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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute
Autoren: Jaye Ford
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Sportunterricht in der Oberstufe hatte. Da Corrine sowieso zur Grundschule musste, um ihre Jüngste, Zoe, abzuholen, holte sie von nun an zwei Tage die Woche alle drei Kinder von der Schule ab. Sie nahm sie mit nach Hause, bereitete ihnen einen Imbiss und ließ sie spielen, bis Jodie kam. Corrine wollte keinen Dank dafür. Sie genoss vielmehr das Gelächter und Geschrei im Haus. Ihr verstorbener Mann Roland hatte Kinderlärm im Haus geliebt.
    Meistens hatte Corrine eine Flasche Champagner im Kühlschrank, wenn Jodie am Freitagabend kam. Manchmal kamen auch Hannah und Lou vorbei, dann wurden alle Kinder runter in den Hobbyraum oder zum Pool hinausgescheucht. Ab und zu, wenn Hannah und Lou schon zu ihren Ehemännern nach Hause gefahren waren, bestellten Jodie und Corrine etwas zum Essen oder bereiteten sich eine Kleinigkeit zu. Dann saßen sie mit ihren vier Kindern um den Tisch und zelebrierten so etwas wie Familienidylle am Wochenende, die sie beide vermissten, seit sie allein waren.
    »Sorge einfach dafür, dass James nicht glaubt, ich täte es seinetwegen«, sagte Corrine.
    Corrine hatte James nie verziehen, dass er seine Familie verlassen hatte – obwohl er mitbekommen hatte, wie Corrines Familie nur wenige Monate zuvor von Rolands plötzlichem Herzinfarkt erschüttert worden war. Immer wenn Jodie also mit jemandem über ihren Exmann herziehen wollte, war Corrine genau die Richtige dafür.
    »Da kannst du dich drauf verlassen.«
    Jodie hörte Corrines Schritte auf dem Kies und sah, wie sie sich über ihr Gepäck beugte.
    »Wo ist denn der Champagner?«, fragte sie.
    »Champagner? Machst du Witze? Dafür ist es viel zu kalt.«
    »Liebling, für Champagner ist es niemals zu kalt. Ich habe ihn zuletzt bei den Koffern gesehen. Hier ist … was … Mist. Die Flasche ist umgekippt.« Ein Scharren war zu hören. »Ach, verdammt noch mal.« Kies splitterte über den Boden. »Ich bin in eine Champagnerpfütze gestiegen, jetzt ist mein ganzer Mantelsaum nass. Herrgott!« Jodie hörte, wie Corrine ihren Mantelsaum abklopfte und das Klacken von Kieselsteinen. »Wo zum Teufel bleibt das Taxi? Gib mir mal das Handy. Ich rufe an.«
    Jodie reichte ihr das Handy und die Taschenlampe. Sie hörte Corrine ein paar Mal seufzen. »Wie funktioniert das Teil überhaupt? Ah, ich hab’s.« Die Taschenlampe ging an, und Jodie kniff die Augen zusammen, als der Lichtkegel ihr direkt ins Gesicht fiel. »Mal sehen, was dem Taxifahrer dazu einfällt«, schimpfte Corrine.
    Der Taxifahrer würde was zu hören bekommen, schmunzelte Jodie, als Corrine sich mit der Taschenlampe einen Weg um das Gepäck bahnte, doch als sie die Straße überquerte, wurde ihr Gesichtsausdruck wieder ernst. Die Taschenlampe hatte sie geblendet, und je weiter Corrine sich entfernte, desto schwärzer wurde alles um sie herum. Die Umrisse der Bäume waren nun verschwunden, genau wie die schimmernde Straßenmarkierung. Sie überlegte kurz, zu Corrine rüberzulaufen – sie hätten sich im Schein der Taschenlampe zusammenkuscheln und über den Taxifahrer herziehen können, während sie warteten –, doch sie konnte ihre eigenen Füße nicht sehen und wäre vermutlich über das Gepäck gestolpert. Sie zog den Mantel enger um die Schultern, versuchte Corrine nicht aus den Augen zu verlieren, spürte, wie sie immer mehr erstarrte und ihr Herz immer schneller schlug. Wo blieb bloß das verdammte Taxi? Und was zum Teufel war mit den fünf Minuten, die es von hier entfernt sein sollte? Sie warteten bereits seit fünfzehn Minuten und froren sich den Hintern ab.
    Ein Knacken. Im Gebüsch.
    Jodie wirbelte herum, blinzelte blind in die Dunkelheit. Etwas ihr Vertrautes, Unangenehmes machte sich in ihrem Magen breit. Sie ballte die Hände zu Fäusten, stand regungslos da, spitzte die Ohren in der Dunkelheit und lauschte. Auf Schritte, auf Atmen, auf Geflüster. Hier draußen hatte man das Gefühl, als säße man in einer Gummizelle und könnte nichts wahrnehmen – kein Geräusch, keine Sicht. Dann fluchte Corrine plötzlich hinter ihr.
    Jodie zuckte so fest zusammen, dass ein paar Steinchen zur Seite stoben. Ein Adrenalinstoß riss sie aus ihrer Konzentration. Sie drehte sich um und sah Corrine im Licht des Handys die Tasten drücken. Jodie, reiß dich zusammen. Hier draußen ist niemand. Hier kann niemand sein. Nur sie und Corrine waren hier. Die Fashionqueen und ihre Freundin in Jogginganzug und Turnschuhen. Vergiss es, Jodie. Atme verdammt noch mal tief durch.
    »Und?«,
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