kommen könnte. - Jetzt begriff ich! Er wollte mich wieder allein lassen, ich wußte es! Schon einmal war er ohne mich davongegangen, nach Nangijala ...
    »Nein, nicht noch einmal«, schrie ich. »Nicht ohne mich! Du darfst nicht ohne mich nach Nangilima!«
    »Möchtest du denn mitkommen?« fragte er.
    »Ja, was denn sonst!« rief ich. »Habe ich dir nicht gesagt wo du hingehst, da gehe ich auch hin?«
    »Das hast du gesagt, und das ist mein Trost«, sagte Jonathan.
    »Aber dorthin zu kommen ist nicht leicht.«
    Eine Weile schwieg er, doch dann fuhr er fort:
    »Weißt du noch - damals, als wir gesprungen sind? Dieser schreckliche Augenblick, als es brannte und wir auf den Hof hinuntersprangen. Damals kam ich nach Nangijala, erinnerst du dich?«
    »Und ob ich mich erinnere!« sagte ich und weinte noch mehr. »Wie kannst du nur so fragen? Weißt du denn nicht, daß ich seither immer daran gedacht habe?«
    »Doch, ich weiß«, sagte Jonathan und streichelte mir wieder die Wange. »Ich dachte, wir könnten vielleicht noch einmal springen. Hier den Abgrund hinunter.
    Dort unten auf die Wiese.«
    »Ja, dann sterben wir«, sagte ich. »Aber kommen wir dann auch nach Nangilima?«
    »Ja, ganz gewiß«, sagte Jonathan. »In dem Augenblick, wo wir dort unten ankommen, sehen wir schon das Licht von Nangilima. Wir sehen die Morgensonne über Nangilimas Tälern leuchten, denn dort ist jetzt Morgen.«
    »Dann könnten wir also geradewegs nach Nangilima hineinspringen«, sagte ich und lachte dabei zum erstenmal seit langem.
    »Das könnten wir«, sagte Jonathan. »Und kaum sind wir dort, sehen wir auch schon vor uns den Pfad zum Apfeltal. Und da stehen Grim und Fjalar bereit und warten auf uns. Wir brauchen uns nur in den Sattel zu schwingen und loszutraben.« »Und du bist dann nicht mehr gelähmt?« fragte ich. »Nein, dann bin ich frei von allem Übel und so froh wie noch nie. Und du auch, Krümel, auch du bist dann froh. Der Weg zum
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher