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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin
Autoren: Andreas Franz
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Vater, Alfred von Marquardt, dein Vater ist auch mein Vater! Er hat meine Mutter geschwängert, er trägt die Schuld an ihrem Tod! Ich habe lange nicht gewußt, daß mein Vater nicht mein leiblicher Vater war.Mein Vater hat geschwiegen, er hat alles in sich hineingefressen, er hat sich dadurch von innen verseucht. Der Krebs war nur ein Resultat davon. Als er starb, ich war gerade siebzehn Jahre alt, habe ich sämtliche Unterlagen zusammengesucht, und dabei ist mir das Tagebuch meiner Mutter in die Hände gefallen. Ich habe zuerst gedacht, ich müßte sterben, als ich ihren Kummer und ihre Verzweiflung las. Sie hatte nie verwinden können, daß der von ihr so geliebte Mann keine Kinder zeugen konnte, und in einem schwachen Moment hat sie sich deinem verdammten Vater hingegeben! Mein Vater, der beste Mann, der jemals gelebt hat, er hat mich geliebt. Er hat nie ein Wort über Alfred von Marquardt verloren. Obwohl dein Vater, dieser Schweinehund, kaum eine Frau in und um Helmbrechts verschmäht hat. Er war der größte Hurenbock in der ganzen Gegend!« Sie kaute auf ihrer Unterlippe und sah durch David hindurch. Dann grinste sie, sie grinste wie eine irre alte Frau, deren Lebensinhalt aus nichts als Haß und Rache bestand. »Aber er lebt nicht mehr. Ich habe diesen Hurenbock aufgespürt, er betrieb eine kleine Praxis in der Nähe von Asunción in Paraguay. Er hat dort tatsächlich Indianer auf Läuse und Flöhe behandelt, wie du irgendwann so treffend vermutet hast. Ich habe ihn besucht, ich habe sogar fast mit ihm geschlafen; er wußte nur nicht, daß ich seine Tochter war, aber er wußte, daß er der Vater des Mädchens war, das meine Mutter zur Welt gebracht hatte. Eines Nachts habe ich ihm zwei Buschmeister ins Bett gelegt. Weißt du, was Buschmeister sind? Buschmeister sind gewaltige Giftschlangen, die eine unglaubliche Menge Gift in dich hineinpumpen können. Er hat dagelegen und um sein Leben gewinselt, als sie sich über ihn hermachten. Du hättest sehen sollen, wie er verreckt ist. Ich hatte ihn vorher betrunken gemacht und so getan, als wollte ich mit ihm schlafen, und dann …! Als sie ihn fanden, war sein Gesicht dunkelblau, die Biester haben ganz schön zugebissen.«
    »Du bist krank«, sagte David mit weitaufgerissenen Augen. Er sprang auf und entfernte sich ein Stück von ihr. »Das kann nicht sein, du bist krank! Wahnsinnig, nur eine Wahnsinnige kann so was tun! Hey, sag, daß das nicht wahr ist!«
    »Wahnsinnig?« wiederholte sie mechanisch seine Worte. »Ich bin nicht wahnsinnig. Ich habe nur getan, was getan werden mußte. Und glaub mir, das Gefühl, vom eigenen Bruder gefickt zu werden, ist ein Scheißgefühl. Und du bist ein elender Liebhaber, ein verflucht schlechter Liebhaber. Aber ich habe dich genau dahin gekriegt, wohin ich dich haben wollte. Weißt du eigentlich, daß dir überhaupt nichts passiert wäre, wenn du damals mein Angebot, dich von allen Schulden zu befreien, nicht angenommen hättest? Ich wollte sehen, inwieweit du deinem Vater ähnelst, und ich kann dir sagen, ihr beide gleicht euch wie ein Ei dem anderen! Du bist keine Spur anders! Dir ging es doch weniger ums Geld als darum, mich zu besteigen! Kein Wunder, bei der Frau, die du zu Hause hast.«
    »Was haben aber Alexander und Thomas und all die anderen damit zu tun? Sie sind unschuldig!«
    »Keiner ist unschuldig, der den Namen Marquardt trägt! Keiner! Verdammte Sippe. Ich hasse dich, ich habe deinen Vater bis aufs Blut gehaßt, ich hasse deine Mutter, diese verfluchte Blutschänderin! Seit ich neunzehn war, habe ich nur einen Gedanken gehabt, und der war Rache. Rache an dem, was ihr meinen Eltern zugefügt habt. Rache kann einen Menschen zerstören, Rache kann zu einem Lebensinhalt werden wie nichts anderes sonst! Ich wachte morgens mit dem Gedanken an Rache auf, und ich bin nachts mit dem gleichen Gedanken zu Bett gegangen. Ich sah immer nur meinen Vater vor mir, der, so lange ich mit ihm zusammen war, Tag für Tag einen kleinen Tod gestorben ist. Er hat gegrübelt und geweint, er litt unter Depressionen, er hat getrunken, er war zuletzt nicht mehr fähig zu arbeiten. Dein verdammter Vater hat nicht nur das Leben meiner Mutterzerstört, sondern auch das meines Vaters und mein Leben, er hat jedes Leben zerstört, das in seinen Bann geriet!« Sie hielt inne und ging wieder zur Balkontür. Sie atmete tief ein und kräftig wieder aus. »Du wirst in diesem Leben nie wieder ein Bein auf den Boden kriegen. Du wirst für den Rest
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