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Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
Autoren: Jocelyne Godard
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von denen einer bei der Geburt gestorben war. Wie hätte sie sich auch an irgendetwas anderes erinnern sollen, nachdem sie kurz zuvor von Alessandros Tod erfahren hatte und um sie herum die Kanonenkugeln einschlugen und menschliche Körper zerfetzten und schrecklich verstümmelten?
    Die Italienkriege würden wohl nie mehr aufhören, und schon Karl VIII. wäre mit Sicherheit auf einem Schlachtfeld in Mailand oder Neapel gefallen, hätte er sich nicht an einem zu niedrigen Türstock den Schädel eingeschlagen, als er auf Schloss Amboise zum Jeu de Paume wollte.
    Louis XII. wurde immer älter und schwächer und besaß nicht mehr den Mut und die Entschlossenheit seiner jungen Jahre. Was schließlich den jungen François d’Angoulême betraf, so konnte Alix sehr gut verstehen, dass Louise sich schon im Vorfeld Sorgen machte, ihr Sohn müsse womöglich ebenfalls in den Kampf um die italienischen Provinzen ziehen, als deren Besitzer sich die französischen Könige sahen.
    »Valentine erinnert sich vielleicht nicht mehr an ihre Alpträume, wenn sie aufwacht, aber die Alpträume und die Krämpfe werden wiederkommen. Das weißt du doch, Tania.«
    Ängstlich blickte die junge Frau zu Mathias und fühlte sich sehr unbehaglich, als sie sah, dass der sie noch immer eiskalt musterte.
    »Ich lasse sie keinen Moment allein. Macht Euch keine Sorgen, Dame Alix.«
    »Was soll diese übertriebene Fürsorglichkeit?«, fuhr Mathias dazwischen. »Du bist nicht zum Kinderhüten bei uns.«
    »Bitte, Mathias! Sei nicht so streng mit ihr. Tania hat meine Tochter liebgewonnen. Das solltest du eigentlich verstehen.«
    »Kann schon sein«, grummelte Mathias, »aber das erklärt noch lange nicht, warum sie sich dermaßen für Valentine aufopfert.«
    Tania warf Alix einen verzweifelten Blick zu. Wäre nicht in dem Moment Nicolas gekommen, hätte Alix Mathias erklärt, dass sie Tania voll und ganz vertraue. Der Junge legte den Finger auf die Lippen.
    »Pst, sie schläft. Wir dürfen sie nicht wecken. Kann ich bei dir bleiben, Tania?«
    »Aber natürlich.«
    Alix nahm Mathias am Arm. Jedes Lächeln war aus ihrem Gesicht verschwunden. Die Angst um ihre Tochter quälte sie, und sie begann sich ernsthaft zu sorgen. Doch dann beschloss sie, sich erst mal keine Gedanken mehr darüber zu machen.
    »Komm«, sagte sie zu Mathias, »gehen wir zu Dumoncelle und fragen ihn, was er uns anzubieten hat.«

2.
    Seit einigen Tagen schon waren die Feierlichkeiten anlässlich der Hochzeit von Marguerite d’Angoulême und Charles d’Alençon in vollem Gange. Für das Küchenpersonal bedeutete das viel Arbeit vom frühen Morgen bis tief in die Nacht. In aller Frühe hantierte der Küchenmeister bereits an mehreren großen Herdstellen und überwachte die Zubereitung seines Reiherfricassées und der gefüllten Stare. Kein Handgriff und kein Wort entging ihm, und sobald ein Küchendiener verträumt von seiner Arbeit aufsah, knurrte er, dass ihm alles nicht schnell genug ginge.
    Die großen, schweren Kellertüren standen weit offen, und es duftete berauschend, weil der Mundschenk des Königs seit Sonnenaufgang die Weine verkostete, die er im Laufe des Tages ausschenken wollte.
    In den Gesinderäumen wurde laut diskutiert, und jeder prahlte, wie wichtig und unersetzlich er sei. Träger brachten in letzter Minute neue Vorräte, und wenn irgendwelche Zutaten auszugehen drohten, wurden sie sofort ersetzt.
    Obwohl ihm seine Ärzte zu einer strengen Diät rieten, liebte der König gutes Essen und sprach dem Wein reichlich zu. Auf seinem Tisch durfte es an nichts fehlen. Seine Festmähler waren
berühmt für die ausgefallensten kulinarischen Ideen, die sein Küchenmeister umgehend für ihn zubereiten ließ.
    Seit dem frühen Morgen brannten die Herdfeuer, und in den schweren Kupferkesseln brodelte und duftete es verheißungsvoll.
    Ein Koch mit Backen so rot wie die Johannisbeeren, die er gerade in einem Mörser zerkleinerte, nahm einen Küchenjungen ins Gebet: »Jetzt schaut euch mal diesen Schwachkopf an!«, donnerte er. »Du brauchst wohl erst einen Fußtritt, damit du Holz holen gehst? Du weißt doch, dass die Feuer bis spät abends nicht ausgehen dürfen!«
    Der Junge war höchstens fünfzehn, ärgerte sich über den ruppigen Ton und gab maulend zurück, dass Holz holen nicht zu seinen Aufgaben gehöre.
    »Dann such dir schleunigst eine andere Arbeit!«, brüllte der Koch. »Faulenzer kann ich hier nicht brauchen.«
    Wieder maulte der Diener, trollte sich dann aber doch mit
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