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Die Bruderschaft

Die Bruderschaft

Titel: Die Bruderschaft
Autoren: John Grisham
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nährte die Gerüchte nur noch mehr. Man hielt ihn für einen Geizhals, für einen komischen Vogel, der jeden Penny sparte und all sein Geld todsicher irgendwo im Ausland liegen hatte.
    »Jedenfalls«, fuhr Rook fort, »beschlossen wir, das Risiko einzugehen und ein großes Paket von ValueNow-Anteilen zu kaufen. Wir wollten unsere anderen Papiere liquidieren und unsere Mittel konsolidieren.«
    »Konsolidieren?« fragte Richter Beech. Rook klang, als jongliere er mit Wertpapieren in Milliardenhöhe.
    »Genau, konsolidieren. Wir hatten uns von unseren Freunden und Familien so viel wie möglich geliehen und schließlich fast tausend Dollar zusammen.«
    »Tausend Dollar«, wiederholte Richter Spicer. Nicht schlecht für ein paar Knastvögel. »Und dann?«
    »Ich hab ASS gesagt, dass wir bereit sind, und ihn gefragt, ob er uns die Anteile besorgen kann. Das war an einem Dienstag. Die Zeichnungsfrist lief am Freitag darauf ab. ASS sagte, das wäre kein Problem. Er sagte, er hätte einen Freund bei Goldman Sux oder so ähnlich, der die Sache für uns regeln würde.«
    »Das ist gelogen«, rief ASS von hinten.
    »Jedenfalls, am Mittwoch treffe ich ASS auf dem Osthof und frage ihn nach den Anteilen. Er sagt, kein Problem.«
    »Gelogen.«
    »Ich hab einen Zeugen.«
    »Wen?« fragte Richter Spicer. »Picasso.«
    Picasso saß hinter Rook, mitten unter den anderen sechs Mitgliedern des Investmentclubs, und hob zögernd die Hand.
    »Stimmt das?« fragte Spicer.
    »Ja«, antwortete Picasso. »Rook hat ihn nach den Aktien gefragt und ASS hat gesagt, er besorgt sie. Kein Problem. «
    Picasso trat in vielen Verfahren als Zeuge auf und war öfter als die meisten anderen der Falschaussage überführt worden.
    »Weiter«, sagte Spicer.
    »Am Donnerstag war ASS nirgends zu finden. Er hat sich vor mir versteckt.«
    »Hab ich nicht.«
    »Am Freitag ging ValueNow an die Börse. Der Emissionswert lag bei zwanzig Dollar. Für den Preis hätten wir sie gekriegt, wenn Mr. Wall Street da drüben getan hätte, was er uns versprochen hatte. Die Aktie stieg auf sechzig, hielt sich den größten Teil des Tages auf achtzig und lag bei Börsenschluß bei siebzig. Wir hatten vorgehabt, so schnell wie möglich zu verkaufen. Wir hätten fünfzig Anteile kaufen und für achtzig Dollar verkaufen können - dann hätten wir dreitausend Dollar eingesackt.«
    Gewalt kam in Trumble nur selten vor. Für 3000 Dollar wurde man nicht umgebracht, aber ein paar gebrochene Knochen lagen durchaus im Bereich des Möglichen. ASS hatte Glück gehabt. Bisher hatte man ihm nicht aufgelauert.
    »Und ihr meint, ASS schuldet euch diesen euch entgangenen Profit?« fragte der ehemalige Oberrichter Finn Yarber und zupfte an seinen Augenbrauen.
    »Verdammt richtig. Und was das Ganze noch übler macht, ist die Tatsache, dass dieser Kerl ValueNow-Anteile für sich selbst gekauft hat.«
    »Das ist eine verdammte Lüge«, sagte Ass.
    »Meine Herren, bitte achten Sie auf Ihre Ausdrucksweise«, sagte Richter Beech. Wer vor der Bruderschaft einen Fall verlieren wollte, brauchte nichts weiter zu tun, als Beech mit seiner Ausdrucksweise zu verärgern.
    Das Gerücht, ASS habe ValueNow-Aktien für sich selbst gekauft, stammte von Rook und seinen Leuten. Es gab dafür keinerlei Beweise, aber die Geschichte war einfach unwiderstehlich und inzwischen so oft wiederholt worden, dass sie als Tatsache galt. Sie passte einfach zu gut.
    »Ist das alles?« fragte Spicer Rook.
    Rook hatte noch ein paar andere Vorwürfe, die er zu gern ausgeführt hätte, doch die Richter brachten für langatmige Kläger nur wenig Geduld auf. Besonders wenn es sich um ehemalige Rechtsanwälte handelte, die ihrer großartigen Vergangenheit nachtrauerten. Davon gab es in Trumble mindestens fünf und sie erschienen bei jeder sich bietenden Gelegenheit vor Gericht.
    »Ich glaube schon«, sagte Rook.
    »Was hast du dazu zu sagen?« fragte Spicer Ass.
    Ass stand auf, ging ein paar Schritte auf den Richtertisch zu und warf den Anklägern, Rook und seiner Bande von Versagern, einen bösen Blick zu. Dann wandte er sich an das Gericht. »Wie sieht’s eigentlich mit der Beweislast aus?«
    Sogleich senkte Richter Spicer den Blick und wartete auf Unterstützung durch seine Kollegen. Als Friedensrichter hatte er keine juristische Ausbildung gehabt. Er hatte die Highschool abgebrochen und danach zwanzig Jahre im Kramladen seines Vaters gearbeitet. Die Kunden hatten ihn in sein Amt gewählt. Spicers Urteile basierten auf seinem
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