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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer"
Autoren: A Lucchesi
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müssen, blablabla.«
    Und zweitens fiel mir ein, dass die FraSec ja ein Ausbildungszentrum unterhält, in dem sie 1200 Leute ausbilden kann. Jahr für Jahr. Und so viele neue Leute muss man erst mal unterbringen. Obendrein sorgt jeder FraSec-Mitarbeiter, der bereits ausgebildet ist, dafür, dass ein Platz in diesem 1200-Mann-Zentrum leer bleibt. Und zunächst würde man sagen: Schön für die FraSec, da spart sie ja Geld! Aber umgekehrt wurde ein Schuh draus– es kostete die FraSec Geld. Denn das Geld für die Ausbildung zahlte nicht die FraSec, das zahlte im Regelfall das Arbeitsamt. Zusätzlich zur 1500-Euro-Lohnförderung.
    Berechtigter Einwand: Aber das traf doch nur bei den Leuten zu, die vorher arbeitslos gewesen waren.
    Das ist richtig. Absolut richtig sogar.
    Aber andere Leute habe ich unter den Luftsicherheitsassistenten der FraSec nicht kennengelernt. Während der ganzen knapp zwei Jahre nicht.
    Im Gegenteil: Auch die verstärkten Bemühungen der Agentur für Arbeit um die Vermittlung Arbeitsloser über fünfzig haben sich damals sofort im Altersschnitt der neuen Luftsicherheitsassistenten niedergeschlagen. Ich habe Leute gesehen, die ich kurz vor dem Ruhestand vermutet habe– bis mir der Einsatzleiter sagte, dass die gerade erst ihren vierten Tag hinter sich hätten.
    Jetzt kann man ja sagen, dass das nicht schlimm ist. Natürlich versucht ein Unternehmen, seine Kosten zu senken oder seinen Gewinn zu erhöhen, und wenn der Staat etwas fördert, dann nimmt man’s halt mit. Blöd ist nur, wenn andere Leute darunter leiden, und damit meine ich noch nicht mal den Steuerzahler, sondern den Passagier.
    Denn man darf bei alldem nicht vergessen: Die FraSec soll ja eigentlich vor allem Sicherheit produzieren für Menschen, die fliegen wollen. Tatsächlich aber produziert die FraSec stattdessen jedes Jahr vor allem mehrere Hundert Neulinge, mit denen sie die erfahrenen Kräfte ersetzt. Das hätte fatal enden können und kann es noch immer, denn die meisten Leute sind erst nach einem Jahr überhaupt so halbwegs eingearbeitet.
    Erst dann hat man so langsam alle Kontrollstellen kennengelernt. Erst dann hat man so richtig zu unterscheiden gelernt, was man vernachlässigen kann und worauf man sich am besten konzentriert. Erst dann weiß man, wie man unauffällig Sky-Marshalls kontrolliert, ohne sie zu enttarnen. Oder wie man auch beim B-C-Gang nachmittags um zwei aufmerksam bleibt, obwohl so wenig Sauerstoff in der Luft ist, dass man am liebsten bewusstlos zusammenbrechen möchte. Erst dann haben viele die Sicherheit, ruppigen Passagieren selbstbewusst entgegenzutreten. Denn einige haben zunächst Angst, wenn man sie anschreit. Oder im umgekehrten Fall: Ich erinnere nur mal an Hans, den Kollegen, der einen verdächtigen Gegenstand nicht meldete, weil der Passagier so freundlich war.
    Geholfen hat mir diese Erkenntnis nichts. Mein Vertrag wurde ein halbes Jahr verlängert, aus dem dann mit einigen Fortbildungen nochmal knapp ein Jahr geworden ist. Und das war’s dann. Ich sage übrigens auch nicht, dass das die Schuld der doofen FraSec ist, aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist das ganz normal, was man daran sieht, dass hin und wieder auch jemand anders die Ausschreibungen für ein Terminal gewinnt. Und nicht etwa mit dem Argument, sie wären sicherer, sondern mit dem Argument, sie wären kostengünstiger. Dieses Geschäft wollen eben auch andere machen. Wie gesagt, betriebswirtschaftlich rechnet sich so was, nur sinnvoll ist es eben nicht.
    Meinen letzten Tag habe ich am Gate D 50 verbracht. Mit einer Truppe, aus der ich höchstens ein oder zwei Leute vom Sehen kannte. Und dann, nach der letzten Maschine, der Qantas nach Australien um fünf Minuten vor Mitternacht, machten wir die Kontrollstelle dicht. Ich sagte » Tschüs dann«, und bin gegangen. Im Bauch hatte ich ein Gefühl aus Gott sei Dank, Leck mich am Arsch und Schade.
    An der S-Bahnhaltestelle war um die Zeit nicht viel los. Es war die Zeit, in der die kleinen Kippmüllbehälter in der Bahn bereits randvoll waren. Viele zu kleinen Papierbällen gepresste Bäckertüten, Bananenschalen, zerdrückte Pappbecher. Ich hatte einen Vierersitz allein für mich und meine Tasche. Eine Zeitung vom Tag lag dort, aber die Ausgabe hatte ich schon gelesen. Also hab ich aus dem Fenster in die Nacht geschaut.
    Die Bahn fuhr los. Ich sah zu, wie die Haltestelle, an der ich zwei Jahre lang ausgestiegen war, langsam vorbeiglitt. Der Zug beschleunigte. Der Flughafen lag hinter
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