Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die brennende Gasse

Die brennende Gasse

Titel: Die brennende Gasse
Autoren: Ann Benson
Vom Netzwerk:
ansehen «, sagte Kristina leise, nachdem sie ein paar Minuten in das Mikroskop geschaut hatte. Ihre Augen wanderten sekundenlang zu Michael und wandten sich dann wieder Janie zu.
    Müde stand Janie von ihrem Stuhl auf und schlurfte durch das kleine Labor, mit einem bleiernen Schritt nach dem anderen. Das, was Kristina ihr zu zeigen hatte, würde bestimmt schlimmer sein, als erwartet. Die Bakterien würden sich vervielfachen und gedeihen und triumphal allem widerstehen, was man ihnen in den mörderischen Weg werfen konnte.
    Warum, fragte sie sich verzweifelt, habe ich gedacht, daß ich dagegen etwas ausrichten könnte?
    Sie würden alle sterben, genau hier an ihrem » sicheren « Ort, wenn MR SAM freikam, was er definitiv schaffen würde – weil ihm das immer gelang, früher oder später.
    Als Kristina sie dazu aufforderte, drückte sie das Auge an das Mikroskop und schaute auf den Zellabstrich von Carolines halbamputiertem Zeh. Es gab noch einen weiteren Abstrich mit Zellen von ihrem Niednagel, der darauf wartete, ihnen seine eigene Botschaft mitzuteilen.
    Sie werden ausschwärmen, herumschwimmen, sich teilen, eine richtig satanische Party feiern …
    Doch sie taten nichts dergleichen – statt dessen waren sie mit dem bakteriellen Äquivalent dessen beschäftigt, was man mit » nach Luft schnappen « hätte bezeichnen können.
    » Allmächtiger «, flüsterte Janie. Sie sah zu Kristina auf. » Was ist das? «
    » Ich weiß nicht. Aber sehen Sie sich die andere Probe an. «
    Sie nahmen den Objektträger mit dem Zellmaterial des Zehs aus dem Mikroskop und schoben den Abstrich von Carolines Finger ein. Der Anblick war buchstäblich identisch.
    » Irgend etwas läßt sie – schrumpfen «, stellte Kristina fest. » Es sieht merkwürdig aus – gewöhnlich fressen sie einfach alles, womit sie in Kontakt kommen, und suchen sich dann die nächste Nahrung. « Erneut sah sie in das Mikroskop. » Nimmt sie irgendwelche Medikamente? «
    » Nicht daß ich wüßte. «
    Als sie wieder aufblickte, verriet Kristinas Miene angespannte Erregung und hoffnungsvollen Unglauben. » Entweder das, oder sie hat eine Abart von MR SAM, die zu einem selbstzerstörerischen Zustand mutiert ist. «
    » Normalerweise läuft es andersherum – so ist MR SAM überhaupt erst MR SAM geworden. Zur Unbesiegbarkeit mutiert! Noch nie habe ich von irgendeinem Bakterium gehört, das sich selbst außer Gefecht setzt. «
    » Ich auch nicht! «
    » Aber MR SAM hatte ja schon immer eine Vorliebe dafür, Dinge zu tun, mit denen wir nicht rechnen «, murmelte Janie.
    Erwarte das Unerwartete, flüsterte Alejandro in ihrem Ohr.
    Jetzt dachte sie laut: » Vielleicht läuft da etwas ab, worauf wir gar nicht kommen konnten. «
    Kristina sah sie an. » Was da los ist? Ich weiß nicht mal, wo ich anfangen soll, zu analysieren. «
    Janie begann die Möglichkeiten aufzuzählen. »Wie wir schon erwähnten: wir würden nicht erwarten, daß die Bakterien zu negativen Merkmalen mutieren. Also tun sie es wahrscheinlich auch nicht. «
    » Es muß sich um einen anderen Ablauf handeln. «
    » Genau. « Sie drückte mit einer Hand gegen ihre Stirn, als könne sie so klarer denken: » Also wir würden nicht erwarten, daß sie alle auf einmal absterben, selbst wenn es ein wirksames Antibiotikum gäbe. «
    » Nun, da geschieht etwas Merkwürdiges. Verdammt! « Sie sah wieder in das Mikroskop. » Kommt schon «, flüsterte das Mädchen , » sprecht zu uns! «
    Während ihre junge Mitstreiterin beschäftigt war, ließ Janie ihre Augen schweifen – manchmal genügte ein Wechsel des Blickwinkels, um eine Idee oder eine Erkenntnis in Gang zu setzen. Sie schaute sich nach dem Zimmer um, in dem Caroline festgehalten wurde, und sah Michael an der Tür lehnen, Gesicht und Hände flach an die gestrichene Fläche gedrückt, als wolle er hindurchgreifen.
    Eine grausame Lage für einen Partner, dachte sie mitfühlend. Sie bedauerte das Leid und die Ungewißheit, die er durchmachte, und erinnerte sich für einen Moment an die Stunden, die sie und Bruce bei Caroline wachend verbracht hatten, bevor Michael sie überhaupt kannte. Er wäre zusammengebrochen, wenn er sie damals in ihrer Krankheit gesehen hätte.
    » Kristina «, sprach sie sie leise an.
    Das Mädchen blickte von dem Mikroskop auf.
    » Sie hatte die Pest. «
    » Was? « fragte Kristina zerstreut.
    » Caroline hatte mal die Pest. Sie hat sie überlebt. «
    » Na ja, ich weiß «, begann Kristina, » aber … «
    Und dann wurde ihr
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher