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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute
Autoren: Lisa J. Smith
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rief Audrey aufgeregt. Sie trug noch immer das kleine Schwarze, in dem Jenny sie zum letzten Mal gesehen hatte, und es war sogar in einem noch schlimmeren Zustand. Das kupferfarbene Haar hing offen um ihre Schultern.
    »Geht es dir gut?«, fragte Tom. Auf seinen Wangenknochen prangten schmutzige Streifen. Er griff nach ihrer Hand, ihrer linken Hand, und der Ring daran schien ihn nicht zu kümmern.
    »Natürlich geht es ihr gut. Sie ist durch die Tür gekommen« , erklärte Dee überglücklich. Sie tätschelte überschwänglich Jennys andere Hand. »Friss das, Monster!« , rief sie zur Decke hoch.
    »Du hast mich angelogen«, sagte Michael. Er hatte immer noch diesen Hamsterblick und zudem seine Unterlippe jämmerlich vorgeschoben. »Du hast gesagt, es würde mich nicht erwischen.«
    Jenny lehnte sich an Toms warmen, festen Körper und schloss die Augen – aus denen Tränen quollen. Noch nie in ihrem Leben war sie so froh gewesen, Michaels Gejammer zu hören.
    »Ihr seid da – alle«, murmelte sie. Mit einem kleinen Schluchzen, das selbst in ihren eigenen Ohren seltsam klang, öffnete sie wieder die Augen. »Ihr seid wirklich hier.«
    »Natürlich sind wir hier«, erwiderte Audrey ungehalten – ihre Art von Herzlichkeit. »Wo sollten wir sonst sein?«

    Dee grinste. »Wir haben darauf gewartet, dass du uns holst, Tiger. Habe ich nicht gesagt, dass sie kommen würde? Hab ich’s nicht gesagt?«
    Jenny sah Zach an. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen, und seine Haut sah wächsern aus, aber in seiner Miene lag etwas seltsam Friedliches. »Geht es dir gut?«, fragte sie. »Geht es euch allen gut?«
    Zach zuckte die Achseln. »Wir leben noch. Es kommt mir so vor, als wären wir schon eine Woche hier, aber Tom sagt, es wären nur zwei Tage. Ich wünschte, ich könnte endlich zurück und die hier entwickeln.« Er ließ die Kleinbildkamera um seinen Hals baumeln und Jenny sah ihn überrascht an. »Ich habe ein paar tolle Aufnahmen von dieser Schlange gemacht.« Er blickte Jenny in die Augen und lächelte.
    Jenny lächelte zurück.
    »Ich war zuerst ganz allein hier«, berichtete Audrey. »Mehr als einen ganzen Tag. Das war vielleicht ein Spaß.« Sie presste die Lippen aufeinander.
    »Es ist hier gar nicht so schlimm«, fand Dee. »Irgendwie wie bei der Armee. Wir schlafen auf den Tischen – siehst du, da drüben sind Decken. Und es gibt ein Badezimmer und Essen kommt dort heraus. Eine Cafeteria ist erstaunlich gut geeignet, um Leute festzuhalten. Aber wir konnten diese Tür niemals öffnen und keiner von uns ist durch sie hier hereingekommen.«
    Jenny sah sich um. Es war wirklich eine Cafeteria. Die Cafeteria der Vista Grande Highschool. Genau wie auf
dem Foto, nur dass die Tische nicht mehr aufgestapelt waren und die sechs Freunde herumstanden.
    Das einzig wirklich Seltsame war, dass es nur eine Tür gab, nämlich die, die auch auf dem Bild zu sehen war.
    »Wie seid ihr denn dann hereingekommen?«, fragte Jenny.
    »Durch die Decke«, antwortete Michael grimmig. »Und das ist kein Scherz.«
    Jenny sah blinzelnd zur Decke hinauf. In der Mitte klaffte ein großes schwarzes Loch. Blaue Elektrizität knisterte in der Dunkelheit.
    Neben ihr ergriff Tom leise das Wort. »Wir können nicht dort hinauf. Wir haben es versucht. Es gibt nicht genügend Tische – und wenn man auch nur annähernd so hoch kommt, geschieht etwas wirklich Seltsames. Die Zeit scheint sich zu verlangsamen, und man beginnt, ohnmächtig zu werden.«
    Jenny wandte den Blick von dem schwarzen Loch ab. »Aber es geht euch allen gut. Die Schlange und der Wolf haben niemandem etwas getan?«
    »Nein«, bestätigte Dee. »Sie haben nur darauf gewartet, dass wir in diesen Strudel fallen. Und jetzt sind sie tot. Tom hat sie erwischt.«
    »Ich glaube, dass ich sie erwischt habe«, berichtigte Tom vorsichtig. »Michael hat uns gerade erzählt, dass ihr sie heute Nacht nicht gesehen habt …«
    »Du hast sie erwischt«, bekräftigte Jenny. »Du musst sie erwischt haben, denn sie sind fort. Es war dumm,
dumm, dumm, allein loszuziehen« – sie drückte kräftig seine Hand –, »aber ich bin froh, dass du es getan hast, denn wenn nicht, wäre ich nicht hier. Ich musste über ein Loch springen – einen Strudel oder wie immer ihr das nennt –, und wenn sie in der Nähe gewesen wären, hätten sie mich zurückgejagt, da bin ich mir sicher.«
    »Aber wo war Julian, als du gesprungen bist?«, fragte Dee interessiert.
    »In dem Strudel, ich hab ihn
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