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Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans
Autoren: Uwe Klausner
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Gedanken, welcher ihm gekommen war, sichtlich Gefallen fand. »Du hast richtig gehört. Und zwar solche, bei der du zur Abwechslung einmal selbst mit anpacken musst.« Bruder Cyprianus musste unwillkürlich schmunzeln. »Mit anderen Worten: Für den Rest der Woche wirst du den Laienbrüdern drüben in der Weingartmeisterei zur Hand gehen.«
    »Ich?«
    »Ja, du«, erstickte der Novizenmeister jegliche weitere Diskussion im Keim und musterte Billungs Banknachbarn, denen die Furcht vor einem ähnlichen Schicksal ins Gesicht geschrieben stand. Nach weiteren Strafaktionen stand Bruder Cyprianus jedoch nicht der Sinn, und da aus Gozbert, Diepold und den übrigen Novizen höchstwahrscheinlich nie ein Cicero werden würde, wandte er sich dem Klassenprimus zu. »Nun denn – auf ein Neues«, verkündete er, während die übrigen Novizen erleichtert aufatmeten. »Wie wär’s mit dir, Alanus?«
    »De bello Gallico, Buch eins, Kapitel eins«, flötete Diepold von Germersheim mit einer gehörigen Portion Häme und Vorfreude auf das sich anbahnende Spektakel. »Thema: Land und Leute.«
    Alanus erstarrte, und obwohl es üblich gewesen wäre, sich zu erheben, saß er wie festgenagelt auf der Bank. Auf einmal wog sein Körper wie Blei, aus dem Blick, den er Cyprianus zuwarf, sprach die nackte Furcht.
    »Ich hoffe, du weißt, was du zu tun hast, Pfeffersack!«, zischte ihm Gozbert, seiner Sache sicher, ins Ohr. »Sonst kannst du deine Profess vergessen.«
    Aller Augen, auch die von Bruder Cyprianus, waren nun auf Alanus gerichtet. Eingedenk dessen, was auf dem Spiel stand, wich auch noch der letzte Rest von Farbe aus seinem Gesicht, und die Kleidung klebte ihm vor Schweiß förmlich am Leib.
    »De bello …«, war Diepold drauf und dran, es auf die Spitze zu treiben, handelte sich jedoch einen barschen Rüffel ein.
    »Halt den Mund, von Germersheim!«, fuhr Bruder Cyprianus dazwischen, verließ seinen Platz hinter dem Katheder und sah Alanus gestreng an. »Ich höre.«
    Die übrigen Novizen, allen voran Billung, lehnten sich genüsslich zurück. So etwas bekam man wahrlich nicht alle Tage zu sehen. Die Frage war lediglich, wie sehr, nicht etwa, ob Alanus sich blamieren würde. Auf die Idee, Letzterer würde ihnen einen Strich durch die Rechnung machen, wären sie nie und nimmer gekommen.
    Und doch war dem so.
    Als niemand mehr damit rechnete, legte der Jüngling, in dem sich alle getäuscht hatten, Griffel und Wachstafel beiseite, stand auf und begann mit lauter Stimme zu deklamieren: »Gallia est omnis divisa in partes tres, quarum unam incolunt Belgae, aliam Aquitani, tertiam qui ipsorum lingua Celtae, nostra Galli appellantur.« [7]
    »Sehr schön. Und weiter?«
    »Hi omnes lingua …«, fuhr Alanus fort, und als er geendet hatte, ahnte er, dass Billungs Rache nicht lange auf sich warten lassen würde.
    Die Frage war lediglich, wann es ihn treffen würde.
    Und wo.

Zur gleichen Zeit
     
    [Spital, 11:20 h]
     
     
    Worin Bruder Hilpert dem Prior Bericht erstattet und alsbald mit einer neuerlichen Hiobsbotschaft konfrontiert wird.
     
    Bruder Adalbrand, Prior zu Maulbronn, war erst siebenundzwanzig, dunkelhaarig und von kräftiger Statur. Er war jemand, zu dem die Fratres aufschauten, ein brillanter Geist und Gelehrter. Er hatte eine sanfte Stimme, blaue Augen und eine Ausstrahlung, der sich die wenigsten, auch Bruder Hilpert nicht, entziehen konnten. Außer dem Lateinischen, das er fließend sprach, beherrschte er mindestens ein halbes Dutzend weitere Sprachen, darunter Griechisch, Hebräisch und Italienisch. Wenn es unter den Fratres jemanden gab, der allseitigen Respekt genoss, dann er. Der Grund, warum er nahezu einmütig zum Stellvertreter des Abtes gewählt worden war.
    Selbst kein Unbekannter, schätzte Bruder Hilpert den Prior sehr, und wenn er Adalbrand um etwas beneidete, dann um die gute Laune, die er stets verbreitete. Was den Prior betraf, stieß diese Wertschätzung durchaus auf Gegenliebe. Für ihn, der er dieses Amt erst seit ein paar Wochen bekleidete, gab es nämlich nur einen, dem er genauso viel Achtung entgegenbrachte wie dem Abt – Bruder Hilpert.
    Als dieser ihm Bericht erstattete, hatten die Fieberattacken, unter denen der Prior gelitten hatte, offenbar bereits nachgelassen, und bis auf eine leichte Blässe und den unsicheren Gang deutete nichts mehr auf seine Krankheit hin. »Durchaus besorgniserregend«, murmelte Adalbrand, als er Seite an Seite mit Bruder Hilpert durch den Spitalgang wandelte, dessen
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