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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007
Autoren: Richard Dübell
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kroch rückwärts zwischen die Schilfbündel und war verschwunden. Corto musterte Lorenzo und Enrico. Der Rhythmus der Pauke rollte über sie hinweg.
    »Also gut, ihr Welpen«, sagte Corto. »Darf ich um diesen Tanz bitten?«
    »Willst du nicht warten, bis die anderen …?«
    »Nein. Je ungeordneter wir hier herausbrechen, desto schwieriger wird es, auf uns zu schießen. Und einer muss ja den Anfang machen, oder?«
    Lorenzo hörte, wie Enrico tief Atem holte. »Mir fällt was ein, um das alles hier zu vermeiden«, sagte er. Sie starrten ihn an. Enrico versuchte ein verzerrtes Grinsen. »Es fällt mir allerdings dreißig Jahre zu spät ein. Ich hätte nicht geboren werden sollen.«
    »Schneid dich nicht an den Schilfblättern beim Rauslaufen«, sagte Lorenzo. Er gab Enricos Blick eine Sekunde lang zurück, dann sprang er auf und brach gleichzeitig mit Corto ins Freie hinaus.

Kapitel 46.
    Konrad von Landau konnte über die Köpfe seiner Männer hinweg die Fläche vor dem Schilfwald einsehen. Die Bewegung seiner drei Karrees verengte die Ebene von drei Seiten her und ließ sie in Richtung Damm zusammenschmelzen. Der Schilfwald war ein undurchdringliches Gestrüpp, in dem einzelne Nebelschwaden hängen geblieben waren. Kein Vogellaut erklang aus dem Schilf, woraus Konrad von Landau schloss, dass andere Lebewesen als Vögel sich im Schilf versteckt hielten. Der Damm mit seinem Waldstück ragte dahinter auf, ebenso uneinsehbar. Er hielt es für wahrscheinlich, dass Corto dort noch ein paar Leute hinter Bäumen versteckt hatte, aber er war überzeugt, dass das Gros der Deserteure im Schilf steckte. Vielleicht hatten sich auch ein paar von den Bauern bewaffnet, die Corto mitgeschleppt hatte, und vielleicht würden diese auch den einen oder anderen Unvorsichtigen aus der Schwarzen Schar überwältigen können. Aber sie waren sekundär. Das ganze Scharmützel hier wäre sekundär gewesen, hätte es sich nicht um Corto und seine Leute gehandelt und um die Tatsache, dass die Schwarze Schar seit Jahren nicht mehr so viele Männer auf einmal verloren hatte wie bei Cortos Attacke in jenem Dorf.
    Georg Vogler kommandierte den linken Flügel. Normalerweise hätte er hier beratend neben dem Stuhl gestanden, aber Vogler musste sich wieder bewähren nach den beiden Schlappen, die Corto ihm beigebracht hatte. Er war nicht degradiert worden, aber er trug eine Pike statt eines Radschlossgewehrs, und der Mann wusste stumme Gesten zu deuten. Konrad von Landau rechnete damit, dass Georg Vogler heute seinem Spitznamen Macello alle Ehre machen würde, um die Schmach abzuwaschen.
    Außerdem rechnete Konrad von Landau damit, dass Corto seine wenigen Kräfte so versteckt wie nur irgend möglich agieren ließ. Er würde die Schwarze Schar zwingen wollen, das Schilf zu durchkämmen und einen nach dem anderen aufzuspüren. Konrad lächelte. Mittlerweile hatte er sich einen neuen Stil angewöhnt, einen, den Corto noch nicht kannte und der auf dem Glücksumstand beruhte, dass sich mit den Vorräten in dem überfallenen Gut eine große Menge Pulver und Kugeln hatte herstellen lassen; so viel Pulver, dass die im Umgang mit dem Radschlossgewehr erfahrenen Männer eine Mischung mit der allergrößten Triebkraft in die Pfanne füllten. Der neue Stil sah so aus: Die Erste Kompanie umstellte das Ziel und feuerte so lange, bis man annehmen konnte, dass auch noch die letzten Gegner, die sämtlichen Kugeln ausgewichen waren, am Pulverdampf erstickt waren. Jeder, der nach dem Abrücken der Schwarzen Schar an einen solchen Kampfplatz gekommen wäre, wäre überzeugt gewesen, dass hier Teufel gewütet hatten und keine Menschen. Die Aufrechterhaltung der Legenden um seinen Heerhaufen war Konrad von Landau wichtig. Trotz allem waren sie nur ein kleiner Haufen Männer in einem weiten Land, durch das die gekrönten Verbrecher mit ihren Armeen zogen, und wer sie erst einmal für verwundbar hielt, würde früher oder später auf die Idee kommen, sie zu jagen und zur Strecke zu bringen. Deshalb hatte sich Konrad von Landau mit seinem neuen Kampfstil angefreundet und verließ sich auf ihn – so sehr, dass die Erste Kompanie ihre Gewehre noch gar nicht geladen hatte. Die neue Pulvermischung mochte es nicht, wenn sie zu stark herumgestoßen wurde.
    Und deshalb hatte die Schwarze Schar keine Chance, den plötzlichen, vollkommen unerwarteten, absurd tollkühnen und uncharakteristisch aufopferungsvollen Ausfall des Wolfspacks zurückzuschlagen.

Kapitel 47.
    A ls Lorenzo
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