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Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Titel: Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)
Autoren: Irvine Welsh
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Man selbst mag sich danach befreit fühlen, aber es kann für die Menschen um einen herum verheerend sein. Es hat Joyce so schwer getroffen, dass sie einen Nervenzusammenbruch hatte, und ich glaube nicht, dass sie seither je wieder ganz dieselbe geworden ist.
    Was ich jetzt tue, ist wahrscheinlich wieder dasselbe. Ich werfe hemmungslos mit Geständnissen um mich, weil ich selbst mich dann besser fühle, obwohl ich weiß, dass ich die, die ich am meisten liebe, damit vielleicht verletze. Ich finde eigentlich, man sollte stark genug sein, es runterzuschlucken und für sich zu behalten. Aber wenn ich das tue, spüre ich den Brand in mir, den Drang, rauszugehen und mich zu betrinken. Das kann ich nicht tun, und es niederzuschreiben ist das Einzige, was hilft. Ich hoffe nur, wenn ihr das seht, ist es zu einer Zeit in eurem Leben, in der ihr es verstehen könnt. Ich kann einfach nur sagen, es gibt Fehler, für die man sein Leben lang bezahlt, und die Menschen, die einem nahestehen, ebenfalls.
    Brian, Caroline, aller Wahrscheinlichkeit nach werdet ihr das lesen. Vielleicht sogar du, Danny. Wenn es so ist, du hast mir sehr gefehlt, glaub mir. Es ist kein Tag in meinem Leben vergangen, an dem ich nicht an dich gedacht habe. Ich hoffe aufrichtig, ohne mich groß zu werden, hat dir absolut nichts ausgemacht.
    Joyce, ich liebe dich und kann mich in einer Million Jahren nicht für den vielen Schmerz entschuldigen, den ich verursacht habe. Ich liebe euch alle und hoffe, dass ihr die innere Größe aufbringt, mir meine Dummheit und Schwäche zu vergeben.
    Gott segne euch alle.

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43
Leith Calling
    Eine kalte Regenwand stand jetzt vor dem dunklen Himmel, und es pladderte draußen bedrohlich an die Fensterscheiben. Caroline huschte wie ein Geist ins Zimmer, das nur vom Leuchten des Fernsehers erhellt wurde. Sie konnte schwach die in den großen Fernsehsessel geknautschten Umrisse ihrer Mutter ausmachen.
    Auf dem Kaminabsatz sah sie im Flackerlicht periodisch das Bild ihres Vaters als junger Mann aufleuchten. Sie ging zu dem gerahmten Schwarzweißporträt und sah es sich so genau an wie nie zuvor. Es wa r etwas anders an ihm; in den Augen stand eine bisher unbemerkte manische Rastlosigkeit, der Mund war zu einem unbeherrschten Schmollen verzogen. Es schien ihn nicht als den stillen Mann zu zeigen, der immer dort in diesem Sessel gesessen hatte, den aufrechten, nüchternen Kirchgänger, sondern jemanden, den starke und manchmal schreckliche Triebe beherrschten, die er täglich mühsam unterdrücken musste.
    Sie ging zu dem zweiten Sessel; das unverfänglich aussehende Notizbuch, das diese unglaublichen Bekenntnisse enthielt, fest an ihren Oberschenkel gedrückt. – Mum, wie war Dad, als du ihn kennen lerntest?
    Joyce schaute auf, aus der stetigen anästhesierenden Tropfinfusion der Kathodenstrahlröhre herausgerissen. Der Energieträger Alkohol war abgebaut und hinterließ sie dumpf und desorientiert. In ihrem weinerlichen Schuldbewusstsein bildete sie sich jetzt ein, dass sie Keiths Andenken entweiht hatte, indem sie trank. Und jetzt war da etwas im Tonfall ihrer Tochter, etwas Drohendes … – Ich weiß nicht, was du meinst, er war einfach nur dein Dad, er war –
    – Nein! Er war Alkoholiker! Er hatte ein Kind mit einer anderen Frau! Sie stand auf und warf ihrer Mutter das Notizbuch in den Schoß.
    Mit weit aufgerissenen, gequälten Augen sah Joyce zwischen dem Block und ihrer Tochter hin und her und brach dann unkontrolliert weinend zusammen, während der Block auf den Boden fiel. Caroline erschien sie mehr denn je als dunkle, formlose Masse. – Er hat sie nie geliebt … er liebte mich! Er liebte uns!, sagte Joyce, deren desperates Timbre sich irgendwo zwischen flehendem Appell und Proklamation bewegte. – Er war ein guter Christ … ein guter Mann …
    Carolines Magen, ohnehin vom Essen und Trinken belastet, zog sich nervös zusammen. Sie ging hinaus in die Diele, wo ein Telefon an der Wand hing; das Telefonbuch und die Gelben Seiten lagen auf einem Bord darunter. Sie hatte die Nummer von Beverlys Laden schnell gefunden und hoffte einfach, dass Bev Skinner unter diesem Namen auch im normalen Telefonbuch stand.
    Es gab einige B. Skinners, aber nur eine im Postbezirk Leith EH 6: Skinner, B. F. Sie wählte die Nummer mit zitternder Sorgfalt, und eine Frauenstimme meldete sich am anderen Ende. – Hallo?
    – Ist dort Beverly Skinner?
    – Aye. Und wer will das wissen?, kam prompt die aggressive Antwort.
    – Sind Sie
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