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Die Bruderschaft des Feuers

Die Bruderschaft des Feuers

Titel: Die Bruderschaft des Feuers
Autoren: Alfredo Colitto
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anzusehen, und blieben vor Mondino und dem Podestà stehen. Die Magd war noch jung, aber ihr Gesicht, das von einer grauen Haube umrahmt wurde, durchzogen zahlreiche Fältchen, und ihre Hände waren rot und rissig.
    Mondino wollte den Capitano del Popolo rufen, der seinen Lederpanzer ausgezogen und sich hingekniet hatte, um in der Kaminasche zu stochern, doch da bemerkte er, dass die Frau blass geworden war und schwankte. Man musste sie zum Reden bringen, bevor sie wieder in Ohnmacht fiel. Deshalb fragte er sie rasch, ob sie sich von dem Schrecken erholt habe, und sie sah ihn erstaunt an, bevor sie dies bejahte. Es geschah wohl nicht oft, dass jemand sich nach ihrem Befinden erkundigte.
    »Du heißt Maria, richtig?«
    » Sé .«
    »Maria, wir müssen wissen«, fuhr Mondino freundlich fort, »ob du, als du Bertrandos Leiche in diesem Zustand entdeckt hast …« Er unterbrach sich, weil die Frau schon jetzt mit erschrockenem Blick den Kopf schüttelte.
    »Ich kann mir vorstellen, wie du dich gefühlt hast. Doch denk jetzt nicht mehr daran. Wir wissen, dass du in Ohnmacht gefallen bist, und wollen dich nicht wieder erschrecken.«
    Maria nickte vorsichtig und harrte der Dinge, die da kommen würden. Inzwischen war der Capitano del Popolo mit einem ascheverschmierten Kerzenstummel in der Hand aufgestanden und hatte ihn auf dem Tisch abgelegt.
    »Messer Visdomini wird dir einige Fragen stellen«, fuhr Mondino fort, »und dann kannst du gehen. Es ist wichtig, dass du sie so genau wie möglich beantwortest.«
    Er trat einen Schritt zurück und überließ dem Capitano del Popolo seinen Platz. Dieser stellte der Frau nun eine Reihe rascher Fragen, ohne ihr Zeit zu lassen, lange über die Antworten nachzudenken. Er war energisch, aber nicht grob, obwohl die Frau eine Dienstmagd war, und Mondino dachte, dass er etwas von seiner Arbeit verstand. Doch seine hartnäckige Überzeugung, der Tod des Familienoberhauptes sei durch eine übernatürliche Macht eingetreten, drohte, ihn auf eine falsche Spur zu führen.
    »Jetzt versuch dich zu erinnern, ob dir, bevor du zu Boden gefallen bist oder nachdem du wieder aufgewacht bist, etwas Seltsames aufgefallen ist«, sagte Visdomini schließlich. »Irgendetwas, das dort nicht hätte sein dürfen.«
    »Nein … Nein, ich glaube nicht«, antwortete sie mit zitternder Stimme. » L’onic fat stran le suzes préma ed not .«
    »Was?«, fragte der Capitano del Popolo.
    »Sie hat gesagt, das einzig Seltsame ist früher in der Nacht vorgefallen«, übersetzte Eleonora für ihn. Dann ermahnte sie die Magd: »Maria, bemüh dich bitte zu sprechen, wie ich es dich gelehrt habe. Was war seltsam?«
    Die Frau schüttelte erstaunt den Kopf: »Ein … Ton. Al n’era brisa un vers . Ich meine, es war kein Schrei, sondern klang mehr wie Gesang.«
    »Das stimmt, ich habe es ebenfalls gehört«, bestätigte Eleonora erstaunt. »Ein überaus langer, modulierter, sehr hoher Ton. Erst als er verklungen war, habe ich gedacht, es könnte sich um eine menschliche Stimme handeln.«
    »Und Ihr habt nicht nachgesehen, woher dieser Ton kam?«
    Eleonora zuckte mit den Schultern. »Ich habe geglaubt, ich hätte das nur geträumt. Und das täte ich immer noch, hätte Maria nicht gerade gesagt, dass sie es ebenfalls gehört hat.«
    »Gut, aber der Ton war vorher«, unterbrach sie der Capitano del Popolo, verärgert darüber, dass man ihm die Befragung aus der Hand genommen hatte. »Vielleicht war es der Teufel, als er sich näherte. Uns interessiert hier der Zeitpunkt, zu dem die Leiche entdeckt wurde.« Er wandte sich an die Magd: »Maria, denk nicht an den armen Bertrando. Denk nur an das Zimmer. An den Kamin, den Tisch, den Boden. Schaffst du das?«
    Sie nickte.
    »Gut. Dann sag mir jetzt: War irgendwo im Zimmer eine Kerze?«
    »Eine candejila ?«, fragte Maria und verfiel wieder in ihren Dialekt.
    Visdomini machte eine Pause, bevor er weitersprach. »In der Kaminasche habe ich das hier gefunden«, sagte er, nahm den Kerzenstummel vom Tisch und zeigte ihn der Frau. »Und ich frage mich, wer ihn wohl fortgeworfen haben könnte.«
    Maria streckte eine Hand aus, als wollte sie die Kerze berühren, aber dann zog sie sie schnell zurück.
    »Diese Kerze stammt nicht aus unserem Haus«, flüsterte sie kaum hörbar.
    Bei diesen Worten wandten sich alle um und sahen sie an. Eleonora schien etwas sagen zu wollen, aber dann biss sie sich auf die Lippen und blieb stumm. Auf den Gesichtern des Podestà und des Capitano del Popolo
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