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Die Bruderschaft des Feuers

Die Bruderschaft des Feuers

Titel: Die Bruderschaft des Feuers
Autoren: Alfredo Colitto
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gesteigert. Außerdem glich ein Haus, in dem vier Männer lebten, eher einem Gasthaus oder einer Kaserne als einem Familienhaushalt. Lorenza kümmerte sich so gut wie möglich um sie, bemutterte auch ein wenig die beiden jüngeren Söhne, aber das war nicht das Gleiche.
    Es fehlte eine Frau, eine Herrin im Haus, die zwischen ihnen vermittelte. Das dachte Mondino nicht zum ersten Mal, aber jetzt hatte er sich entschlossen zu handeln. Aus diesem Grund hatte er den Blumenstrauß gekauft.
    Fast ohne es zu wollen, blieb er vor dem Schild einer Schenke stehen, trat ein und bestellte einen halben Becher Wein. Das übliche Heilmittel dieser Tage, auf das er zurückgriff, wenn sein Kopf sich plötzlich mit Bildern füllte, die ihn verstörten. Gabardino, der lebendig eingemauert war, das Schwert, das in Azzones Kehle glitt, der Pater, der wie eine Fackel brannte, nachdem er das Feuer des Himmels mit seinem Gesang angelockt hatte …
    Über diesen letzten Punkt hatte Marcello da Verona ihn eingehend befragt. Der Inquisitor hatte bis in jede kleinste Einzelheit wissen wollen, was Mondino gesehen hatte, und daraus geschlossen, dass seine Theorie richtig gewesen war: Obschon Pater Benedettos Stimme in der Jugend durch ein glühendes Eisen unwiederbringlich zerstört worden war, war sie noch kraftvoll genug gewesen, um die Klänge hervorzubringen, die die Bewegung der Sphäre des Feuers am Himmel erzeugte, und so die Flammen auf die Erde zu rufen.
    »Wie alles, was die Natur erschaffen hat, besteht der menschliche Körper aus vier Elementen«, hatte er gesagt. »Der Gesang, der das himmlische Feuer heraufbeschwört, lockt auch das Feuer im Innern des Körpers an, das herausdrängt, um sich mit seinem Ursprung zu vereinen. Das erklärt, wie Bertrando Lamberti, Giovanni da San Gimignano und Pater Benedetto von innen her verbrannt sind.«
    Dann hatte er viele historische Quellen zitiert, die sich auf die Fähigkeit bezogen, Feuer zu beschwören, eine Eigenschaft, die nicht nur den alten persischen Magiern zugeschrieben wurde, sondern auch Persönlichkeiten der römischen Antike. Laut Titus Livius und Dionysios von Halikarnassos hatte Numa Pompilius die Fähigkeit besessen, Jupiters Feuer auszulösen. Wohingegen Tullus Hostilius sich nicht sehr geschickt anstellte, als er den Ritus wiederholen wollte, und vom Feuer verschlungen wurde. Plinius der Ältere erzählte, dass der Etruskerkönig Porsenna einen Blitz vom Himmel herabbeschworen hatte, um ein Ungeheuer namens Olta zu vernichten.
    Mondino hatte sich reumütig diese gelehrten Ausführungen angehört und sich dieses Mal gehütet zu widersprechen. Am wichtigsten war jetzt, dass die Inquisition die Anklage gegen ihn wegen des Auskochens von menschlichen Knochen fallen ließ, in Anbetracht seines Beitrags beim Aufspüren und Vernichten einer gefährlichen heidnischen Sekte.
    Das genügte ihm schon.
    Er nahm einen langen Schluck Wein, um diese Gedanken zu vertreiben, aber ohne Erfolg. Es war sinnlos, er konnte sich nicht beruhigen. Was er jetzt brauchte, war ein Gespräch. Er musste jemandem von den Gefühlen, Ängsten und Zweifeln erzählen, die ihn bewegt hatten und immer noch bewegten. Aber in seinem Leben gab es niemanden, mit dem er so vertraut war, dass er ihm ganz offen erzählen konnte, weswegen er sich so erschöpft fühlte.
    Gabardino war noch zurückhaltender als er. Er hatte Viviana, die Tochter des Zimmermanns, nicht mehr erwähnt, und Mondino hatte ihn lieber nicht nach ihr gefragt. Gerardo war zu seiner Familie in die Burg auf den Hügeln nahe Ravenna zurückgekehrt, für einige Zeit oder vielleicht auch für immer. Er hätte gern Clara und Masino mitgenommen, doch die junge Frau hatte abgelehnt. Gerardo hatte ihm erzählt, dass er sie mit Mühen überreden konnte, eine Börse mit Geld anzunehmen, das es ihr ermöglichte, mit ihrem kleinen Bruder ein neues Leben zu beginnen. So wie er es sagte, hatte Mondino begriffen, dass zwischen ihm und Clara etwas vorgefallen sein musste, aber auch in diesem Fall hatte er lieber nicht nachgefragt.
    Vielleicht hätte er nicht einmal mit Eleonora Lamberti geredet, wenn sie nicht vor einigen Tagen zu ihm gekommen wäre.
    Sie hatten sich bereits während des Gott sei Dank kurzen Prozesses wegen Azzones Tod gesehen. Inzwischen war Mondino wieder ein verdienter Bürger, und niemand hatte mehr ein Interesse, ihn wegen irgendetwas anzuklagen.
    Im Prozess war ihm die Ehre zuteilgeworden, von Taverna Tolomei höchstpersönlich verteidigt zu
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