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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman
Autoren: Ken Follett
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durchgewurstelt, hatte immer wieder neue Hypotheken auf den Hallimschen Besitz aufgenommen und jahrelang darauf gewartet, daß Lizzie erwachsen würde und einen reichen Mann heiratete, der alle ihre Probleme löste. Lizzie war nun zwanzig Jahre alt, und es wurde Zeit, daß sie ihre Bestimmung erfüllte.
    Hierin lag zweifellos der Grund dafür, daß die Jamissons nach all diesen Jahren wieder einmal ihren schottischen Besitz besuchten und Lizzie mit ihrer Mutter, ihre nur zehn Meilen entfernt lebenden Nachbarn, als erste Hausgäste geladen hatten. Äußerer Anlaß für die Einladung war der einundzwanzigste Geburtstag des jüngeren Jamisson-Sohns Jay, doch dahintersteckte die Absicht, Lizzie mit Robert, ihrem Ältesten, zu verheiraten.
    Mutter war dafür, weil Robert einst ein großes Vermögen erben würde. Sir George war dafür, weil er den Hallimschen Besitz den Ländereien der Jamissons zuschlagen wollte. Auch Robert schien nichts dagegen zu haben, was Lizzie aus der Aufmerksamkeit schloß, die er ihr seit der Ankunft der Jamissons zuteil werden ließ, wenngleich sie darüber, wie es in seinem Herzen aussah, allenfalls Vermutungen anstellen konnte.
    Sie sah ihn im Stallhof stehen, wo er darauf wartete, daß die Pferde gesattelt wurden. Er ähnelte dem Porträt seiner Mutter, das in der Schloßhalle hing; es zeigte eine ernste, unauffällige Frau mit hübschem Haar, hellen Augen und einem entschlossenen Zug um den Mund. Über Robert gab es nichts Nachteiliges zu sagen: Er war weder besonders häßlich noch zu dünn oder zu dick, er hatte keinen unangenehmen Körpergeruch, noch war er ein Trinker oder kleidete sich weibisch. Er ist eine gute Partie, sagte sich Lizzie. Wenn er um meine Hand anhält,  werde ich wahrscheinlich ja sagen…
    Sie war nicht in ihn verliebt, aber sie kannte ihre Pflicht.
    »Es ist wirklich höchst pflichtvergessen, daß Sie in London  leben«, sagte sie, in der Absicht, ihn ein wenig zu necken.
    »Pflichtvergessen?« Er runzelte die Stirn. »Wieso?«
    »Sie lassen uns hier ohne Nachbarn.« Er sah noch immer aus, als begriffe er nicht. Anscheinend besaß er nicht allzuviel Humor. »Wenn Sie nicht da sind«, erklärte Lizzie, »gibt's zwischen hier und Edinburgh keine Menschenseele mehr.«
    »Abgesehen von hundert Bergarbeiterfamilien und mehreren Dörfern voller Pächter«, bemerkte eine Stimme hinter ihr.
    »Sie wissen genau, was ich meine«, entgegnete Lizzie, während sie sich umdrehte. Der Sprecher war ihr fremd. Mit der ihrer eigenen Direktheit fragte sie: »Wer sind Sie?«
    »Jay Jamisson«, antwortete der junge Mann mit einer Verbeugung. »Roberts klügerer Bruder. Wie konnten Sie das vergessen?«
    »Ach so!« Sie hatte gehört, daß er gestern am späten Abend angekommen war, doch sie hatte ihn nicht wiedererkannt. Vor fünf Jahren war er noch ein ganzes Stück kleiner gewesen, hatte Pickel auf der Stirn und nur einen dünnen blonden Haarflaum am Kinn gehabt. Besonders gescheit war er ihr damals freilich nicht vorgekommen, und Lizzie hatte ihre Zweifel, daß er sich in dieser Hinsicht geändert hatte. »Ich erinnere mich an Sie«, sagte sie. »Genauso eingebildet wie eh und je!«
    Er grinste. »Hätte ich doch nur Ihr leuchtendes Bespiel an Bescheidenheit und Zurückhaltung zum Vorbild gehabt, Miss Hallim.«
    Robert sagte: »Hallo, Jay. Willkommen auf Schloß Jamisson.«
    Jay setzte eine verdrießliche Miene auf. »Du brauchst noch nicht den Gutsbesitzer hervorzukehren, Robert. Du magst ja der älteste Sohn sein, aber noch hast du den Kasten hier nicht geerbt.«
    »Meine Glückwünsche zu Ihrem einundzwanzigsten Geburtstag«, sagte Lizzie
    »Danke.«
    »Ist heute der große Tag?«
    »Ja.«
    Robert fragte ungeduldig: »Willst du mit uns zur Kirche reiten?«
    Lizzie sah Haß in Jays Augen, aber seine Stimme blieb neutral. »Ja. Ich hab' mir ein Pferd satteln lassen.«
    »Dann wird's Zeit, daß wir uns auf den Weg machen.« Robert wandte sich dem Stall zu und rief: »Beeilung da drinnen!«
    »Alles bereit, Sir!« rief ein Stallbursche. Im nächsten Augenblick wurden auch schon drei Pferde herausgeführt: ein kräftiges schwarzes Pony, eine braune Stute und ein grauer Wallach.
    »Ich nehme an«, sagte Jay in kritischem Ton, »diese Tiere sind Mietpferde von einem Händler in Edinburgh.« Er trat an den Wallach heran, tätschelte ihm den Hals und ließ ihn an seinem blauen Reitrock schnuppern. Lizzie erkannte, daß er Pferde mochte und gut mit ihnen umgehen konnte.
    Sie bestieg das
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