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Die Brüder Löwenherz

Die Brüder Löwenherz

Titel: Die Brüder Löwenherz
Autoren: Astrid Lindgren
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manchmal näher, manchmal entfernter, aber beharrlich. Sie verstummten nicht. 

    Denn jetzt wußte Park, wen er jagte, und eine solche Beute wollte sich kein Tengilmann entgehen lassen. Mit ihr vor Tengil hinzutreten, das wäre etwas! Als wir über die Brücke galoppierten, waren sie uns dicht auf den Fersen, ein paar Speere schwirrten hinter uns her, erreichten uns aber nicht. Jetzt waren wir auf der Nangijala-Seite, und nun sollten wir eigentlich das Schlimmste hinter uns haben. Das hatte Jonathan gesagt. Davon war jedoch nichts zu merken, im Gegenteil. Weiter ging die Hetzjagd am Fluß entlang. Hoch oben auf der Uferböschung schlängelte sich der Reitweg dahin, der ins Heckenrosental führte, und dort jagten wir vorwärts. Dort, wo wir an jenem Sommerabend tausend Jahre war es wohl her -in der Dämmerung geritten waren, als wir, Jonathan und ich, gemächlich unseres Weges zogen, zu unserem ersten Lagerfeuer. So sollte man an Flüssen entlangreiten - und nicht wie jetzt daß die Pferde fast zusammenbrachen. 
    Am wildesten ritt Orwar. Er ritt ja heim ins Heckenrosental. Jonathan konnte nicht Schritt halten. Und Park gewann immer mehr an Boden, ich begriff erst nicht, wieso. Bis ich schließlich erkannte, daß es meine Schuld war. Einen schnelleren Reiter als Jonathan gab es nicht, keiner hätte ihn je einholen können, wenn er allein auf dem Pferd gesessen hätte. So aber mußte er auf mich Rücksicht nehmen, und das behinderte ihn. 

    Dieser Ritt entscheidet über das Schicksal des Heckenrosentals, hatte Jonathan gesagt. Wie er aber endete, das hing von mir ab, so schrecklich war es! Und er konnte nur schlimm enden, das merkte ich immer deutlicher. Jedesmal wenn ich mich umdrehte und zurücksah, waren uns die schwarzen Helme ein wenig näher gekommen. Manchmal verbarg ein Hügel oder ein Gebüsch sie, aber gleich darauf waren sie wieder da, kamen unerbittlich näher und näher. Jonathan wußte jetzt ebensogut wie ich, daß es für uns kein Entkommen mehr gab. Nicht für uns beide. Und Jonathan mußte gerettet werden! Meinetwegen durfte er nicht gefaßt werden. Deshalb sagte ich:
    »Jonathan, tu jetzt, was ich dir sage! Wirf mich hinter einer Biegung ab, wenn sie es nicht sehen können! Hol Orwar ein, reit zu!«
    Zunächst war er verdutzt, das merkte ich. Doch nicht so verdutzt wie ich über mich selber.
    »Traust du dir das wirklich zu?« fragte Jonathan.
    »Nein, aber ich will es trotzdem«, sagte ich.
    »Mutiger kleiner Krümel«, sagte er.
    »Ich komme zurück und hole dich. Sobald Orwar bei Matthias in Sicherheit ist, komme ich.«
    »Versprichst du es?« fragte ich.
    »Natürlich, was glaubst du denn?« sagte er. Nun waren wir zu dem Weidenbaum gekommen, wo wir gebadet hatten, und ich sagte: »Ich versteck’ mich in unserm Baum. Hol mich da ab!«

    Mehr konnte ich nicht sagen, denn jetzt waren wir im Schutz eines Hügels, und Jonathan hielt an, so daß ich vom Pferd rutschen konnte. Dann galoppierte er los. Ich rollte mich flink zur Seite in eine Mulde. Von dort aus hörte ich die Verfolger vorbeidonnern und sah Parks dummes Gesicht. Er bewegte den Unterkiefer hin und her, als wolle er beißen - und dem Kerl hatte Jonathan das Leben gerettet! Schon hatte Jonathan Orwar eingeholt, ich sah sie zusammen verschwinden, und ich war so froh. Ja, reit du nur, Park, dachte ich, wenn du glaubst, daß das hilft! Orwar und Jonathan siehst du nie wieder. Ich blieb in meiner Mulde liegen, bis auch Park und seine Leute außer Sicht waren. Dann rannte ich zum Fluß hinunter, zu meinem Baum. Es war schön, in die grüne Krone zu klettern und es sich in einer Astgabel gemütlich zu machen. Denn ich war müde. Dicht neben dem Baum schaukelte ein kleines Ruderboot am Ufer. Es mußte sich weiter oben am Fluß losgerissen haben, denn es war nicht vertäut. Der Besitzer wird wohl recht traurig sein, dachte ich. Ja, ich saß dort auf der Weide und dachte an dies und jenes. Ich schaute auf das rauschende Wasser und zu Parks Klippe hinüber. Da sollte er jetzt sitzen, dieser Schweinehund, dachte ich. Dann sah ich den Katlaberg jenseits des Flusses, und ich konnte nicht fassen, daß jemand so grausam sein konnte, andere Menschen in solche schrecklichen Höhlen einzusperren. Natürlich dachte ich auch an Orwar und Jonathan und wünschte so stark, daß es fast schmerzte, sie könnten sich durch unseren unterirdischen Gang zu Matthias retten, ehe Park dort anlangte. Ich malte mir aus, was Matthias sagen würde, wenn er Orwar im
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