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Die Bruderschaft des Feuers

Die Bruderschaft des Feuers

Titel: Die Bruderschaft des Feuers
Autoren: Alfredo Colitto
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näher!«, schrie er und richtete die Mündung des Schlauchs und die Fackel gegen sie. »Ihr würdet ein schlimmes Ende nehmen.«
    Er spritzte einen weiteren Strahl der Brandmischung in Richtung Tür, und als er den Rahmen traf, fing der sofort an zu brennen.
    »Das ist Griechisches Feuer!«, rief ein Mönch mit einem langen schwarzen Bart und weit aufgerissenen Augen aus. »Ich habe immer geglaubt, dies sei eine Legende.«
    Diese Worte weckten in Mondinos Kopf eine Erinnerung an Bücher, die er in seiner Studentenzeit gelesen hatte. Das Griechische Feuer. Eine Brandmischung, die ein Grieche namens Kallinikos in der Stadt Heliopolis erfunden hatte und das von den Byzantinern benutzt wurde, um feindliche Schiffe in Brand zu setzen, weil es durch Erdöl und ungelöschten Kalk und andere unbekannte Inhaltsstoffe brannte, ohne dass die Flammen im Wasser des Ozeans verloschen. Konnte dies die Erklärung für den Tod Bertrando Lambertis und des Mönches aus dem Salzmagazin sein?
    »Kein Wasser!«, schrie er den Mönchen im Flur zu. »Wenn die Flammen des Griechischen Feuers mit Wasser in Berührung kommen, lodern sie nur noch heftiger auf!«
    Ein junger Benediktinermönch schob ihn mit verstörtem Blick beiseite und rannte in die Bibliothek. »Pater Prior«, schrie er. »Ich bitte Euch, kommt zur Besinnung!«
    »Ich war noch nie so klar bei Verstand wie in diesem Augenblick, Lanfranco«, erwiderte Pater Benedetto, und seine Stimme klang dabei warm, beinahe liebevoll. »Es war das Bild des faulen, kränkelnden Priors, das nicht stimmte. Und auch das, was du jetzt siehst, ist nicht, was du denkst.«
    Der Scheiterhaufen aus Büchern und Möbelstücken hatte noch nicht gänzlich Feuer gefangen.
    Mondino hoffte, der junge Mönch würde den Prior so lange in ein Gespräch verwickeln, dass sie Zeit hätten, sich eine Lösung auszudenken. Aber er sah keine. Die ersten von ihnen, die versuchen würden, sich auf Pater Benedetto zu stürzen, würden von einem Feuerstrahl getroffen werden, und er konnte sich vorstellen, dass niemand das gleiche Ende wie der arme Mönch dort auf dem Boden des Flurs nehmen wollte.
    »Pater Prior, ich sehe hier in Rauch aufgehen, was viele Kopisten in jahrelangen Mühen geschaffen haben«, sagte der Mönch, den der Prior mit Lanfranco angesprochen hatte. »Was soll ich da denken? Sagt Ihr es mir.«
    »Du sollst nicht auf die Bücher achten, sondern auf die Flammen«, erwiderte der Prior. »Das Feuer läutert alle menschlichen Unzulänglichkeiten, die Sünden des Geistes und des Körpers, verwandelt Materie in reinen Geist und ermöglicht den Menschen, zu Gott heimzukehren. Wer heute Nacht stirbt, ist vom Glück gesegnet.«
    »Aber Jesus Christus hat nie gesagt …«
    »Ich meine doch nicht Jesus Christus!«, schrie der Prior, und in seinen Augen blitzte der Wahnsinn auf. »Sondern den großen Mithras, den Gott des Feuers und der Sonne.«
    Gabardino versuchte diesen Moment zu nutzen, in dem der Pater abgelenkt zu sein schien, um in die Bibliothek zu kommen. Sein Plan war, sich zunächst einen Schritt rechts vom Türpfosten zu postieren in der Absicht, um den Pater herumzulaufen und sich dann auf ihn zu stürzen. Mondino wagte nicht, seinen Sohn zurückzurufen, aus Angst, ihn dadurch erst recht in Gefahr zu bringen, doch der Prior bemerkte den Schachzug. Er drehte seinen Oberkörper in Richtung des jungen Mannes und presste den Schlauch mit dem Ellbogen zusammen. Der flüssige Strahl, der herauskam, schoss über der Fackel in seiner anderen Hand vorbei, fing Feuer, und gleich darauf brannte der rechte Ärmel von Gabardinos Gewand wie trockenes Gras.
    »Gabardino!«
    Mondino stürzte zu seinem Sohn, doch ein weiterer Strahl des flüssigen Feuers verfehlte nur knapp sein Gesicht und versengte seine Haare. Vater und Sohn warfen sich in die Türöffnung, während weitere Flammen den Rücken von Mondinos Kutte entzündeten. Ohne sich darum zu kümmern warf sich der Arzt auf Gabardino und drückte ihn zu Boden. Das Feuer am Ärmel erlosch. Dann drehte er sich auf den Rücken und zog den Sohn auf sich. Er spürte eine große Hitze auf der Haut, doch die Kutte hörte auf zu brennen, bevor das Feuer das Hemd erreichte und ihn verbrannte.
    »Um es zu löschen, muss man es ersticken«, sagte er zu den Mönchen, während er ein wenig schwankend aufstand. »Holt Decken.«
    Bevor die Mönche einen Schritt machen konnten, erhob sich in der brennenden Bibliothek ein grauenhafter, schriller Schrei. Mondino näherte sich
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