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Die blutende Statue

Die blutende Statue

Titel: Die blutende Statue
Autoren: Pierre Bellemare
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konnte jetzt lesen und schreiben. Außerdem glaubte sie alles, was ihr Gravis, ein attraktiver, blonder junger Mann mit keckem Schnurrbart, über ihre angebliche, alte Familie erzählte. Umso mehr, da Gravis sie, ohne Zeit zu verlieren, auch ordnungsgemäß heiratete.
    Einige Zeit später entdeckten alle Einwohner der Städte im Süden Arizonas und Neu-Mexikos auf den Mauern ihrer Häuser Plakate, deren Text sie überraschte: Herr Gravis, durch Heirat Erbe der berühmten, edlen Familie Polvonegro, ließ alle, die es anging, wissen, dass er in der Lage sei, die Rechte seiner Frau auf einen Landbesitz von fünftausend Quadratkilometern in einem zusammenhängenden Stück geltend zu machen. Alle Personen, die sich bis dahin als eigentliche Landbesitzer in dem besagten Gebiet betrachtet hatten, wurden darauf hingewiesen, dass sie lediglich Pächter waren und künftig der Familie Polvonegro jährlich bestimmte Abgaben leisten müssten.
    Einige weigerten sich und warteten darauf, mehr zu erfahren. Wieder andere waren, um keinen Ärger zu haben, bereit, diesen Beitrag zu leisten, der im Übrigen recht bescheiden war. Doch ergaben all die kleinen Summen zusammengerechnet ein hübsches Einkommen, das es Gravis und seiner Frau ermöglichte, mehr als wohlhabend zu werden und sogar durch die Welt zu reisen. Um das Image eines angeheirateten Adeligen zu festigen, gab sich Gravis als »Baron von Arizona« aus. Während einer Reise nach Europa änderte er diesen Titel in »von Arizonac« und verkehrte fortan in den vornehmsten Kreisen. Man stellte ihn der Familie Rothschild und sogar der Königin Victoria, die auch Kaiserin von Indien war, vor.
     
    Doch dieser Landanspruch, den er auf dem offiziellen Weg durchgesetzt hatte, wurde nicht von allen akzeptiert, denn es war zu viel Geld im Spiel. Da einige, darunter auch der Direktor des amerikanischen Katasteramts, nicht daran glaubten, wurden Gutachten angefordert. Einer der Gutachter, kompetenter als die anderen, reiste nach Mexiko und forschte ebenfalls in den Registern und Bibliotheken nach. Dabei bemerkte er die Korrekturen auf den Dokumenten, entdeckte Fehler und Nachlässigkeiten. Schließlich reiste er nach Sevilla. Statt mit Fälscherutensilien war er jedoch mit Chemikerzubehör und großen Lupen ausgestattet. Er stellte fest, dass viele Korrekturen erst vor kurzem vorgenommen worden waren.
    Nach sieben Jahren wurde Gravis entlarvt, festgenommen und zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Als er aus dem Gefängnis entlassen wurde, lebte er nur mehr schlecht als recht, indem er eine Zeitschrift gründete, deren Ziel es war, die Geschichte seines Erbes zu verteidigen. Die Jahre verstrichen. 1914 starb er. Dieser geniale Betrüger, der so gut wie keine Spuren hinterlassen hatte, wurde am Ende in einem Sammelgrab beerdigt.
     

Aus eins mach zwei
     
    Die größte Schwierigkeit beim Nachahmen eines Geldscheins bietet das Papier, das kann Ihnen jeder Fälscher sagen oder, falls Sie nicht mit solchen Leuten verkehren, wird Ihnen jeder Geldspezialist gern bestätigen. Abgesehen vom Wasserzeichen achten die Verantwortlichen der Staatsbanken darauf, dass es auch aufgrund einer äußerst komplizierten chemischen Zusammensetzung fälschungssicher ist.
    Es sei denn, man benutzt das Papier der Banknoten selbst. Das setzt zunächst einmal voraus, dass alle Scheine dasselbe Format besitzen, was bei uns nicht der Fall ist, im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten. Theoretisch ist es also denkbar, einen Eindollarschein zu bleichen und darauf das Bild eines Hundertdollarscheins zu drucken. Allerdings nur theoretisch, weil man daran gedacht hat und deshalb Farben benutzt, die sich nicht entfernen lassen.
    Trotzdem haben es zwei Männer geschafft, zweifellos die größten Falschmünzer aller Zeiten: Baldwin Bredell und Arthur Taylor. Dazu haben sie ein ebenso geniales wie unfehlbares Verfahren benutzt, sie haben die Geldscheine nämlich der Dicke nach durchgeschnitten. Sie haben ganz richtig gelesen: der Dicke nach!
     
    1897 waren Baldwin Bredell und Arthur Taylor dreiundzwanzig beziehungsweise sechsundzwanzig Jahre alt und arbeiteten in Philadelphia in einer Druckerei für Wertpapiere und Aktien. Beide stammten aus einfachen Verhältnissen. Sie hatten zwar nicht studiert, besaßen aber außerordentliche Talente. Baldwin Bredell war ein begnadeter Mechaniker und Arthur Taylor ein hervorragender Zeichner. Allgemein galten sie als die besten Stecher für Wertpapiere des Landes.
    Nun dürfen
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