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Die Braut im Schnee

Die Braut im Schnee

Titel: Die Braut im Schnee
Autoren: Jan Seghers
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dass alle Schaulustigen weit genug zurückgedrängt werden.»
    Nach einer weiteren halben Stunde waren alle Vorbereitungen getroffen. Die bewaffneten Männer des Spezialeinsatzkommandos hatten sich um das Haus herum postiert. Als sie gerade beginnen wollten, die Tür aufzubrechen, fuhr ein Kleintransporter des Hessischen Rundfunks vor.
    «Wer hat Sie benachrichtigt?», fragte Marthaler den Reporter.
    «Ein Mann hat angerufen. Er hat behauptet, der gesuchte Mörder zu sein. Er sagte, wenn wir uns beeilen, könnten wir seine Verhaftung filmen.»
    Marthaler nickte. Der Psychologe Rainer Hirschberg hatte Recht gehabt. Er hatte gesagt, der Täter würde versuchen, seine Festnahme zu nutzen, um allen zu zeigen, dass er es war, der die Welt in Atem gehalten hatte.
    Marthaler gab den Einsatzbefehl. Als einer der SE K-Leute das Stemmeisen ansetzen wollte, wurde die Haustür von innen geöffnet.
    Raimund Steinwachs stand im Türrahmen und hatte beide Arme erhoben zum Zeichen, dass er unbewaffnet war. Er trug seine dunkle Sonnenbrille. Er stand aufrecht und lächelte den Polizisten entgegen. Es sah aus, als sei er glücklich. Sein Gesicht glänzte vor Stolz.
    Marthaler trat dicht an ihn heran. «Wo ist Kerstin?», fragte er. Steinwachs antwortete nicht. Er nahm seine Sonnenbrille ab und lächelte einfach weiter, ohne etwas zu sagen.
    «Abführen!», schrie Marthaler. «Schafft ihn ins Präsidium! Und los, schnell, durchsucht das ganze Haus!»
    Sie fanden Kerstin Henschel im Keller. Sie lag auf einer Matratze. Sie war an den Hand- und Fußgelenken gefesselt. Ihr Mund war mit einem breiten Isolierband verklebt. Sie hatte keine Schuhe an, aber ihr Körper war bekleidet. Sie lebte. Sie schaute ihre Kollegen aus vor Angst geweiteten Augen an.
    Marthaler stürzte zu ihr. Er kniete sich neben sie und strich über ihr Haar. Dann begann er zu weinen.

SECHZEHN
    Schon die erste Vernehmung dauerte mehrere Stunden. Raimund Steinwachs legte ein umfassendes Geständnis ab. Über seine Motive schwieg er sich aus. Alles, was er mit den beiden Frauen getan habe, habe er mit Vergnügen getan. Mehr wolle er dazu nicht sagen. Er sei sich seiner Taten bewusst und sehe keinen Grund, etwas zu erklären oder zu bereuen.
    Es zeigte sich, dass die Ermittler zwar lange gebraucht hatten, die Zusammenhänge zu durchschauen, dass sie am Ende der Wahrheit aber sehr nahe gekommen waren.
    Steinwachs hatte Gabriele Hasler während eines Studentenfaschings kennen gelernt und war noch in derselben Nacht mit in ihre Wohnung gegangen. Sein Interesse sei dadurch geweckt worden, dass sie Geld von ihm verlangt habe. Er habe sich für einige Zeit regelmäßig mit ihr getroffen, dann habe man sich aus den Augen verloren. Auf mehrmalige Nachfrage gab er allerdings zu, dass er es gewesen sei, der Gabriele Hasler mit einer brennenden Zigarette verletzt habe, und räumte ein, dass sie daraufhin jeden Kontakt zu ihm abgebrochen habe. Erst durch den Zeitungsartikel über sie sei er wieder auf sie aufmerksam geworden. Vor der Tat habe er sie über Wochen hinweg ausgekundschaftet und sich ausgemalt, was er mit ihr machen werde.
    Er habe es so eingerichtet, dass er am Morgen nach dem Mord der Dienst habende Schichtleiter auf dem 8.   Revier gewesen sei. Dadurch habe er die Möglichkeit gehabt, den Tatort noch einmal gemeinsam mit seinem Kollegen Toller zu betreten und diesen das Adressbuch von Gabriele Haslerfinden zu lassen. Er habe gewusst, dass auch Herrmann zu ihren Stammfreiern gehört habe. Man habe von Hans-Jürgen Herrmann sowohl Geld erpresst als auch Tollers Aufnahme in die polizeiinterne Förderung erreicht.
    Tatsächlich, sagte Steinwachs, habe er befürchtet, dass Stefanie Wolfram sich an ihn erinnern könne. Das habe er verhindern wollen. Dass dabei irrtümlich eine andere Frau zu Tode gekommen sei, bedauere er. Ihm sei immer klar gewesen, dass er irgendwann entdeckt werden würde, allerdings habe er den Zeitpunkt selbst bestimmen wollen.
    Andrea Lorenz habe er über das Casanova-Forum kennen gelernt. Dort sei er unter wechselnden Namen aktiv gewesen. Für das Treffen mit ihr in den Schwanheimer Dünen habe er sich Tollers dunkelblauen VW Sharan ausgeliehen.
    Marthaler stellte ihm die Frage, ob er den Verdacht absichtlich auf seinen Freund und Kollegen Toller gelenkt habe.
    «Ich überlasse so wenig wie möglich dem Zufall», antwortete Raimund Steinwachs.
    «Also war auch der Zeitpunkt der beiden Morde kein Zufall? Gabriele Haslers Geburtstag und der Hochzeitstag
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