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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute
Autoren: Jaye Ford
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gehen?«
    Jodies Herz hämmerte. Ihre Fingerspitzen begannen zu prickeln, als wollte ihr das Adrenalin aus jeder Pore dringen. Es sind nur Erinnerungen. Sehr alte Erinnerungen. Aus der Zeit, als sie noch keine Kinder hatte. Bevor sie zur Universität ging. Es war eine Ewigkeit her. Reiß dich zusammen. Atme tief durch.
    Sie atmete tief ein, zog den Handgriff eines Rollkoffers heraus und lehnte sich daran. Okay, sie hatte panische Angst, ihr Puls raste, trotzdem war das ein denkbar schlechter Ort, um zu warten – sie wollte um jeden Preis von hier verschwinden.
    Sie bemühte sich um einen gelassenen Ton in ihrer Stimme. »Die erste Regel der Selbstverteidigung lautet, weg von hier. Hier sitzen wir auf dem Präsentierteller. Ich hätte es gleich merken sollen. Hör zu«, sie zeigte nach rechts auf die Hügelspitze, die sich vom dunklen Himmel abhob, dann nach links zur rechtwinkligen Kurve, hinter der die weiße Straßenmarkierung verschwand. »Zwischen Hügel und Kurve sind wir völlig im Dunklen. Zu beiden Seiten der Straße ist Gebüsch, und es ist so dunkel, dass wir uns kaum sehen können.«
    »Aber …«
    »Begreifst du nicht? Wir müssen uns an den Straßenrand stellen, damit der Taxifahrer uns sieht, wir können aber erst sehen, ob es ein Taxi ist, wenn es kurz vor uns steht. Irgendein Irrer könnte das als Einladung für einen billigen Kick missverstehen und uns überfahren oder, schlimmer noch, uns ins Auto zerren. Und falls kein anderes Fahrzeug im selben Moment hier durchfährt – was verdammt unwahrscheinlich ist, denn wir haben in einer halben Stunde nur zwei Autos gesehen –, wird niemand erfahren, dass wir hier sind. Wir könnten im Dreck verenden, und das Taxi würde an uns vorbeifahren. Wir müssen uns ein besseres Plätzchen suchen.«
    »Beruhige dich, Jodie. Du hast zu viele Selbstverteidigungskurse geleitet«, sagte Corrine und rührte sich nicht vom Fleck.
    Jodie spitzte die Lippen bei Corrines Tonfall. Ihre Selbstverteidigungskurse waren kein Spaßangebot ergänzend zum Sportunterricht. Sie versuchte Leben zu retten. Sie wollte lehren, was sie gerne vor achtzehn Jahren gewusst hätte. »Ich wäre ziemlich dumm, wenn ich meine eigenen Ratschläge nicht befolgen würde, oder?«
    Corrine schüttelte den Kopf. »Okay, hör zu, ich weiß, dass das hier nicht gerade das beste Plätzchen ist, um auf ein Taxi zu warten, aber es ist bestimmt besser, als in der Dunkelheit umherzuirren.«
    Nein, war es nicht. Hier war es dunkel und gruselig und ganz falsch. »Bewegen ist besser als Stillstehen. Ich möchte in Richtung Bald Hill laufen und werde dich nicht hier zurücklassen.« Das würde sie nie wieder tun. »Also, komm schon.« Zu spät erkannte sie den irritierenden Schulhofton in ihrer Stimme, also versuchte sie, die Stimmung aufzuheitern. »Außerdem wird uns das Laufen aufwärmen, und vielleicht haben wir auf dem Hügel auch einen besseren Empfang. Und wenn du nicht mitkommst, schlag ich dich nieder und zieh dich an den Füßen mit: Du weißt, ich wäre dazu in der Lage. Bitte, Corrine.«
    Corrine seufzte. »Okay, okay, wenn du unbedingt willst, aber wenn ich meine Schuhe ruiniere, kaufst du mir neue.«
    Jodie reichte ihr eine Tasche. »Danke, aber geh vorsichtig, denn ich kann mir ein neues Paar Schuhe für dich nicht leisten.«
    Sie half Corrine sich so viele Taschen, wie sie tragen konnte, aufzuladen und übernahm den Rest selbst. Als sie sich in Bewegung setzten, verschwand auch langsam die Angst. Ihre Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit, als sie den weißen Markierungen auf dem Asphalt folgten. Sie erkannte die lange Straße, das Gestrüpp auf der anderen Straßenseite, den dunkelgrauen Himmel. Ihr Herzschlag beruhigte sich, genau wie das Summen in ihrem Kopf. Sie besaß immer noch übermenschliche Kräfte, doch zwei Rollkoffer auf Kies, die Kühltasche über der Schulter und ein Kissen unter dem Arm bremsten sie ein.
    »Lass uns über die Straße gehen und es noch einmal mit dem Handy versuchen«, sagte Jodie und zog ihre Rollkoffer über die Straße. Sie spürte, wie leicht sie hinter ihr auf der glatten Oberfläche entlangratterten. »Wenn ich mit Louise gesprochen habe, sollten wir auf der Straße weitergehen, das ist viel leichter«, rief sie über ihre Schulter hinweg, während sie die Koffer in den Sand auf der anderen Seite zog.
    Sie hörte hinter sich Corrines Schritte auf der Straße, gefolgt vom Klappern ihres Koffers und dem Rollen der Rädchen, als sie das Asphaltband
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