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Die Bestimmung

Die Bestimmung

Titel: Die Bestimmung
Autoren: Erik Kellen
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Platzwunde an der Schläfe, die seine rechte Gesichtshälfte rot färbte, klaffte dort. Seine Züge waren wütend und amüsiert zugleich. Jemand griff Liran unter die Arme und zog ihn hoch. Wackelig stand er da und blickte auf die ungewöhnliche Szene.
    Sie waren etwa fünfzehn Meter eine Böschung hinuntergerollt und auf dem Dach zum Liegen gekommen. Zwei Männer in Lederjacken halfen gerade einem gefesselten, rothaarigen Mann, der eine Art silbrigen Streifen über Augen und Mund hatte, aus der Schiebetür des Wagens oben auf der Straße.
     
    Ian O´Riorden presste sich ein Taschentuch auf die Stirn und war sich selbst nicht so ganz sicher, was hier eigentlich passierte. Ihm war, als hätte er eben noch hinter der Theke seines Pubs gestanden und wäre im nächsten Augenblick in einen James Bond Film geraten. Aber so einfach war das nicht, das spürte er genau.
    Als Mohamed und Daan vor Stunden bei ihm aufgetaucht waren und sie diese Haar sträubende Geschichte erzählt hatten, da hatte er geglaubt, der gute alte Kieferorthopäde hätte etwas von seinen eigenen Betäubungsmittelchen genommen, aber als der Vater von diesem hübschen Mädchen, welches gerade mit Unterstützung die Böschung hinaufstapfte, recht zusammenhanglos davon berichtete, was ihm und seiner Tochter widerfahren war, da öffnete sich jene Tür in ihm, die Dana erst in ihm freigelegt hatte, nämlich, dass es mehr gab auf der Welt, als jene Dinge, die man mit den Augen sehen und mit den Händen fassen konnte.
    Er hatte daneben gestanden, wie ein Mann sich beinahe aufgelöst hatte, weil er in seinen Schuhen irische Erde tragen musste, weil ein Fluch ihn dazu zwang, auf ewig auf seiner Insel zu bleiben. Dass die Topfpflanze, die ihm Dana zum Abschied seiner Auswanderung geschenkt hatte, einmal einem keltischen Krieger das Leben retten würde, das hätte er niemals für möglich gehalten. Aber da stand er, und in seinen Stiefeln steckte die Erde aus ihrem Garten. Er musste unweigerlich schmunzeln.
    Dana hatte ihm Geschichten erzählt, unzählige, auch von den legendären Kriegern, von denen einer so tapfer gewesen war, dass ohne ihn Irland und vielleicht die ganze Welt nicht mehr existieren würde. Überhaupt hatte sie oft Dinge erzählt, die von den eigentlichen irischen Mythen teilweise abwichen, die manchmal klangen, als hätte sie diese selbst zusammen gesponnen. Aber innerlich wusste er, dass sie nicht flunkerte. Einmal hatte sie von einem fernen Tag erzählt, der die Menschen hoffentlich nie erreiche. Sie war reichlich betrunken und seltsam versunken, fast traurig gewesen.
    «Irgendwann, Ian, werden die Menschen es wieder vermasseln, sie werden erneut an Dingen rühren, von denen sie im Grunde ihres Herzens wissen, dass sie diese in Ruhe lassen sollten. Aber so wie es skrupellose Landbesitzer wagen alte verwunschene Wälder zu fällen, um verdammte Ferienhäuser dort zu bauen, wo Fabriken gebaut werden, welche die Natur, wenn sie könnte, wieder ausspucken würde, so wird sich die Welt irgendwann wieder einmal der Gier beugen müssen, und dann werden wir dafür bezahlen, mein Junge. Ich wünschte, nur einer von ihnen würde zurückkehren und uns vor dem letzten Schritt bewahren, ja, das wünschte ich mir sehr. Auch wenn dieser Menschheit 'mal eine kräftige Ohrfeige nicht schaden würde.» Auf die Frage, was dem passieren würde, wer denn dann komme, hatte sie müde abgewinkt und war schnarchend in ihrem Ohrensessel eingenickt. Aber Ian hatte es nicht vergessen, und ein Gefühl ohne Beschreibung sagte ihm, dass er mitten 'drin steckte und dass dieser Krieger, der eindeutig druidische Magie in sich hatte, und diese junge Frau wie zwei verschiedene Schlüssel für ein und dieselbe Pforte waren.
    Nur was war jetzt zu tun? Diese Männer zu töten kam nicht in Frage. Es würde sein Leben wie einen Baum spalten. Es wäre unwiderrufbar. Er trat zu dem Mann, der immer noch wie eine Katze lauerte, um Liran anzuspringen. Ian schnippte mit den Fingern, und Collin warf ihm die Rolle Klebeband zu.
    «Habt ihr wirklich gedacht, ihr könnt einem Iren so einfach in die Flinte pissen?» Er stieß den Mann in den Rücken. Dieser brummte, aber er legte die Hände gehorsam nach hinten, wo Ian ihm mehrere Lagen Klebeband um die Handgelenke wickelte.
    «Hey, Collin, hol doch mal die Digicam, ja!» Dann stieß er den Mann die Böschung hinauf, wo die drei anderen mittlerweile alle zwischen der Schiebetür ihres Vans hockten. Mit Stolz und Genugtuung sah Ian, dass sie
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